Eine weitere Zürcher Aufholjagd
Der ZSC lässt sich in Davos weder von einem frühen 0:2-Rückstand noch vom 1:3 irritieren und gewinnt 4:3 nach Verlängerung.
«Meine Nerven!» Als ZSC-Materialwart Paul Berri vom Eis kam und seufzend diesen Satz in den Gang vor der Garderobe sagte, dürfte er die Gefühlslage aller im Stadion treffend zusammengefasst haben. Gut, wenn man den Abend da wenigstens als Sieger beenden kann. Aber ja, Nerven hatte dieser Spitzenkampf in Davos auch die ZSC Lions gekostet.
Die Aufholjagd nach einem Albtraumstart. Die bangen Sekunden zu Beginn der Verlängerung, als Davos in Überzahl spielen konnte. Und die nicht enden wollende Konsultation der Videobilder durch die Linesmen nach Pius Suters Siegestor, nachdem HCD-Coach Wohlwend seine Challenge wegen eines möglichen vorangegangenen Offsides der Zürcher genommen hatte.
Der Abend schrieb viele Geschichten. Zum Beispiel jene, dass beide Teams es aus eigener Kraft auf Platz 1 hätten schaffen können. Die einzige Konstellation, die Servette an der Spitze beliess, war ein Overtime-Sieg der Lions, und genau diese traf ein. Eine andere besondere Story betraf mit Axel Simic jenen Zürcher Stürmer, der sonst kaum die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Auch gestern lange nicht: Als 13. Stürmer in die Partie gestartet, erhielt er 40 Minuten lang keine Sekunde Eiszeit. Doch dann fielen Severin Blindenbacher und Marcus Krüger verletzt aus und Simic erbte den Platz des Verteidigers im Powerplay und jenen des Stürmers beim 5 gegen 5. Dann schoss Simic das 3:3, es war sein erstes Tor für die Lions seit seinem Wechsel letzten Sommer von den Junioren Lausannes zum ZSC.
Einfach – und kompliziert
Überrascht sei er gewesen, dass er plötzlich ran durfte, sagte Simic nachher. Mehr als ein paar Schritte alleine auf dem gereinigten Eis vor dem Schlussdrittel blieb ihm nicht zum Warmlaufen. «Das ist Kopfsache. Ich gab dann einfach 100 Prozent. Plötzlich war der Puck im Slot, und ich schoss ein Tor.» Manchmal kann Eishockey sehr einfach sein. Oder auch sehr kompliziert.
Denn zunächst betrieben die Lions in diesem Spitzenspiel ein wenig Selbstzerstörung. Zuerst kickte Phil Baltisberger den Puck ins eigene Tor. Dann fiel Blindenbacher als hinterster Zürcher ohne Fremdeinwirkung um. So stand Aaron Palushaj plötzlich alleine vor dem verdutzten ZSC-Goalie Joni Ortio. Natürlich war das alles ungewollt, Missgeschicke, wie sie auf rutschiger Unterlage halt passieren können. Dennoch hatten es die Lions zum fünften Mal hintereinander nicht nur geschafft, das 0:1 zu kassieren, sie lagen früh 0:2 zurück, gespielt waren zwei Minuten.
Mutig, forsch, angriffslustig
Was für die Lions sprach: Sie schüttelten den Startfrust schnell ab. Wie schon so oft führte die Zürcher ein Unterzahlspiel zurück in die richtige Bahn. Denn kurz nach dem 2:0 spielte Davos auch noch Powerplay, da drohte der totale ZSC-Fehlstart. Doch die Lions spielten ihr Penalty-Killing so wie sie das unter Rikard Grönborg stets tun: Mutig, forsch, angriffslustig, für den Gegner mühsam und ungewohnt. Danach waren die Lions im Spiel, dominierten den Rest des Startdrittels teilweise krass.
Davos konnte nur im Mitteldrittel phasenweise Druck ausüben, die effizienten Bündner führten da 3:1, auch da fanden die Lions eine Antwort. Die 42:21 Torschüsse zugunsten des ZSC zeigen auch, dass die Zürcher die richtigen Sieger waren. Für Simic war klar: «Jetzt müssen wir auch mal daran arbeiten, einen guten Start hinzulegen.» Er war danach wohl dennoch der glücklichste Zürcher im Bus: «Ich hatte mich stark unter Druck gesetzt wegen des ersten Tores. Der ist nun hinter mir.»
Davos - ZSC Lions 3:4 (2:1, 1:1, 0:1, 0:1) n.V.
3716 Zuschauer. – SR Tscherrig/Dipietro, Bürgi/Ambrosetti.
Tore: 2. (1:20) Marc Wieser (Kienzle) 1:0. 3. (2:14) Palushaj (Baumgartner, Stoop) 2:0. 13. Krüger (Geering, Wick) 2:1. 22. Palushaj (Tedenby, Baumgartner) 3:1. 26. Pedretti (Noreau, Sigrist) 3:2. 46. Simic 3:3. 64. (63:11) Suter (Hollenstein) 3:4 Strafen: 6-mal 2 Minuten gegen Davos, 3-mal 2 Minuten gegen ZSC. – PostFinance-Topskorer: Lindgren; Suter.
Davos: Sandro Aeschlimann; Du Bois, Jung; Nygren, Guerra; Kienzle, Stoop; Barandun; Palushaj, Baumgartner, Tedenby; Marc Wieser, Lindgren, Ambühl; Frehner, Corvi, Hischier; Herzog, Marc Aeschlimann, Egli; Meyer.
ZSC Lions: Ortio; Noreau, Marti; Phil Baltisberger, Geering; Trutmann, Berni; Blindenbacher; Pettersson, Krüger, Suter; Bodenmann, Diem, Hollenstein; Chris Baltisberger, Prassl, Wick; Sigrist, Schäppi, Pedretti; Simic.
Bemerkungen: Davos ohne Rantakari (überzähliger Ausländer), Dino Wieser, Paschoud und Bader, ZSC Lions ohne Roe und Flüeler (alle verletzt). Pfosten-/Lattenschüsse: Frehner (43.), Lindgren (47.); Suter (9.). Timeout Davos (60.).
Rangliste: 1. Genève-Servette 34/62 (96:78). 2. ZSC Lions 35/62 (112:88). 3. Zug 32/61 (102:83). 4. Davos 33/61 (106:93). 5. Lausanne 33/53 (96:88). 6. Biel 34/49 (91:96). 7. SCL Tigers 33/48 (83:93). 8. Bern 34/45 (90:102). 9. Lugano 34/43 (88:97). 10. Fribourg-Gottéron 33/42 (77:88). 11. Ambri-Piotta 34/42 (83:96). 12. Rapperswil-Jona Lakers 33/35 (83:105).
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