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Entscheid zu alternativen Energien
In diesen 20 Gebieten sollen die Zürcher Windräder stehen

Windpark Verenafohren, Gesamthöhe 199.5 m, Nabenhöhe 134m, Rotordurchmesser 131m, Tengen-Wiechs, 4.11.2022, Foto Dominique Meienberg
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Aus 52 werden 20 Standorte. Jetzt ist klar, wo im Kanton Zürich künftig Windräder stehen sollen: vor allem im Zürcher Weinland. Mehr als die Hälfte der sogenannten Eignungsgebiete liegt im Norden des Kantons. Es trifft damit besonders jene Gemeinden, die sich im Vorfeld der Entscheidung am lautesten dagegen gewehrt hatten. 

Das Gebiet um den Bachtel im Zürcher Oberland, Teile des Uetlibergs, die Hügelketten im Tösstal und die Gemeinden am Zürichsee werden dagegen weitgehend geschont.

Mit den nun vorliegenden Plänen wären 60 bis 70 Windräder im Kanton möglich. Diese könnten 530 Gigawattstunden pro Jahr, also Strom für rund 50’000 bis 100’000 Wärmepumpen produzieren. Ziel sei es, die Stromlücke im Winter zu verkleinern. Windräder produzierten zwei Drittel der Energie im Winterhalbjahr, also dann, wenn die Solarkraftwerke weniger Energie liefern.

Problem für das Flugradar

Fast zwei Jahre lang hat die Zürcher Baudirektion über den Plänen gebrütet. 11 Standorte hat der Kanton nun gestrichen, weil Umwelt- und Landschaftsschutz wichtiger waren. 6 im Osten des Kantons, weil sie in einer Einflugschneise des Militärflugplatzes Dübendorf liegen.

Neben den 20 fixen Gebieten hat der Kanton 15 weitere als sogenannte Zwischenergebnisse klassiert. Bedeutet: In diesen Gebieten gibt es noch Probleme mit der Flugsicherheit. Konkret stört das Rotieren der Windräder die Radarsysteme der Flugzeuge und der Flugsicherung. Diese Probleme liessen sich allerdings technisch lösen. Dafür brauche es aber noch weitere Abklärungen, heisst es beim Kanton.

Die bisher grösste geplante Anlage mit zehn Windrädern auf dem Pfannenstiel gehört zu jenen, die erst später realisiert werden könnten. Insgesamt liessen sich in diesen Gebieten nochmals 50 Windräder mit einem Strompotenzial von 370 Gigawattstunden realisieren. 

220-Meter-Windräder

Das neu grösste Gebiet im Kanton ist nun in Stammheim geplant. Möglich wären auf dem Stammerberg maximal acht Windräder. 220 Meter gross, Spannweite 160 Meter und damit grösser als der Prime Tower in Zürich mit seinen 126 Metern.

Baudirektor Martin Neukom (Grüne) setzt auf grosse Anlagen, weil ihr Nutzen mit der Höhe überproportional steige: Je höher man geht, desto stärker weht der Wind. 

In nahezu allen Gebieten hat der Kanton mit der 220-Meter-Version kalkuliert. Die grossen Rotoren hätten den Vorteil, dass sie langsamer drehen und in der Landschaft dadurch ruhiger wirken würden, sagte Neukom. «Lieber zwei grosse statt vier kleine Windräder.»

Martin Neukom im Gegenwind

Eine Mehrheit der Gebiete liegt auf Hügeln und häufig mitten im Wald. Es sei deshalb unausweichlich, dass Bäume gefällt werden müssten. «Wir werden aber jeden einzelnen Baum wiederaufforsten», versprach Neukom. Zu sehr in die Details gehen wollte er allerdings nicht. Dafür sei es viel zu früh. 

Denn bisher brauchte es von der Planung bis zum Bau eines Windrades in der Schweiz etwa 15 Jahre. Auch deshalb hat Neukom aufgezeigt, wie er die Planung deutlich beschleunigen will. (Lesen Sie hier das Q+A dazu).

Die 20 Richtplan-Gebiete werden nun bis Ende Oktober in den Gemeinden öffentlich aufgelegt, und jede und jeder kann sich dazu äussern. Dieses Recht werden wohl viele Menschen im Kanton in Anspruch nehmen. 

Portrait von  Regierungsrat Martin Neukom.
Interview mit Baudirektor Neukom 
04.07.2023
(URS JAUDAS/TAGES-ANZEIGER)

Denn bereits bei der Ankündigung der kantonalen Windradpläne fühlten sich viele Gemeinden überrumpelt und kündigten Widerstand an. Jörg Kündig (FDP), Präsident des Verbandes der Gemeindepräsidien des Kantons Zürich, sagte vor einem Jahr dazu: «Der Baudirektor hat wohl ganz bewusst einen grossen Stein ins Wasser geworfen, nun muss er mit dem Wellengang leben.»

Irritierte Gemeinden

Die betroffenen Gemeinden haben am Dienstag erst eine Stunde vor den Medien von den definitiven Plänen des Kantons erfahren. Etwas verstimmt reagiert man in den Gemeinden, die neu Windkraftgebiete bekommen. 

Dägerlen etwa wehrt sich bereits seit anderthalb Jahren vehement gegen die Pläne des Kantons. Gemeindepräsident Patrick Jola (parteilos) ist irritiert. In einem informellen Vorverfahren habe die Gemeinde zwei Stellungnahmen eingeben können und darauf bis heute keine Antwort erhalten. «Das entspricht nicht unserem Verständnis von einem konstruktiven Umgang zwischen Gemeinden und Kanton.» Der Gemeinderat werde nun besprechen, wie er sich gegen die Festsetzung im Richtplan einsetzen könne. Der Kanton plant eine Veranstaltung mit den Gemeinden für den kommenden Montag. 

Martin Neukom sagt: «Wir haben die Gebiete nach sachlichen Kriterien ausgewählt und nicht politisch entschieden». Zur Kritik aus den Gemeinden sagt er, dass man diese früher einbezogen habe als im offiziellen Verfahren vorgesehen. Dass es dabei in der Kommunikation zu Irritationen kommen könne, sei aber normal. Er will sich nächste Woche in einem öffentlichen Livestream den Fragen der Bevölkerung stellen und plant nach den Sommerferien Infoveranstaltungen im Weinland, dem Knonaueramt und dem Zürcher Oberland.