Komi-Cola statt Coca-ColaWie Russland den Verlust ausländischer Produkte wettmachen will
Nach dem Exodus westlicher Grossfirmen versucht die russische Wirtschaft, die Lücken zu füllen. Sogar Produkte sowjetischer Bauart erleben eine Neuauflage.

Das Gehirn reimt sich das Getränk schnell zusammen: tiefschwarz die Erfrischung, rot der Plastikdeckel, weiss der in Schreibschrift geschwungene Name. Es sieht sehr vertraut aus, was eine Fabrik in der russischen Stadt Syktywkar seit einigen Wochen an die Supermärkte liefert.
Coca-Cola ist es aber nicht, denn die US-Firma aus Atlanta hat ihr berühmtes Produkt wegen des Kriegs in der Ukraine vom russischen Markt genommen. Es ist Komi-Cola, benannt nach der Republik Komi im Nordwesten Russlands. Komi-Cola soll weniger Kohlensäure enthalten, nicht so süss sein wie das Original, sieht allerdings aus wie dessen zweieiige Zwillingsschwester.
Noch vielversprechender könnte Coolcola die Lücke füllen, die US-Getränkeproduzenten hinterlassen haben. Denn Coolcola wird vom russischen Unternehmen Otschakowo hergestellt, das schon seit sowjetischer Zeit erfolgreich unter anderem Kwas vertreibt, ein traditionelles Erfrischungsgetränk aus gegorenem Brot. Otschakowo wirbt jetzt nicht nur mit Coolcola, sondern auch mit Fancy orange und der Zitronenlimonade Street, die bewusst an Fanta und Sprite erinnern. Die russischen Konsumentinnen und Konsumenten sollen möglichst wenig vermissen müssen.
Das Regime redet die Lage als Chance schön
Der Exodus westlicher Grossfirmen seit Kriegsbeginn hat die Märkte in Russland hart getroffen. Nun müssen heimische Unternehmen einspringen. Die russische Führung versucht, dies als grosse Chance schönzureden, Importsubstitution heisst das Zauberwort.
Doch so schnell kann die eigene Industrie unter den Bedingungen von Sanktionen gar nicht ausgleichen, was an etablierten Marken plötzlich fehlt. Allein McDonald’s hat mit einem Schlag fast 850 Schnellrestaurants in Russland geschlossen. Anfang dieser Woche gab auch die weltweit grösste Café-Kette Starbucks ihren Rückzug bekannt.
Irgendwie muss die russische Wirtschaft reagieren. Und sie geht dabei recht vielfältig vor. Neben Adaptionen wie bei Cola, Fanta und Sprite dringen bei der Kleidung türkische, chinesische, indische und iranische Firmen nach Russland; Unternehmen wie H&M oder Zara sind ja weg. Eine andere Variante ist, passend zur politischen Grosswetterlage, aus der sowjetischen Vergangenheit zu schöpfen.
Sowjetische Marken erleben ein Revival
Nun, da auch der französische Autokonzern Renault sich zurückzieht, ist zum Beispiel von einer nostalgischen Wiedergeburt die Rede: einer Neuauflage des sowjetischen Moskwitsch-Autos. Seine Geschichte geht zurück bis in das Jahr 1930, späte Nachfolgemodelle hiessen Kalita und Fürst Wladimir, ehe die Produktion eingestellt wurde.
So einfach ist es allerdings nicht mit einem Revival. Durch die Sanktionen fehlen wichtige importierte Komponenten, was nach Ansicht des Autoexperten Sergei Udalow etwa den Einbau eines ABS-Systems gefährden könnte.
Auch bei Kosmetika, Wasch- und Spülmitteln – beinahe überall müssen Abgänge aufgefangen werden. «Die Importsubstitution in Russland schreitet voran», schreibt das russische Wirtschaftsmagazin «Secretmag».
Eines ist auffällig auf seiner Beispielliste: Die neuen Marken kommen aus Kasan, Nowosibirsk, Omsk oder Nowgorod. Aber sie tragen Namen wie: Green Love, Blitz und Home Gnome. Etwas Westen schwingt immer noch mit.
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