Weihnachtsfeiern trotz CoronaWie die Kirchen Weihnachten in die gute Stube bringen
Weil die Corona-Pandemie das gemeinsame Feiern erschwert, gehen Kirchgemeinden und Pfarreien neue Wege, um die Gläubigen auf Weihnachten einzustimmen.

Rätsel und Holzfiguren in Männedorf

«Ein Krippenspiel in einer vollen Kirche ist in diesem Jahr undenkbar, aber eines vor fast leeren Reihen mag ich mir gar nicht vorstellen», sagt Anne Polster, reformierte Pfarrerin in Männedorf. Corona-bedingt ausschliesslich auf ein digitales Angebot auszuweichen – diese Variante war für die zweifache Mutter, die in der Kirchgemeinde für das Ressort «Kinder und Familie» zuständig ist, aber eindeutig zu wenig. «Kinder müssen etwas erleben, etwas anfassen und bestaunen können», sagt sie. So kam die Pfarrerin auf die Idee mit dem Sternenweg: Auf der grossen Terrasse neben der Kirche sind bis zum 27. Dezember fast lebensgrosse Krippenfiguren aus Holz zu sehen. Gestaltet wurden sie von 20 Kindern und ihren Jungleiterinnen und Jungleitern vom Kolibri-Mittagstisch der reformierten Kirche.
Zu erleben sind die Heilige Familie, Engel, Hirten, Schafe und Könige. Die Akteure der Weihnachtsgeschichte laden buchstäblich zu einer Begegnung auf Augenhöhe ein. Auch ein Rätsel für grosse und kleine Spürnasen sowie ein Bastelangebot stehen zur Verfügung. Ganz auf digitale Inhalte muss auf dem Sternenweg aber nicht verzichtet werden. Mit dem Mobiltelefon können QR-Codes gescannt und Videos abgerufen werden. So können die Besucherinnen und Besucher beispielsweise die selbst geschriebenen Krippenspielszenen der Kinder fast live miterleben.
Mitsingen daheim in Oberrieden
Die Reformierten in Küsnacht, Männedorf und Oberrieden laden in diesem Jahr zum Stöbern in einem Online-Adventskalender ein. Im Oberriedner Angebot lesen 24 ganz unterschiedliche Freiwillige 24 Geschichten vor.
An Weihnachten darf auch Musik nicht fehlen: Organist David Schenk spielte darum für den Kalender Advents- oder Weihnachtslieder ein. So soll zu Hause in der guten Stube Vorfreude auf das Fest aufkommen.
Pfarrer Berthold Haerter ermuntert beim vorweihnachtlichen Angebot besonders zum Mitmachen. Er sagt: «Da wir öffentlich nicht singen dürfen, laden wir zum Mitsingen zu Hause ein, denn Singen tut unseren Seelen gut».
Zusätzliche Gottesdienste in Küsnacht
«Weihnachten bedeutet für Pfarreien normalerweise, dass viele zum gemeinsamen Feiern in den Gottesdienst kommen», sagt Esther Stampfer, Pastoralassistentin in der katholischen Pfarrei St. Georg Küsnacht-Erlenbach. Doch im Moment sei nichts normal. Von Gefahren bei Zusammenkünften ist die Rede. «In unserer Pfarrei versuchen wir darum, den Strom an Besuchern rund um die Weihnachtsgottesdienste zu entzerren», sagt sie. Dies geschehe mit Zusatzangeboten: An der langen Fensterfront des Pfarreizentrums in Küsnacht wurde beispielsweise eine Weihnachtskrippe «to go» aufgebaut. Alle sind eingeladen, dort hin und her zugehen, sich mit der Botschaft der Figuren auseinanderzusetzen und sie gedanklich mit nach Hause zu nehmen. Die Installation, täglich von 16 bis 20 Uhr beleuchtet, ist ein Ersatz für das Krippenspiel, das in den vergangenen Jahren jeweils vor rund 200 Personen aufgeführt wurde und in diesem Jahr nicht stattfinden kann.
Die Pfarrei bietet an Weihnachten auch gezielt mehr Gottesdienste an: Am Tag von Heiligabend werden um 12 Uhr, 14 Uhr und 16 Uhr in Küsnacht jeweils 20-minütige, von Musik begleitete Andachten für Familien angeboten. Zwei Gottesdienste finden an Heiligabend um 18 Uhr und um 23 Uhr statt, wofür man sich anmelden muss. Pfarrer Karl Wolf sagt dazu: «Wir versuchen trotz aller Umstände in diesen schweren Zeiten ein wenig Hoffnung zu vermitteln und freuen uns auf die gemeinsamen Gottesdienste.»
«Stille Adventsfenster» in Richterswil
Auch die Pfarrei Heilige Familie in Richterswil-Samstagern plant an Weihnachten zusätzliche Gottesdienste, da in einer Feier nur 50 Personen begrüsst werden dürfen. Auch andere Angebote mussten wegen Corona reduziert werden: Laut Franziska Widmer, Pfarreisekretärin, können in diesem Jahr nur «stille Adventsfenster» ohne offizielle Einladung zu einem Apéro angeboten werden. Sie hofft aber, dass ein Spaziergang durchs Dorf entlang der Fenster für viele zu einem stimmungsvollen Erlebnis wird.
Kerzenlicht in Horgen

Um die Weihnachtsbotschaft zu verkünden, begnügt man sich in der Pfarrei St. Josef Horgen in diesem Jahr mit einem einzigen, aber rund zehn Meter breitem Adventsfenster. Mit der Konzentration auf ein Fenster sollen in Zeiten von Corona unkoordinierte Treffs im Dorf vermieden werden. Katechetin Anika Frisch hat sich dazu etwas Besonderes einfallen lassen. Die jüngsten Unterrichtskinder dürfen das Fensterbild im Pfarreizentrum unter dem Motto «Licht der Welt» gemeinsam gestalten. Das «Heimgruppen-Unterrichtsteam» schickte den rund 40 Siebenjährigen Bastelmaterial nach Hause, damit sie eine Kerze für das Weihnachtsfenster kreieren können.

Die Katechetin klebt nun jeden Tag ein paar der zurückgeschickten Werke neben die grosse Startkerze, die eine Krippe mit Weihnachtsstern zeigt. Anika Frisch sagt: «Die Kinder begreifen so intuitiv, was Weihnachten bedeutet: Es wird heller in der Dunkelheit, und auch sie selber können etwas dazu beitragen.»
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