Sweet Home: Schweizer Interiordesign Wenn Frauen einen Herrenclub einrichten
Das Studio Atelier Zürich hat den privaten Traditionsclub «Club Baur au Lac» mit Stil, Gefühl und viel Kunsthandwerk in die Gegenwart gezaubert.

Elsie de Wolfe, eine der berühmtesten und ersten Interiordesignerinnen, war der Meinung, dass Einrichten Frauensache sei und Männer sich zu Hause ein wenig so fühlen sollen, als wären sie zu Besuch. Diese Sicht war neu in einer Zeit, in der die meisten Frauen nach der Ehe in ein vom Mann oder dessen Familie fertig eingerichtetes Haus zogen. Was sie mitbrachten, war meist nur die Wäsche, die zur traditionellen Mitgift gehörte. Auch heute noch zögern, vor allem in der Schweiz, noch viele Frauen beim Kauf gewisser Möbel, Tapeten oder Accessoires, die sie selber schön finden – aus Angst, dass sie ihrem Mann nicht gefallen könnten.
Zum Glück haben wir Claudia Silberschmidt und ihr Frauenteam vom bedeutendsten Schweizer Interiordesignstudio Atelier Zürich. Sie richtet feminin, frech, gefühlvoll, anders und immer mit einem gewissen Augenzwinkern ein. So auch den renommierten, privaten Zürcher Herrenclub «Club Baur au Lac».

Der 1970 nach dem Vorbild des britischen Gentlemen’s Club gegründete «Club Baur au Lac» ist in einem der schönsten Zürcher Patrizierhäuser untergebracht, der 1845 erbauten Villa Rosau. Das Gebäude wurde nun einer Komplettsanierung unterzogen. Dabei hat Claudia Silberschmidt von Atelier Zürich die Einrichtung und den Innenausbau gestaltet. Das Frauenteam ging mit viel Feingefühl und Respekt für die Tradition an das anspruchsvolle Projekt heran.
«Ein Club ist eine Art Zuhause für seine Mitglieder. Man trifft nicht nur Freunde und Gleichgesinnte, sondern hat Lieblingsplätze.»

So hat die Interiordesignerin in ihrem Einrichtungskonzept auch einige Elemente übernommen, aufgefrischt und neu interpretiert. Die Farben Blau und Gold, die dem Club in den Siebzigerjahren sein diskret-elegantes Ambiente gaben, kommen zum Beispiel in der neuen Einrichtung wieder vor. «Am liebsten hätte ich auch das Haus wieder in die Blätterranken gehüllt, welche die Villa Rosau einst umschlungen haben. Doch stattdessen gab ich dem Interieur ein exklusives Pflanzenkleid», sagt Claudia Silberschmidt.
Dafür suchte sie nach einem Motiv, das aber nicht blumig sein sollte für den Herrenclub, sondern eher herb und grafisch. Sie hat sich für das Ginkgoblatt entschieden. Nicht nur faszinierte sie die wunderschöne Form des Blattes, sondern auch dessen Symbolik: Das zweigeteilte Blatt steht in Asien für Yin und Yang, der harmonischen Verbindung von Gegensätzlichem. Kein Wunder wurde das Ginkgoblatt das Club-Emblem, das sich überall durchzieht – auf Stoffen, Teppichen, Keramikplatten, Leuchten oder Accessoires, aber auch auf Kleiderbügeln, Menükarten und gar Clubkrawatten.

Kommt man in die neu sanierte Villa Rosau und in den Club, fällt der Blick zuerst auf ein imposantes, mit wassergrünen Kacheln eingekleidetes Cheminée. Man denkt dabei an die Arts-and-Crafts-Bewegung rund um William Morris, welche in der Mitte des 19. Jahrhunderts in England entstand. Also etwa zu der Zeit, in der auch die Villa Rosau gebaut wurde.

In einer Kollaboration mit dem Appenzeller Künstler Sebastian Fässler entwickelte Atelier Zürich wunderschöne handgemachte Kacheln, welche je vier Ginkgoblätter als Relief zeigen. Damit strahlt das Cheminée nicht nur mit dem Feuer Wärme und Sinnlichkeit aus, sondern auch optisch und haptisch.

In der Rezeption wird man von einer märchenhaften Empfangstheke überrascht. Sie ist eine Art Vitrine und in einem dunklen Waldgrün lackiert. Darin wächst üppig grüner Farn.

Über die Rezeption gelangt man in die nachtblaue Bar. Das ganze Täfer mitsamt der Decke ist in diesem sinnlichen Farbton lackiert. In der Mitte des Raumes mit dem Cheminée lädt eine sich in alle vier Himmelsrichtungen öffnende Sofainsel zum Verweilen ein. Es sind elegante Salonsofas, die clever mit dem Rücken zueinander stehen und so zusammen mit Ledersesseln und kleinen Tischchen aus Leder, Glas und Metall private Sitznischen bieten.
Die blauen Samtsofas sind kapitoniert. Derselbe Samt zeigt sich auch als Verbrämung an den Lehnen der cognacfarbenen Ledersessel. Und auf dem Teppich ranken sich Ginkgoblätter zu einem ornamentalen, ägyptisch anmutenden Muster.

Das Prunkstück im Raum ist eine Mahagonibar – ein subtiles, surreales Kunstwerk. Sie zeigt dieselbe Kapitonierung wie die Sofas, bloss ist diese durch aufwendige Handschnitzerei entstanden.

Im Restaurant, welches mit der Bar durch Flügeltüren verbunden ist, finden die Clubmitglieder Bekanntes wieder, das liebevoll ein neues Leben bekommen hat. «Die gepolsterten Stühle, die im ursprünglichen Restaurant standen, waren so bequem und perfekt, dass wir sie ganz einfach behalten wollten», erklärt Claudia Silberschmidt. «Sie wurden neu gepolstert und mit einem neuen Stoff bezogen. Wer darauf Platz nimmt, fühlt sich gleich vertraut und daheim im Club.»
Die klassischen Stühle wurden ergänzt mit eigens für den Club entworfenen kleinen Sesseln. Diese entstanden aus einer weiteren Kollaboration. Atelier Zürich hat dafür mit dem Schweizer Designer This Weber zusammengearbeitet. Beide Sesselmodelle wurden mit edlen, in Fischgrätmuster gewobenen Leinenstoffen bezogen.

An den Wänden findet man eine textile Wandbespannung, die ein bisschen an die Siebzigerjahre erinnert, aber frisch und neu den Raum einhüllt. Sie zeigt ein blau-weisses Ton-in-Ton-Muster mit geometrisch angeordneten Ginkgoblättern. Dasselbe Muster wiederholt sich im Vorhangstoff und, etwas kleinteiliger, auf den gepolsterten Paravents, die zwischen den drei Sälen des Restaurants stehen. Damit lässt sich nach Belieben Ruhe und Privatsphäre schaffen.

Auf allen Tischen, die übrigens mit Damasttischtüchern mit Ginkgoblattmotiv gedeckt werden, steht ein kleines Tischlämpchen. Es sind die alten Lämpchen des Clubs, die nun aber aufgepeppt mit einem Akku betrieben werden. Trotzdem baumelt an jeder Leuchte ein Kabel, das einfach bloss Dekoration ist.
«Es sind die kleinen, quirligen Dinge, welche Einrichtungen auf die persönliche Art vollenden.»

Ein anderes kokettes Beispiel für die ausgefallene Dekoration ist die Stuckatur um die grossen Hängeleuchter. Wenn man diese nämlich genau anschaut, entdeckt man Besteck, das als Trompe-l’œil-Stuckatur die Decke schmückt.

Dominieren im Erdgeschoss die Blautöne des Zürichsees, an dem die Villa Rosau steht, zeigen sich die Räume im ersten Obergeschoss in goldenen Sonnenfarben und warmen, bezaubernden Rottönen.

Die Smokers Lounge ist in einem dunklen, eleganten Rot gehalten. Ergänzt wird es mit differenzierten Cognactönen, Holzmöbeln, grossen, mit Ginkgomuster geprägten Ledertruhen, einem überlangen Chesterfieldsofa aus Leder und imposanten Ohrensesseln, die Tweed tragen.

Für das gewisse Etwas sorgen einige leuchtend rote, samtene Sitzmöbel, rote Wandleuchten, eine surreale Tapete von Fornasetti und eine aus Pfeifen gestaltete Löwenmaske an der Wand.

Fünfzig Sitzplätze und drei Salons bietet der elegante, in goldenen Sonnenuntergangsfarben gestaltete Clubraum. Hier stehen die neuen, exklusiv für den Club kreierten Sessel um die Tische. Auch der Teppich ist Design auf Mass und zeigt ein Alloverdessin mit Ginkgoblättern in sanften Braun-Beige-Tönen.

Von der Decke hängen grosse Leuchter mit goldschimmernden Ginkgoblättern aus Messing. Ergänzt wird deren Licht mit passenden Wandleuchten. Alle Leuchten sind natürlich auch spezielle Massanfertigungen.

Die Grösse des Clubraums wird unterstrichen durch eine raffinierte Farbgebung, die den ganzen Raum samt Decke und Vorhängen im gleichen Ton einbezieht. Zum Clubraum gehört ein Balkon, der im Sommer wunderschöne Sitzplätze bietet mit Sicht auf den Garten und den See. Durch das ganze Interiordesign zieht sich eine eigenständige Eleganz, die sich entspannt mit Gemütlichkeit paart, Vertrautes mit Neuem weckt und alle Räume in Wohlfühloasen verwandelt.

Zwischen dem Clubraum und der Smokers Lounge hat Atelier Zürich ein adrettes, gemütliches Vestibül kreiert. Caramelfarben mit schokoladebraunem Cheminée umfasst es eine Sitzrunde, in deren Mitte ein «Conversation Sofa» steht. Dieses ist mit dunklem Samt bezogen, auf dem sich Fasane und Enten zeigen. Rundum hat es Fransen und es erinnert an die Salons des 19. Jahrhunderts. Auch Pop mischt mit: Einige goldene Metalltischchen haben Platten in Blattform, andere Füsse wie Quasten, und die Wandleuchten kokettieren mit Schirmen in einem stilisierten Leopardenmuster.

Gemustert sind auch die Wände der Toiletten. Für die Damen- und Herrentoiletten wählte das Designstudio unterschiedliche Tapeten und hat diese in einem gekonnten, reizenden Mustermix eingesetzt. So zieren Glyzinienranken und Blättermuster in sanften Lila- und Grautönen die Damentoiletten. Bei den Herren zeigen die Tapeten feine und üppigere Blättermuster in warmen Grün- und Goldabstufungen. In beiden Toiletten gibt es kleine Sofas aus lackiertem Holz mit Polsterkissen aus passenden gemusterten Stoffen.

Die Lavabos sind aus unterschiedlichen Marmorsteinen. Wie Schmuck glänzen die goldenen Lederaccessoires aus der Kollektion von Frohsinn, welche mit Ginkgoprägemuster und Logo für den «Club Baur au Lac» personalisiert wurden.
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