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Waterpolo-Märchen in Down Under

Die Horgnerin Vesselina Velikova kann sich in Australien bei den UWA Torpedoes vier Monate lang ganz aufs Wasserballspielen fokussieren.
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Der Sport schreibt die schönsten Geschichten. Ein Paradebeispiel dafür liefert Vesselina Velikova. Im letzten Herbst absolvierte die angehende Sekundarlehrerin ein Austauschsemester in der kanadischen Provinz Ontario. Anstelle der Pädagogischen Hochschule in Zürich besuchte sie von September bis Dezember die Queen's University in Kingston. «Weil die Wasserballerinnen der Uni keine andere auf der Center-Position hatten, sprang ich spontan ein», blickt die Horgnerin zurück. Das sollte sich auszahlen.

Ende Oktober trat ihr dortiger Coach an sie heran. «Bei ihm war eine Anfrage aus Australien eingegangen», schildert Velikova. Dem Frauen-Team der UWA Torpedoes fehlte eine Center-Spielerin. Das Angebot des in Perth ansässigen Klubs, welcher in der höchsten nationalen Wasserball-Liga spielt, war äusserst verlockend. «Flüge, Kost und Logis würden übernommen, hiess es.» Die 24-Jährige konnte dies zuerst kaum glauben. Via Skype trat sie mit Scott Schweickle, dem neuen Trainer der Torpedoes, in Kontakt. «Über eine halbe Stunde lang fühlte er mir auf den Zahn.» Gut zwei Wochen später landete die Zusage in ihrer Mailbox. Prominent wurde Velikovas Verpflichtung als «Swiss import» auf der Torpedoes-Homepage vermeldet.

Mit Jetlag ins erste Spiel

Vor Weihnachten flog die NLA-Spielerin des SC Horgen aus Kanada in die Heimat zurück, um die Feiertage bei ihren Eltern am Zürichsee zu verbringen. «Familie und Freunde wiederzusehen, war schön», fügt sie an. Am 9. Januar hob Velikova in Kloten bereits wieder ab und landete tags darauf in Perth, wo am Flughafen ihre neue Teamkollegin Tayla Barbas wartete. Bei der Familie der 18-Jährigen ist sie nun zu Gast. «Von allen wurde ich sehr herzlich empfangen», schildert die in Sofia geborene Schweizerin.

«Das hätte ich mir alles nie im Leben erträumt.»

Vesselina Velikova

Von der langen Reise konnte sich Velikova kaum erholen: «Am späten Abend kam ich an und am nächsten Morgen flogen wir bereits nach Adelaide.» Dort starteten die Torpedoes an einem Turnier in die Meisterschaft. Die Horgnerin wurde – ohne Rücksicht auf ihren Jetlag – quasi ins kalte Wasser geworfen. «Ich war ja weder mit dem Team noch mit dessen Spielweise vertraut», erklärt sie. Entsprechend harzig verlief ihr Debüt.

«Das Niveau ist viel höher»

Mit Wasserball hatte Velikova als 13-Jährige begonnen und fünf Meistertitel (2007 bis 2011) sowie einen Cupsieg (2011) mit Horgens Frauen errungen. International war sie 2009 an zwei Turnieren – am Europacup in Madrid und an der B-EM in Manchester – zu Einsätzen gekommen. In Down Under wurde die Angreiferin allerdings vom immensen Spieltempo überrascht. «Hier ist das Niveau viel höher», sagt sie. Einerseits, weil die Trainings intensiver seien. «Andererseits werden Mädchen und Jungs viel früher gefördert», brachte sie in Erfahrung.

Inzwischen hat sich Velikova zwar so weit gut eingelebt. «Meinen Platz im Team muss ich aber schon noch finden», gesteht sie. Den jüngeren Mitspielerinnen – die meisten sind 18- bis 20-jährig – kann sie als Zweitälteste ihre in der Heimat und in Nordamerika gesammelten Spielerfahrungen vermitteln. «Gleichzeitig profitiere ich von ihren.» Auch Coach Schweickle lehrt die Horgnerin viel Neues. «Ich frage ihn immer, was ich besser machen kann, und versuche das dann umzusetzen», ergänzt sie. Bislang seien seine Feedbacks positiv ausgefallen.

Ein Geben und Nehmen

Mit den ungewohnten Trainingszeiten findet sich Velikova mittlerweile ebenfalls zurecht. Wenn nicht abends ab 18 Uhr, springen die Spielerinnen bereits um 5.30 Uhr ins Bassin. «Da die Anfahrt quer durch Perth rund eine halbe Stunde dauert, müssen wir jeweils sehr früh aufstehen», sagt die Studentin. Beklagen könne sie sich aber keinesfalls. Denn die Torpedoes trainieren einmal pro Tag. So bleibt der Gastspielerin viel Freizeit. «Da alle Teamkolleginnen noch Sommerferien haben, können wir gemeinsam shoppen, Kaffee trinken oder an den Strand gehen», lacht sie.

Velikova erhält vom Klub gar ein kleines Gehalt und er hat ihr zudem ein Auto zur Verfügung gestellt. So liegen auch Touren in Perth oder der Westküste entlang drin. «Das hätte ich mir alles nie im Leben erträumt», frohlockt sie. Manchmal wähne sie sich wie in einem Märchen. «Mein Glück weiss ich sehr zu schätzen.» Deshalb gibt sie dem Klub gerne etwas zurück: «Vorletzte Woche habe ich drei Tage in einem Camp für U18-Spielerinnen ausgeholfen.»

Mit Olympioniken messen

Bis Mitte April will Velikova in Australien «möglichst viel profitieren, alle Erlebnisse geniessen, aber auch zum Erfolg des Teams beitragen». Die Torpedoes erreichten in der letzten Saison die Finalrunde und wurden Sechste. «Das wollen wir nun toppen», sagt die neben einer US-Amerikanerin zweite Ausländerin der Equipe.

Mit zwei Siegen in Adelaide und gleich danach zwei weiteren in Melbourne sind die Torpedoes in die Meisterschaft gestartet. Im heimischen Bicton Pool unterlagen sie vorletzten Samstag aber dem Stadtrivalen Melville Marlins 4:16. «Wir bekamen richtig auf den Deckel», seufzt Velikova, die im Derby ihren ersten Treffer erzielte. In Sydney stehen diese Woche die nächsten Partien an. «Wir treffen auf Spielerinnen mit Olympiaerfahrung», weiss Velikova. Jedoch betrachtet sie dies als Chance, um weiter dazuzulernen. Nach ihrem Gastspiel in Down Under schaltet sich die Horgnerin gestärkt in die NLA-Meisterschaft ein und will den SCH-Frauen – «die ich schon ein wenig vermisse» – in die Playoffs verhelfen.