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«Was ist das für eine Welt, in der Retter zu Tätern gemacht werden?»

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Der deutsche Kapitän des Flüchtlings-Hilfsschiffes «Lifeline» hat das harte Vorgehen von EU-Staaten gegen zivile Seenotretter scharf kritisiert. «Die EU nimmt das Sterben aus politischen Gründen in Kauf. Das ist widerlich», sagte Claus-Peter Reisch.

«Die EU-Politik versucht mit aller Macht, Seenotrettung zu verhindern», sagte er laut einer Erklärung der Organisation Mission Lifeline. Reisch wurde am Montag einem Richter in Malta vorgeführt.

Die maltesischen Behörden werfen den Flüchtlingshelfern vor, sich bei der Rettung von Flüchtlingen im Mittelmeer behördlichen Anweisungen widersetzt und gegen internationales Recht verstossen zu haben. Gemäss dem internationalen Seerecht müssen Schiffbrüchige gerettet und in den nächsten sicheren Hafen gebracht werden.

Seit Anlaufen des Schiffs in Malta war der 57-Jährige mehrfach von der Polizei vernommen worden. «Das Sterben im Mittelmeer geht weiter, während wir festsitzen», sagte Reisch. «Was ist das für eine Welt, in der die Retter zu Tätern gemacht werden? Was ist das für eine Welt, in der stärker gegen das Retten als gegen das Sterben vorgegangen wird?»

Vorwürfe gegen Libyen

Reisch kritisierte auch die maltesische Justiz und erhob schwere Vorwürfe gegen die libysche Küstenwache. «Ich stehe hier vor Gericht, aber warum steht hier nicht die libysche Küstenwache?», fragte der «Lifeline»-Kapitän. Die Küstenwache Libyens habe seine Besatzung und ihn «noch vor kurzem mit dem Tod bedroht». Bei «Rettungen» der Küstenwache würden regelmässig Migranten sterben.

Zugleich kündigte Reisch an, mit der Justiz zu kooperieren. «Ich stehe hier bei Gericht gern zu allen Fragen Rede und Antwort und werde dazu beitragen, alle Fragen aufzuklären.» Er sei sich jedoch «keiner Schuld bewusst». Er sei seiner Crew «dankbar», dass die Rettung von über 200 Flüchtlingen gelungen sei.

Kapitän darf Malta nicht verlassen

Reisch wurde auf Malta gegen Kaution auf freien Fuss gesetzt. Der 57-Jährige dürfe das Land aber nicht verlassen, sein Pass werde eingezogen, entschied ein Gericht am Montag bei einer ersten Anhörung in der Hauptstadt Valletta. Als nächster Gerichtstermin wurde der 5. Juli festgesetzt.

Die «Lifeline» hatte in der vergangenen Woche vor der libyschen Küste 234 Flüchtlinge gerettet und war danach tagelang über das Mittelmeer geirrt, weil Italien und Malta dem Schiff zunächst ein Anlegen verweigert hatten.

Das Schiff befindet sich nun in Gewahrsam von Maltas Polizei und darf das Land nicht verlassen. Die Hilfsorganisation Mission Lifeline bestreitet jegliches Fehlverhalten. Die deutsche Regierung bot dem Kapitän konsularische Hilfe an.

Zweites Schiff beschlagnahmt

Auch das Rettungsschiff «Seawatch» wurde auf Malta beschlagnahmt. Das Schiff darf den Hafen nicht verlassen, berichtete die Hilfsorganisation Seawatch per Twitter. Die Crew habe keine Begründung für die Beschlagnahmung erhalten.

«Mit dieser Massnahme wird unsere Freiheit eingeschränkt, um die Rettungsarbeit zu verhindern», erklärte die Organisation am Montag.

SDA/anf