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Vom romantischen Lied zum jazzigen Song

Im Jazz zuhause: Mathias Rüegg, Lia Pale, Hans Strasser und Ingrid Oberkanins (von links).
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Ganz neu eingekleidet kamen am Sonntagabend Robert Schumanns (1810 – 1856) Lieder im Schloss Rapperswil daher: Statt in Biedermeier Krinoline in trendiger Designermode. Etwas konkreter: Statt mit klassischer Singstimme und romantischem Klavierpart als englische Songs mit jazzigen Rhythmen.

Doch es mag sich manch ein Klassikliebhaber fragen, ob solche Neubearbeitungen denn überhaupt nötig sind. «Nun, genau das hat man doch im Jazz immer schon getan», äussert sich Jazzmusiker, Pianist, Komponist und Bandleader Mathias Rüegg, der den modernen Sound von «The Schubert Songbook» arrangiert hat, zu dieser provokativen Frage. «Man nimmt etwas Vorhandenes und schafft Neues daraus. Und da die Harmonien der Romantik dem Jazz besonders nahestehen, eignet sie sich speziell dafür.»

Ein Grenzgänger

Der Gründer und langjähriger Leiter des legendären Vienna Art Orchestras, bezeichnet sich selber als Grenzgänger, zwischen den musikalischen Sprachen der Klassik und des Jazz, zwischen der ernsten und der Unterhaltungsmusik. Nach einer intensiven Auseinandersetzung mit den schlichten, volksliedhaften Schumann-Liedern hat der 66-Jährige eine Auswahl getroffen und diese sorgfältig bearbeitet. Melodie und Form liess er unverändert, und auch punkto Harmonien hat er sich stark an den Originalen orientiert. Trotzdem schwingt die romantische Tradition nur noch vage mit, wenn die Band loslegt.

Lia Pale, die 33-jährige Österreicherin, sang die bearbeiten Songs am Sonntag leicht und swingend mit ihrer klaren, ausdrucksvollen Stimme. Es ist bereits ihre dritte Zusammenarbeit mit Mathias Rüegg. Unterstützt wurde sie von Perkussionistin Ingrid Oberkanins, dem Trompeter Mario Rom, Hans Strasser am Bass und Mathias Rüegg am Klavier, wobei die Musiker nicht nur begleiteten, sondern immer wieder auch selber in den Vordergrund traten und grossartige Einlagen boten, so etwa Rom mit seinen virtuosen Trompetensoli.

Mal düster, mal freudig

Fünfzehn Lieder, praktisch das ganze Songbook also, kamen zur Aufführung. Darunter waren das düstere «Es stürmet am Abendhimmel», das Pale dunkel und fast bedrohlich interpretierte, und das tröstliche «O Freund, mein Schirm, mein Schutz!», zart und weich gesungen und bereichert durch ein brillantes Trompetensolo.

Ganz besonders gefiel das jubelnde «Ich kann's nicht fassen, nicht glauben» über die erste Liebe, die – welch ein Glück! – erwidert wird. Und natürlich durfte auch «Mondnacht» nicht fehlen, bei dem Schumanns Original mehr als bei den anderen Liedern durchschimmerte. Zwischen den einzelnen Stücken unterhielt Lia Pale das Publikum mit heiteren Anekdoten.

Der begeisterte Applaus der rund 120 Zuhörerinnen und Zuhörer räumte alle Zweifel aus: Ihre Ohren und Herzen hatten sich von den eigenwilligen Schumann-Interpretationen öffnen lassen.