Start-ups erhöhen PreiseUnd plötzlich kostet eine Fahrt mit Uber 250 Dollar
In den USA schiessen die Preise für Internetdienste in die Höhe. Ist die Gig-Economy am Ende?

Mit dem Abklingen der Covid-19-Pandemie erwacht in den USA die Wirtschaft – und die Preise steigen. Besonders gilt das für den Komfort übers Internet: Die Dienste von Fahrtvermittlern, Scooter-Vermietern oder Mahlzeit-Auslieferern haben sich weit über die Inflation von aktuell 5 Prozent hinaus verteuert.
Die dominierenden «Rideshare»-Plattformen Uber und Lyft verlangen heute 40 Prozent höhere Tarife als noch vor einem Jahr, stellten die Branchenbeobachter von Rakuten Intelligence fest. Lieferdienste wie Doordash, Grubhub und Uber Eats erhöhten ihre Gebühren in mehreren Stufen. Die Wohnungen des führenden Vermittlers Airbnb kosten 35 Prozent mehr als Anfang Jahr.
«Die goldene Ära der Lifestyle-Subventionen für Millennials» nähere sich ihrem Ende, schreibt mit einer Mischung von Wehmut und Schadenfreude die «New York Times». Ihr Reporter im Silicon Valley gesteht, auch er habe jahrelang davon profitiert, dass Investoren Internet-Start-ups Geld nachwarfen.

Die App-basierten Dienstleister wollten mit extrem verbilligten Angeboten möglichst schnell möglichst viele Kunden gewinnen und so ihre Konkurrenz abhängen. Im Tech-Mekka an der Westküste gingen junge «Professionals» mit Moviepass für monatlich 9.95 Dollar unbeschränkt ins Kino, liessen sich ihre Kleider von Washio waschen, ihre Wohnungen von Homejoy reinigen und ihre Autos von Luxe parkieren.
Mit Tiefstpreisen wurden Kunden gekördert
Das Buhlen um Kunden trieb absurde Blüten. Letztes Jahr erregte ein Blogeintrag über «Pizza-Arbitrage» weitherum Aufsehen. Ranjan Roy von Readmargins.com beschrieb darin, wie er sich von Doordash Pizzas zum Preis von 16 Dollar ins Haus liefern liess, die in der Pizzeria seines Freunds 24 Dollar kosteten. Als Experiment bestellten Roy und sein Freund stapelweise Pizzas und strichen den Profit von über sieben Dollar pro Stück ein.
Viele der Service-Start-ups gingen unter, als die Luft aus ihren finanziellen Schwimmwesten entwichen war. Einigen wenigen gelang der Sprung auf die Rettungsinsel des Börsengangs, wo Gründer und Frühinvestoren mit Geld von Kleinanlegern reich wurden. Andere liessen sich aufkaufen, so etwa Grubhub, das diese Woche vom holländischen «Just Eat Takeaway.com» übernommen wurde.

Mit seinem Börsengang vom vergangenen Dezember zählt Doordash zu den erfolgreichen Start-ups; allerdings dümpeln seine Aktien unter ihrem Startwert. Das könnte darauf hinweisen, dass Doordash in den letztjährigen Lockdowns aufblühte, doch jetzt, wo die Epidemie an ihr Ende kommt, den Zuspruch der Kundschaft verliert. Die Firma geschäftet nach wie vor defizitär.
Uber-Fahrt fast so teuer wie ein Flug
Noch härter traf die Pandemie Fahrtenvermittler. Vor Jahren konnte man mit Uber-Limousinen für weniger als zwanzig Dollar ganze Städte durchqueren. Heute erreichen die Kosten dank dynamischem Preismanagement astronomische Höhen. Im Mai berichtete der Ford-Manager Sunny Madra auf Twitter, dass er für eine Uber-Fahrt von Midtown Manhattan zum JFK-Flughafen 250 Dollar hinblättern musste, nur 13 Dollar weniger, als danach sein Flug nach San Francisco kostete.

Uber und Lyft leiden daran, dass sich in den schlimmen Phasen der Pandemie fast niemand mehr zusammen mit einem unbekannten Chauffeur in ein Auto setzen mochte. In der Folge stiegen die unabhängigen Fahrer massenhaft aus und suchten sich andere Jobs. Viele sind bis heute nicht zurückgekehrt, auch weil sie von Washington nach wie vor grosszügige Arbeitslosenhilfe erhalten. In New York City fuhren im April bloss 54’000 Fahrer für die zwei Vermittlerdienste, weit weniger als die 79’000 vom Februar 2020.
Den Fahrdienstvermittlern fehlt das Personal
Uber und Lyft mussten zur Kenntnis nehmen, dass es mit unabhängigen Auftragnehmern schwieriger ist, Arbeitskräfte an sich zu binden. Uber will jetzt 250 Millionen Dollar dafür ausgeben, die dringend benötigten Chauffeure zurückzulocken.
Die Kunden tröstete Uber-Chef Dara Khosrowshahi mit einem Tweet: «Ja, ihr zahlt wahrscheinlich mehr für Fahrten, aber die Fahrer bekommen einen höheren Anteil an der Preiserhöhung.» Skeptiker glauben, dass das Geschäftsmodell des Marktführers Uber letztlich nicht aufgehen kann.
Das hindert aber junge Firmen nicht daran, mit neuen, unglaublichen Angeboten den Markt zu testen. Laut «Wall Street Journal» liefern New Yorkern derzeit drei neue Dienste Lebensmittel innerhalb von 7,5 bis 13 Minuten ins Haus, bei Kosten von null bis 1.80 Dollar pro Bestellung.
Die Erfahrung der letzten Jahre legt den Schluss nahe: Lange kann das nicht gut gehen.
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