Trumps Gerede von der Sicherheitskrise an der Grenze
US-Präsident Donald Trump warb in einer dramatischen TV-Rede für seine Mexiko-Mauer. Die Resultate der Faktenchecks.

Seit Donald Trump Präsident der USA ist, sind Faktenchecks ein fester Bestandteil der journalistischen Berichterstattung. Auch Trumps gestrige Fernsehansprache an die Nation zum Streit um seine geplante Mauer an der Grenze zu Mexiko sowie den Staatshaushalt und den «Shutdown» haben die Medien genauer angeschaut. In einer dramatischen Rede versuchte der Präsident, den Druck auf die Opposition zu erhöhen. Trump warnte vor einer eskalierenden Krise an der Südwestgrenze, und er beharrte auf den Milliarden für seine Mauer. Die wichtigsten Ergebnisse der Faktenchecks von «New York Times», «Washington Post», «Huffington Post» und CNN hat Redaktion Tamedia zusammengestellt.
Trump: Die Regierung bleibt nur aus einem Grund geschlossen: Weil die Demokraten keine Grenzsicherheit finanzieren wollen.
Der Vorwurf an die Demokraten ist falsch respektive irreführend. Denn die Demokraten sind durchaus bereit, im Haushaltsgesetz ein Budget von 1,3 Milliarden US-Dollar für Grenzsicherheit einzuplanen. Von einer Mauer wollen sie allerdings nichts wissen. «Wir können neue Techniken entwickeln und einsetzen, um unerlaubte Grenzübertritte zu entdecken», sagt Nancy Pelosi, Mehrheitsführerin der Demokraten und Sprecherin des US-Repräsentantenhauses. «Wir können auch mehr Leute einstellen, um Handel und Einwanderung abzuwickeln.» Trump verlangt 5,7 Milliarden Dollar für den Mauerbau – ein Projekt, das er in den Mittelpunkt seines Präsidentschaftswahlkampfs gestellt hatte. Neuerdings sagt er, dass der Wall nicht aus Beton, sondern aus Stahl bestehen soll. Er bezeichnet dies als Konzession an die Demokraten – aber ohne Erfolg.
Trump: Ich spreche zu euch, weil es eine wachsende humanitäre und Sicherheitskrise an der Grenze im Süden gibt. (...) Jeden Tag greifen die Grenzbeamten Tausende Immigranten auf, die versuchen, illegal in unser Land zu kommen.
Das ist klar übertrieben. Gemäss Zahlen der Grenzschutzbehörde CBP wurden im Haushaltsjahr 2018 insgesamt 396'579 Immigranten festgenommen – das entspricht einem Durchschnitt von 1087 Festnahmen pro Tag. 2017 waren es rund 300'000 Festnahmen gewesen, was einem historischen Tiefststand entsprach. 2010 waren es rund 448'000 Festnahmen und 2000 sogar 1,6 Millionen Festnahmen. Gestiegen ist jedoch die Zahl der Asylsuchenden an der Grenze, darunter viele Familien aus Mittelamerika: 2017 waren es rund 56'000 und 2018 rund 93'000. Einrichtungen und Betreuung, insbesondere für Frauen und Kinder, genügen nicht. Im Dezember starben zwei Kinder in Gewahrsam der Grenzschutzbehörden. Insofern gibt es tatsächlich eine humanitäre Krise, wie US-Präsident Trump in seiner TV-Ansprache erklärte. Aber von einer Sicherheitskrise könne nicht die Rede sein, so der Tenor der Faktenchecks. Eine frühere Aussage, wonach viele Terroristen über die Grenze zu Mexiko kämen, wiederholte Trump allerdings nicht in seiner gestrigen Fernsehansprache.
US-Präsident Donald Trump hat in seiner Rede an die Nation von den Demokraten die Zusage von 5,7 Milliarden Dollar für seine Mauer verlangt. Video: Reuters
Trump: Durch die Südgrenze gelangen gewaltige Mengen an illegalen Drogen in die USA, insbesondere Heroin, Meth, Kokain und Fentanyl. Jede Woche sterben etwa 300 unserer Bürger allein wegen des Heroins, 90 Prozent davon kommen aus dem Süden über die Grenze.
2017 starben mehr als 15'000 Menschen in den USA an Drogen. Gegen 300 Tote pro Woche: Das trifft zu. Andere Aussagen des US-Präsidenten sind allerdings irreführend. Die allermeisten Drogen werden von Schmugglern über legale Grenzübertritte in die USA eingeführt. So werden vor allem Häfen für den ganz grossen Drogenschmuggel genutzt. Die Droge Fentanyl kommt mehrheitlich aus China. Fazit: Trumps Mauer würde einen geringen Beitrag zur Bekämpfung des Drogenhandels leisten.
Trump: In den letzten zwei Jahren nahm die Polizei an der Grenze zu Mexiko 266'000 Personen fest, die Straftaten begangen haben. Angeklagt oder verurteilt wurden 100'000 Personen wegen Körperverletzungen und Tätlichkeiten, 30'000 wegen Sexualdelikten und 4000 wegen Tötungsdelikten. (...) Über die Jahre wurden Tausende Amerikaner von illegalen Einwanderern brutal ermordet.
Diese Zahlen stimmen weitgehend überein mit den Statistiken der US-Polizei- und Zollbehörde ICE (United States Immigration and Customs Enforcement). Die Zahl der registrierten Sexualdelikte liegt etwas tiefer, bei 27'000. Insgesamt gab es in den letzten zwei Jahren 302'000 Festnahmen. Knapp 210'000 Personen waren vorbestraft. Zuzüglich der hängigen Strafverfahren kommt man auf die von Trump genannte Zahl von rund 266'000. Bei der Mehrheit aller Straftaten handelt es sich um Delikte nicht gewalttätiger Natur oder um Verstösse gegen das Einwanderungsgesetz. In 166'000 Fällen geht es um Verkehrsdelikte, die tatsächlich oder mutmasslich begangen wurden. Dass Tausende Amerikaner von illegalen Einwanderern ermordet werden, ist eine trumpsche Übertreibung. Verschiedene Studien zeigen, dass Immigranten nicht krimineller sind als Amerikaner. Dennoch ist die Wahrscheinlichkeit für einen Einwanderer, im Gefängnis zu landen, 20 Prozent höher als für einen US-Bürger.
Trump: Die Mauer wird auch indirekt durch das Handelsabkommen mit Mexiko finanziert.
Das ist eine abenteuerliche Aussage. Vom neuen Nafta-Abkommen profitieren Unternehmen und Arbeitnehmer. Die Unternehmer machen bessere Geschäfte, und die Arbeitnehmer erhalten höhere Löhne. Daraus folgt, dass beide mehr Steuern abliefern. Die Steuereinnahmen fliessen in die Staatskasse, aber sie werden nicht zwingend zur Finanzierung einer allfälligen Mexiko-Mauer verwendet. Das würde der Kongress auch nicht zulassen, zumal das «House» neu unter der Kontrolle der Demokraten steht. Dazu kommt, dass das Nafta-Abkommen noch gar nicht in Kraft getreten ist. Der laut Trump «grosse Deal» mit Mexiko muss zuerst vom Kongress angenommen werden. Im Wahlkampf hatte Trump behauptet, er werde Mexiko für seine Mauer zahlen lassen.
Nach Donald Trumps TV-Rede haben sich zahlreiche Demonstranten vor dem Weissen Haus versammelt. Video: Reuters
Trump: Alle Amerikaner leiden unter der unkontrollierten illegalen Migration. Sie belastet die öffentlichen Ressourcen und senkt Arbeitsplätze und Löhne. Zu den am stärksten betroffenen Personen gehören Afroamerikaner und Hispanoamerikaner.
Einwanderer gefährden Arbeitsplätze und Löhne der Amerikaner nur dann, wenn sie um dieselben Stellen wie die Einheimischen konkurrieren. Das betrifft vor allem niedrig qualifizierte Personen, also vor allem überdurchschnittlich viele Afroamerikaner oder frühere Immigranten. In sehr vielen Fällen machen Immigranten allerdings Arbeiten, die die Einheimischen nicht tun wollen, sei es legal oder auch illegal. Nach Ansicht vieler Ökonomen verleiht die Einwanderung – sogar die illegale – im Grossen und Ganzen der amerikanischen Wirtschaft positive Impulse.
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