Trump bleibt auf, um Cohen im TV zu sehen
Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen packt heute im Kongress aus. Das interessiert vor allem den US-Präsidenten, der beim Gipfel in Hanoi ist.

Heute ist es so weit: Nachdem Donald Trumps Ex-Anwalt Michael Cohen am Dienstag hinter verschlossenen Türen vor dem Geheimdienstausschuss des Senats aufgetreten ist, wird er heute Mittwoch öffentlich vor dem Aufsichtsausschuss des Repräsentantenhauses aussagen. Der Präsident, in Hanoi zum Gipfeltreffen mit Nordkoreas Diktator Kim Jong-un, will angeblich sogar aufbleiben, um den Auftritt seines einstigen Weggefährten im Fernsehen verfolgen zu können.
Cohen will sich heute über die Geschäftspraktiken Trumps auslassen. Er besitzt angeblich Unterlagen, die den Präsidenten hinsichtlich der Schweigegeldzahlung an die Porno-Darstellerin Stormy Daniels belasten – und er wird insgesamt ein recht abstossendes Bild Trumps zeichnen. Das Weisse Haus und Trumps Verbündete auf dem Kapitolshügel und in konservativen Medien versuchten sich bereits vorab in Schadensbegrenzung: «Es ist lächerlich, einem verurteilten Lügner wie Cohen zu glauben. Und es ist jämmerlich, dass er schon wieder eine Gelegenheit erhält, seine Lügen zu verbreiten», erklärte Trumps Pressesprecherin Sarah Sanders.
Öffentlichkeit kennt bereits Trumps dunkle Seiten
Tatsächlich entbehrt es nicht einer gewissen Ironie, dass Cohen am Donnerstag wieder hinter verschlossen Türen – vor dem Geheimdienstausschuss des Repräsentantenhauses – auftreten wird, den er bei einer früheren Einvernehmung anlog. Auch dafür muss Trumps früheres Faktotum jetzt für drei Jahre hinter Gitter.
Nicht weniger ironisch aber mutet an, wenn Sarah Sanders die Glaubwürdigkeit des Zeugen anzweifelt. Immerhin arbeitet Sanders für den unstreitbar imposantesten Lügner, der jemals das Amt des amerikanischen Präsidenten bekleidete – was Trumps erwartete Zurückweisung von Cohens Beschuldigungen denn auch entwertet.
Ob die Höhe seiner Erbschaft vom Vater oder den Umfang seines Vermögens, ob seine Affäre mit Stormy Daniels oder die Grösse der Zuschauermenge bei seiner Einschwörung: Trump lügt, er erfindet, er schwindelt. Doch weil die charakterlichen Defizite des Präsidenten mittlerweile hinreichend bekannt sind, könnte Cohens Feldzug gegen seinen früheren Boss die erhoffte Wirkung verfehlen. Die Öffentlichkeit kennt die dunklen Seiten Donald Trumps, kaum etwas dürfte sie noch schockieren.
Cohen muss Vorwürfe beweisen können
Ob Cohens Anschuldigungen justitiabel sind und eine Rolle bei der Einleitung eines Amtsenthebungsverfahrens gegen Trump spielen könnten, wird die demokratische Mehrheit im Abgeordnetenhaus entscheiden müssen. Sie wird sich wahrscheinlich hüten, den Aussagen des ehemaligen Anwalts zu viel Gewicht beizumessen – es sei denn, er könnte seine Vorwürfe durch Dokumente oder mitgeschnittene Telefonate erhärten.
Schon wird Cohens Erscheinen vor dem Aufsichtsausschuss mit dem epochalen Auftritt von Richard Nixons Rechtsbeistand John Dean vor dem Watergate-Ausschuss im Juni 1973 verglichen. Doch so sehr Dean den Präsidenten auch belastete: Es stand zunächst sein Wort gegen das Nixons, erst die Tonbandaufnahmen aus dem Weissen Haus untermauerten Deans Behauptungen.
Für Trump könnte Cohen dann gefährlich werden, wenn seine heutigen Aussagen Teil einer breiteren Palette von nachweisbaren Anschuldigungen gegen den Präsidenten wären. Zur Russland-Affäre wird Cohen am Mittwoch auf Wunsch von Sonderermittler Robert Mueller nichts sagen, bei seinen vertraulichen Auftritten vor den beiden Geheimdienstausschüssen aber durfte und darf sich der Zeuge auch dazu äussern.
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch