Schweizer FilmpreisTriumph für Lilo Pulver und «Schwesterlein»
Die Berner Schauspielerin und das Westschweizer Filmdrama haben bei den Schweizer Oscars abgeräumt.

Der Schluss des Abends gehörte ganz Lilo Pulver. Die 91-jährige Schauspielerin, deren Karriere als Vreneli in den Gotthelf-Filmen so richtig begonnen hatte, erhielt den grossen Ehrenpreis – natürlich nur virtuell, wie alle Gewinnerinnen und Gewinner bei der Übergabe der Schweizer Filmtrophäen, die als Onlineveranstaltung über die Bühne ging.
«Ich bin froh über diesen Preis, der hat mir noch gefehlt», sagte Lilo Pulver in einer Einspielung aus dem Berner Burgerspittel, wo sie seit Jahren lebt. Dazu zeigte sie das Lachen, das sie berühmt gemacht hat. Den Preis habe sie aber nicht nur deswegen bekommen, sondern auch wegen der Ernsthaftigkeit, mit der sie sich ihre Rollen erarbeitet habe, betonte Bundesrat Alain Berset in seiner Einführung – und bezeichnete diese «ausgelassene Perfektion» als eine Kombination, wie sie wohl nur hierzulande vorstellbar sei.
Ein perfekter Abend war es auch für den Film «Schwesterlein» der Lausanner Regisseurinnen Stéphanie Chuat und Véronique Reymond. Bereits der erste Quartz – so heissen die Schweizer Oscars – ging an diese Produktion: Marthe Keller, eine weitere Schweizer Schauspielerin von Weltrang, erhielt ihn für ihren Auftritt als Mutter der beiden Hauptpersonen. «Schwesterlein» gewann weitere Trophäen, auch diejenige als bester Film. Am Ende waren es fünf an der Zahl – so viele hatte beim Schweizer Filmpreis noch nie eine einzelne Produktion bekommen.
Der Film spielt in der Berliner Theaterszene und in den Waadtländer Bergen, die deutschen Stars Nina Hoss und Lars Eidinger sind in den Hauptrollen zu sehen. Produziert wurde das Drama um eine Krebserkrankung von der Zürcherin Ruth Waldburger, «Schwesterlein» hatte 2020 an der Berlinale Premiere und lief letzten Sommer in den Kinos. Es war auch der Schweizer Beitrag für die Oscars, schaffte es allerdings nicht bis zur Nomination.

Hauptkonkurrent in der Kategorie bester Spielfilm war «Platzspitzbaby». Der letztjährige Publikumshit war fünfmal nominiert, erhielt am Ende allerdings nur einen einzigen Quartz, dafür einen wichtigen: Sarah Spale – die Kommissarin aus «Wilder» – wurde für ihre Darstellung einer drogensüchtigen Frau als beste Darstellerin ausgezeichnet. Dabei stach sie auch Luna Mwezi aus, die im Film ihre Tochter spielt.
Keinen Darsteller-Quartz gab es dieses Jahr für die Männer, es hatte schlicht zu wenig Hauptrollen mit Schweizern gegeben. Vielleicht sollte sich die Filmakademie, die über die Vergabe bestimmt, in Zukunft überlegen, die schauspielerische Leistung unabhängig vom Geschlecht zu beurteilten. So wird das seit diesem Jahr bei der Berlinale praktiziert – und so war es beim Schweizer Filmpreis bereits zwischen 2004 und 2007.
Bester Dokumentarfilm wurde «Das neue Evangelium». Der Theatermann und Filmregisseur Milo Rau inszenierte darin in Italien ein biblisches Theaterstück mit afrikanischen Aktivisten. Auch der Quartz für den besten Kurzfilm ging an einen bekannten Namen: Die Autorin und Regisseurin Güzin Kar erhielt ihn für ihre Reflexion «Deine Strasse».
Der Abend, sonst eine festliche Gala, stand natürlich im Zeichen der Pandemie mit Zoom-Reden. Aber auch davon liess sich Lilo Pulver die gute Laune nicht verderben. Zum Schluss gestand sie dem Publikum, wann immer «Uli der Knecht» oder «Uli der Pächter» am Fernsehen komme, schaue sie zu. Und zeigte ein letztes Mal ihr ansteckendes Lachen.
Alle Preisträgerfilme können am Wochenende vom 27./28. März gratis visioniert werden. «Schwesterlein» gibts als Stream hier, «Das neue Evangelium» ab dem 1. April da.
Fehler gefunden?Jetzt melden.