Vorwurf der WährungsmanipulationThomas Jordan zeigt den USA die kalte Schulter
Einen Tag nach den schweren Vorwürfen aus Washington machte der Nationalbank-Präsident deutlich, was er von den Vorwürfen der Amerikaner hält: gar nichts. In Bundesbern zeigt sich die politische Linke entsetzt über die Einmischung der USA in die Innenpolitik.

Weder in der offiziellen «Geldpolitischen Lagebeurteilung» der Schweizerischen Nationalbank (SNB), noch in den Reden der drei Präsidiumsmitglieder des Instituts, Thomas Jordan, Fritz Zurbrügg und Andrea Maechler, war die am Dienstag erfolgte Verteilung der Schweiz als Währungsmanipulatorin durch die USA ein Thema. Dabei sind die Deviseninterventionen ein wesentlicher Grund für das Verdikt des US-Finanzministeriums. Immerhin bestätigte die Notenbank in ihrer «Lagebeurteilung» fast schon trotzig, dass sie «wegen des hoch bewerteten Frankens» weiterhin bereit sei, «verstärkt am Devisenmarkt zu intervenieren.»
«Weder die Schweiz noch die SNB ist ein Währungsmanipulator, und unsere Geldpolitik ist notwendig und gerechtfertigt.»
In der telefonischen Fragerunde der Journalistinnen und Journalisten hatte dann aber kein anderes Thema ein vergleichbares Gewicht wie der Vorwurf der Amerikaner. Das lag auch daran, dass die geldpolitische Einschätzung kaum eine Überraschung bot. Der Leitzins bleibt bei Minus 0,75 Prozent, die Aussichten für die Wirtschaften vorerst düster und die Inflation extrem tief – sie soll sich selbst 2022 erst auf 0,2 Prozent belaufen. Immerhin soll sich die Lage im nächsten Jahr aufhellen. Sowohl Grossbanken und inländische Banken seien zwar gefordert, seien aber solide unterwegs. Und alle Prognosen seien mit enormen Unsicherheiten verbunden.
«Kein Einfluss auf unsere Politik»
Auf die erste gestellte Frage eines britischen Journalisten, was denn die Botschaft an die USA nach dem Bericht sei, antwortete Jordan sehr entschieden in englischer Sprache: «Um es sehr deutlich zu sagen: Der Report des US-Finanzdepartements hat keinen Einfluss auf unsere Geldpolitik. Weder die Schweiz noch die SNB ist ein Währungsmanipulator, und unsere Geldpolitik ist notwendig und gerechtfertigt. Sie entspricht dem Mandat, das die Notenbank vom Volk und vom Parlament erhalten hat, um die Preisstabilität aufrechtzuerhalten.»
Die Auswahl der Worte lässt vermuten, dass der Nationalbank-Präsident sich bereits auf diese Frage vorbereitet und sich mit seiner Antwort auch direkt an die Amerikaner gerichtet hat. Im Auge dürfte Jordan aber auch die Devisenmärkte gehabt haben, weil im Vorfeld des US-Berichts spekuliert wurde, ob die Nationalbank durch die Verurteilung als Währungsmanipulatorin bei künftigen Devisenkäufen eingeschränkt sein könnte.
Mehrmals an der Pressekonferenz sprach Jordan von den amerikanischen Freunden, mit denen man schon länger im Gespräch sei und denen man die eigene Politik erkläre. Der US-Bericht lässt allerdings daran zweifeln, ob die Schweizer damit auf offene Ohren gestossen sind. So ist darin etwa die Forderung enthalten, wonach die Schweiz sich statt auf Devisenkäufe wie andere Notenbanken auf den Aufkauf von inländischen Anleihen konzentrieren soll.
Jordan erklärte zu dieser Forderung einmal mehr, dass dies gar nicht möglich sei, weil der Markt an privaten wie staatlichen Anleihen für solche Käufe in der Schweiz viel zu klein und zu wenig liquid sei. Daher bleiben der Nationalbank nur die Devisenkäufe, welche die gleiche wirtschaftliche Funktion erfüllen.
Mangelhafte Kommunikation
An die Journalisten und wohl auch an die US-Amerikaner gerichtet, erklärte der Nationalbank-Präsident auch erneut, dass die Kriterien, die zur Verurteilung durch die Amerikaner geführt haben, auf falschen Interpretationen beruhten. So würden statistische Besonderheiten die Schweizer Überschüsse überzeichnet aussehen lassen. Zudem fehlen in der Betrachtung die Dienstleistungen, bei denen die USA gegenüber der Schweiz Überschüsse ausweisen.
Im Bericht fordern die Amerikaner auch, die Nationalbank solle sich dem ohnehin seit langem feststellbaren Aufwertungstrend des Frankens nicht mehr entgegenstellen. Auch das offenbart ein mangelndes Verständnis der USA. An der Pressekonferenz erklärte Jordan, gerade die Wechselkursentwicklung seit der Finanzkrise widerspreche dem Bild einer Schweiz als Währungsmanipulatorin: Seit damals ist der Preis des Euro von fast 1.70 Franken auf Werte knapp über der Parität gesunken und der Dollarpreis von rund 1.25 Franken auf unter 90 Rappen. Sinkt der Preis von ausländischen Währungen, entspricht das einer Frankenaufwertung.
Dazu komme, laut Jordan, dass die Schweiz eine der tiefsten Inflationsraten der Welt ausweise. Das zeige, dass die Nationalbank in Wahrheit sehr viel an Aufwertung zu akzeptieren bereit war. Doch wenn die Schweizer Wirtschaft gefährdet sei, müsse sie im Sinne ihres Auftrags eingreifen.
Explizit darauf angesprochen, ob denn die Kommunikation mit den Amerikanern möglicherweise doch nicht so gut funktioniere, betonte Jordan erst erneut, wie wichtig der Dialog mit den USA sei und dass es eben jetzt für die Schweiz wieder notwendig sei, sich gut zu erklären. Dann gestand er aber auch ein, dass die Kommunikation nicht einfach sei. Auf die Frage eines Journalisten, ob eine Regierung unter Joe Biden zu einem besseren Verständnis führen könnte, antwortete Jordan nur, dass man mit jeder Regierung ein gutes Einvernehmen suche.
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