Therapeutin hat Fähigkeiten statt Defizite von Dementen im Blick
Die Aktivierungstherapeutin Claudia Heeb organisiert in Thalwil ein neues Angebot für Demenzkranke. Gipfeltreffen nennt sich das wöchentliche Treffen, das auch als Entlastung für die Angehörigen gedacht ist.

Die Hausfrau steht ratlos vor der Kaffeemaschine, die sie jahrelang aus dem Effeff bedient hat. Der Musiker erkennt keine Noten mehr: zwei Fälle von Demenz, wie sie in ihrer Beispielhaftigkeit der 55-jährigen Claudia Heeb vertraut sind. Sie arbeitet als Aktivierungstherapeutin mit älteren Menschen – und bezeichnet besonders die Beschäftigung mit an der Gedächtnisstörung Erkrankten als «mein Herzblut».
Nun plant die Thalwilerin in ihrer Wohngemeinde ein neues Angebot für Demenzbetroffene: wöchentliche Treffen unter Gleichgesinnten, in denen es nicht um Defizite, sondern um Fähigkeiten gehen soll. Um Lebensfreude statt um die tagtägliche Konfrontation mit dem sich verändernden Selbst. Gipfeltreffen nennt sich das Angebot, das unter dem Patronat der Alzheimervereinigung Kanton Zürich steht und das sechste seiner Art im Kanton sein wird.
Alle Sinne ansprechen
Der Name des Angebots ist eine Anspielung auf die Gespräche hochrangiger Politiker. Denn genauso wichtig und ernst genommen wie jene sollen sich die Erkrankten bei dem Treffen fühlen. «Es geht darum, ihre Ressourcen so einzusetzen, dass sie im Verlauf des Treffens Erfolgserlebnisse haben», beschreibt Heeb das Ziel der Veranstaltungen.
An ihr und ihren Mitarbeiterinnen liege es dann, jeden Teilnehmer so anzusprechen, dass er weder über- noch unterfordert werde. Damit das gelingt, beziehen sie alle Sinne ein. «Die einen blühen etwa auf, wenn sie anhand von Bildern vergangene Ereignisse erzählen», sagt Heeb, die immer wieder über das Erinnerungsvermögen der Demenzkranken in diesem Bereich staune. Bei anderen geschehe der Zugang eher durch das Gehör – «ansonsten verschlossene Personen erleben beim Hören bestimmter Musikstücke Glücksmomente». Mit wieder anderen entstehe die Kommunikation durch das Erfühlen oder durch den Geruch bestimmter Gegenstände. Das gemeinsame Backen oder kreative Gestalten – «keine Kinderbasteleien», wie Heeb entschieden abwehrt – erfülle diese Leute besonders.
Ohne Erwartungsdruck
«Durch die verschiedenen Sinne versuchen wir unterschwellig, Erinnerungen zu wecken und im Gespräch zum Ausdruck zu bringen», erklärt sie. Dabei achte sie darauf, den Teilnehmern positive Rückmeldungen zu geben. So sollen diese das noch vorhandene Wissen und Können und weniger ihre Defizite wahrnehmen. «Wichtig ist dabei, ruhig und ohne Erwartungsdruck vorzugehen», sagt Heeb. «Denn Demenz im frühen und mittleren Stadium ist für die Betroffenen ein unheimlicher Stress», führt sie aus, «erfahren sie doch andauernd, wie sie zu immer weniger fähig sind.» Nicht selten entwickelten Demenzkranke in diesem Stadium eine Depression. Um einer solchen vorzubeugen, sollen die Treffen vor allem Lebensfreude und Wohlgefühl stärken. «Wichtig ist dabei auch die regelmässige Bewegung.» So beinhalte das Treffen stets einen Spaziergang nach dem gemeinsamen Mittagessen und bevor es für die Nachmittagsgestaltung in den Tuchhof gehe. «Darum gilt als Voraussetzung für die Teilnahme, zu Fuss mobil zu sein», erklärt Heeb.
Dass die Gipfeltreffen Anklang finden, beobachtet Heeb in Affoltern am Albis, wo sie seit einem Jahr eine entsprechende Gruppe leitet. Und auch für die Angehörigen von Demenzkranken ist das Angebot gedacht: Nicht selten führt sie die herausfordernde Situation in Depressionen und Burn-out. «Für sie bringen die Gipfeltreffen Entlastung, indem sie ihr Familienmitglied für einen Nachmittag gut aufgehoben wissen», erklärt Heeb. «Entscheidend ist für Betroffene und Angehörige, den ersten Schritt in das Treffen zu wagen.»
Gipfeltreffen jeweils freitags von 11.30 bis 16.30 Uhr. Kosten 75 Franken (Reduktion möglich), exklusive Mittagessen. Anmeldung und weitere Informationen bei Claudia Heeb, Telefon 079 739 11 02, c.heeb@hotmail.com.
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