Geldberater: Der Marktschrei(b)erSwiss Life weicht unrentablen Geschäften aus
Sonova kauft Sennheiser +++ Vorsicht bei Aktien der Private Equity Holding +++ Gefährlicher Tesla-Hype +++ Papiere von Molecular Partners sind eine Wette wert.

Swiss Life: Kaufen
Swiss Life schrumpft sich gesund. Der Versicherer verzichtet auf Neugeschäfte, die ihm auf Jahrzehnte hinaus Zins- und Kapitalgarantien aufbürden würden. Der Konzernumsatz fiel deswegen im ersten Quartal um 13 Prozent. Hingegen steigerte das Management die für Maklerdienste und Vermögensverwaltung kassierten Gebühren um rund 16 Prozent. Für das laufende Jahr erwartet «Finanz und Wirtschaft» eine Gewinnverbesserung von 10 Prozent. Die Aktien notieren zum Kurs-Gewinn-Verhältnis von 13 auf Branchendurchschnitt. Für das günstige Szenario wird davon ausgegangen, dass der Konzern mit Vermögens- und Immobiliendiensten sowie der Versicherungsvermittlung weiter steigende Gebühren verdient. Das Sparergebnis der Vorsorge- und Versicherungsgelder wird vermutlich durch die Zinslage auch dieses Jahr gebremst. Und die Bereinigung des Steuerdisputs mit den US-Behörden könnte noch geringe Mehrkosten verursachen. Mit dem Auslaufen des Aktienrückkaufs per Ende des Monats geht zwar eine Kursstütze verloren. Doch die gewinnstärkende Strategie des Unternehmens hält die Papiere attraktiv. Kaufen
Sonova: Kaufen
Hörgeräte sind längst nicht mehr bloss Hörgeräte. Sie entwickeln sich zu einem Lifestyle-Produkt. Musik hören, einfacher telefonieren, lästige Nebengeräusche unterdrücken, all das erlauben moderne Hörgeräte. So gesehen überrascht es nicht, dass Sonova den Kopfhörerhersteller Sennheiser kauft. Unter Audiophilen geniesst das deutsche Unternehmen – seit der Gründung 1945 in Familienhand – einen hervorragenden Ruf für Klangqualität. Zudem spricht Sonova mit Sennheiser vermehrt eine jüngere Kundschaft an. Diese kann sie im Idealfall schon früh an sich binden. Für einen Umsatz von 250 Millionen zahlt Sonova lediglich 200 Millionen Euro. Der niedrige Kaufpreis kommt nicht von ungefähr. Die Profitmarge von Sennheiser ist nur etwa ein Viertel so hoch wie die von Sonova. Da gibt es Steigerungspotenzial, doch traue ich dem Schweizer Hörgerätehersteller zu, mehr aus der Marke Sennheiser zu machen. Sonova kann locker in bar bezahlen, hat sie doch etwa 1,5 Milliarden Franken auf der hohen Kante. Kaufen
Private Equity Holding: Meiden
Ich muss zugeben, die kleineren an der Schweizer Börse kotierten Beteiligungsgesellschaften habe ich normalerweise nicht auf dem Radar. Vergangene Woche hat Private Equity Holding (PEH) jedoch mit einer positiven Nachricht aufhorchen lassen. Die Gesellschaft, welche Gelder von institutionellen Investoren und superreichen Anlegern einsammelt und diese hauptsächlich über Fonds oder direkt in nicht kotierte Unternehmen investiert, vermochte den Gewinn 2020 zu steigern. Möglich machten das nicht neue Investitionen, sondern die positive Entwicklung bestehender Beteiligungen, deren Bewertung nach oben korrigiert worden ist. Gemessen am eigentlichen Wert ihres Portfolios (NAV) sind PEH-Papiere immer noch günstig. Die Gesellschaft hat 2020 unter anderem mit Aktienrückkäufen versucht, einen Kursanstieg zu erzielen. Die Aktien handeln aber immer noch mit einem Abschlag von rund 44 Prozent zu ihrem inneren Wert. Trotz einer günstigen Bewertung bleibe ich skeptisch. Die Aktien sind wenig liquide; nachhaltigen Aktionärswert zu schaffen, wird für PEH schwierig. Meiden
Tesla: Verkaufen
Man muss Tesla nicht mögen, um die Firma zu bewundern. Der kalifornische Elektroautopionier hat Grossartiges geleistet, und ich bin sicher, dass wir weiterhin Respektheischendes von ihm hören werden. Mehr Verwunderung als Bewunderung lösen bei mir jedoch die Aktien aus. Tesla zählt mit 570 Milliarden Dollar zu den höchstkapitalisierten Gesellschaften der Welt und ist mehr wert als alle anderen Automobilhersteller zusammen. Selbst mit viel Fantasie, was künftige Erträge aus Software anbelangt, fällt es schwer, Fundamentales hinter dieser Bewertung zu entdecken. Zur Erinnerung: Operativ macht Tesla nach wie vor keinen Gewinn. Ich glaube aber, für viele Anleger spielt das keine Rolle. Sie investieren, weil andere das auch tun, und spekulieren darauf, dass der Schneeball dadurch grösser und grösser wird. Das ist gefährlich, zumal die Konkurrenz im Elektroautobereich stetig zunimmt und die etablierten Anbieter auch in Softwarebelangen dazulernen. Manch ein Investor scheint skeptischer geworden zu sein. Der Kurs zeigt seit Februar sinkende Tendenz. Verkaufen
Molecular Partners: Kaufen
Die Aktien von Molecular Partners haben wie andere Technologie- und Biotechtitel in den vergangenen Tagen unter einem Ausverkauf gelitten. Der Kurs befindet sich wieder dort, wo er zu Beginn des Jahres gestartet ist. Es könnte eine gute Gelegenheit sein, um einzusteigen oder zuzukaufen. Aufwärts dürfte es gehen, wenn das Biotech-Unternehmen positive Ergebnisse für sein potenzielles Corona-Medikament bekannt gibt. Eine Phase-II/III-Studie zusammen mit Novartis sollte in den nächsten Tagen starten. Die Entwicklung hat noch mehrere Monate vor sich und kann selbstverständlich scheitern. Der Wirkstoff hat Hamstern das Leben gerettet und im Labor auch alle bisher aufgetretenen wichtigen Virusmutationen neutralisiert. Er ist ähnlich, aber viel billiger und in grösserer Menge herzustellen als die Antikörper, die bereits auf dem Markt sind und die bei frühzeitiger Verabreichung gut wirken. Mir scheint, das Schweizer Unternehmen wird von den meist auf die USA fokussierten Anlegern übersehen. Das könnte bald ändern. Molecular geht in den nächsten Tagen an die US-Technologiebörse Nasdaq. Kaufen
Diese Kolumne wird von den Redaktorinnen und Redaktoren der «Finanz und Wirtschaft» verfasst. Sie haben sich verpflichtet, nicht in den entsprechenden Titeln aktiv zu sein. Wer die Tipps dieser Kolumne umsetzt, tut das auf eigenes Risiko. Die SonntagsZeitung übernimmt keine Verantwortung. Weitere Artikel der «Finanz und Wirtschaft» finden Sie unter www.fuw.ch.
Fehler gefunden?Jetzt melden.