Geldberater: Der Marktschrei(b)erSwatch Group nimmt wieder Fahrt auf
Sonova ist gut gerüstet +++ Autoholding Stellantis ist auf dem Weg nach oben +++ Credit Suisse mit grosser Hypothek +++ Stadler Rail hat Verspätung.

Swatch Group: Kaufen
Der Uhrenhersteller Swatch Group hat vergangene Woche gleich doppelt überrascht. Wie immer macht sich der Chef Nick Hayek einen Spass daraus, die Publikation der Zahlen nicht vorgängig anzukündigen. Dieses Mal kamen sie zudem am Montag nach Börsenschluss – ein Novum. Man versteht, weshalb Hayek nicht länger zuwarten wollte. Sowohl der Umsatz als auch der Gewinn stiegen stärker als erwartet. Und die Aussichten für das zweite Halbjahr sehen vielversprechend aus. Der allmählich zurückkommende Tourismus spielt dem Bieler Konzern in die Hände. Denn während die Luxusuhren von Omega unabhängig davon gefragt sind, leben die günstigeren Marken wie Swatch oder Tissot vom Reiseverkehr. Seit dem Tief im März vor einem Jahr hat sich der Wert der Titel nahezu verdoppelt. Dennoch sehe ich weiteres Kurspotenzial. Was mich zusätzlich bekräftigt: Die meisten Analysten halten sich bei Swatch Group noch zurück. Doch wenn der Uhrenhersteller weiter Fahrt aufnimmt, müssen auch sie zwangsläufig ihre Prognosen erhöhen. Kaufen
Sonova: Kaufen
Aktionäre von Sonova schluckten Ende vergangener Woche leer. Von einer Minute zur andern sackten die Aktien des Hörgeräteherstellers etwa 7 Prozent ab. Die US-Regierung hatte in einer Verordnung die Gesundheitsbehörde aufgefordert, mit der Umsetzung eines Gesetzes von 2017 vorwärtszumachen. Es geht darum, der Bevölkerung zu ermöglichen, einfach zu bedienende und preisgünstigere Hörgeräte quasi über den Ladentisch und ohne ärztliches Rezept zu kaufen. Manche Finanzanalysten sehen dieses neuartige Segment als strategische Gefahr für die Grossen der Branche. Schliesslich taucht da frische Konkurrenz auf – etwa der renommierte Audiospezialist Bose. Ich glaube aber nicht, dass sich Sonova-Anleger deswegen Sorgen machen müssen. Andere Medtech-Unternehmen wie Straumann haben gezeigt, dass sich eine Markterweiterung in weniger gehobene Gefilde nicht negativ auswirken muss, im Gegenteil. Und mit der Übernahme des Kopfhörergeschäfts von Sennheiser hat sich Sonova vor zwei Monaten rechtzeitig verstärkt. Kaufen
Stellantis: Kaufen
Ich verstehe Leute, die Automobilaktien wegen des Risikos meiden, lege mir selbst aber keine Restriktionen auf. Interessant finde ich derzeit Stellantis. Unternehmen und Name sind neu, die zugehörigen Marken nicht. Alfa Romeo, Chrysler, Citroën, Dodge, Fiat, Jeep, Maserati, Opel und Peugeot sind nur die Bekanntesten im Portfolio des Fusionsprodukts aus der Groupe PSA und Fiat Chrysler Automobiles. Stellantis gefällt mir aus mehreren Gründen. Ein Grund ist der Chef. Carlos Tavares halte ich für einen der besten Automobilmanager – sein Leistungsausweis beeindruckt. Wenn er nun auch Stellantis zu neuen Höhen führen will, ist das glaubhaft. Ein anderer Grund sind die Synergien: 5 Milliarden Euro soll die Fusion einsparen helfen – und so zu prozentual zweistelligen Margen beitragen. Die starke Präsenz in Nordamerika ist angesichts der momentanen Marktlage ein weiteres Plus; demgegenüber ist Stellantis im derzeit mauen chinesischen Markt untervertreten. Und dann ist da noch die Bewertung: Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis 2022 von knapp 6 sind die Aktien enorm günstig. Kaufen
Credit Suisse: Halten
Credit Suisse hat es nicht leicht. Während ihre Konkurrenten links und rechts traumhafte Gewinne schreiben, befeuert von rekordhohen Börsen und boomenden IPO-Märkten, ist die Grossbank angeschlagen. Das Archegos-Debakel kostet sie 5 Milliarden Franken. Damit ist 2021, das zu einem absoluten Glanzjahr hätte werden sollen, so gut wie abgeschrieben. Was bleibt, sind frustrierte Aktionäre und die hochheiligen Versprechen auf Besserung. Derjenige, der dafür sorgen muss, ist der neue Verwaltungsratspräsident António Horta-Osório. Noch reift seine Strategie im Stillen. Doch schon ist absehbar, dass seine Pläne nicht auf grossen Widerstand stossen werden. Zu mächtig ist eine kleine Gruppe Aktionäre, die der CS seit Jahren die Stange hält. Für mich bleiben die Titel mit vielen Unsicherheiten behaftet. Seit dem Einbruch der CS-Aktien im März drängt sich indes die Frage nach einem Einstieg auf. Wobei man schon fast damit rechnen muss, dass früher oder später wieder eine Kapitalerhöhung die Anlage verwässert. Da hilft nur die Hoffnung, dass am Ende doch alles gut kommt und die CS ihre operativen Qualitäten ausspielen kann. Halten
Stadler Rail: Kaufen
Fahren Sie gerne mit dem Zug? Die Aktien des Zugherstellers Stadler Rail hinken seit März dem Gesamtmarkt hinterher. Während der SPI seit Anfang Jahr zweistellig zugelegt hat, notieren Stadler-Titel leicht tiefer. Zum Höchstkurs im März haben sie gar 15 Prozent eingebüsst. Warum? Die Gesellschaft hat schon einige Male enttäuscht, das liess die Investoren vorsichtig werden. Das Geschäft mit den langen Auslieferfristen ist zwar sehr beständig, im gegenwärtig scharfen Aufschwung womöglich aber zu wenig sexy. Dann gaben die Sanktionen gegen Weissrussland, wo Stadler Rail ein Werk hat, zu reden, und das Vordringen von chinesischen Anbietern nach Europa lässt einen Preisdruck befürchten. Auch das Zusammengehen der Branchenschwergewichte Bombardier und Alstom schafft Unsicherheit. Doch Stadler ist nach wie vor gut positioniert und, verglichen mit den Grossen, flexibel und agil. Das sind wichtige Trümpfe. Die Ergebnisprognose für das laufende Jahr – eine Betriebsgewinnmarge von 6 Prozent – dünkt mich sehr vorsichtig und dürfte übertroffen werden. Früher wurden schon 7,5 Prozent erreicht. Kaufen
Diese Kolumne wird von den Redaktorinnen und Redaktoren der «Finanz und Wirtschaft» verfasst. Sie haben sich verpflichtet, nicht in den entsprechenden Titeln aktiv zu sein. Wer die Tipps dieser Kolumne umsetzt, tut das auf eigenes Risiko. Die SonntagsZeitung übernimmt keine Verantwortung. Weitere Artikel der «Finanz und Wirtschaft» finden Sie unter www.fuw.ch
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