E-Mobilität in ZürichSo schlecht steht die Stadt bei den Ladestationen da
In Zürich muss man lange suchen, um sein E-Auto laden zu können. In einem Grossstädtevergleich schneidet einzig Madrid schlechter ab.

Diese Rangliste schmeichelt Zürich wenig: Das Tiefbauamt hat die Ladestationen für Elektroautos auf Stadtgebiet gezählt und mit anderen europäischen Metropolen verglichen. Und obwohl bereits acht Prozent der Neuwagen in der Stadt mit Strom fahren – mehr als in Basel, London oder Berlin –, stehen für diese öffentlich kaum Anschlüsse zur Verfügung: Rund 120 Ladestationen sind es, auf 41 Elektrofahrzeuge kommt damit gerade einmal eine Lademöglichkeit auf öffentlichem Grund.
Zum Vergleich: In Basel kommt eine Ladestation auf zwölf Autos, in Hamburg eine auf fünf. Schlechter als Zürich schneidet in der Liste von 20 europäischen Metropolen nur Madrid ab: Hier müssen sich 65 Autofahrer eine Station teilen.
Weniger Autos als in anderen Städten
Den Städtevergleich hat die Verwaltung als Antwort auf einen Vorstoss der beiden FDP-Politiker Dominique Zygmont und Hans Dellenbach im Gemeinderat erstellt. Ein solcher Vergleich greife aus Sicht der Stadt aber zu kurz, rechtfertigt sich die Regierung sogleich: Es sei zu berücksichtigen, dass in Zürich im Gegensatz zu anderen europäischen Städten wesentlich weniger Leute mit dem Auto unterwegs seien, schreibt der Stadtrat. In der Schweiz gebe es nur in Basel weniger Automobilisten. «Über 50 Prozent der Haushalte besitzen kein eigenes Auto.»
Gleiches gilt allerdings für Metropolen wie Amsterdam oder Stockholm, die besser abschneiden – und erst noch einen höheren Anteil Elektroautos bei Neuwagen aufweisen. Auch in Bern, mit ebenfalls über 50 Prozent autofreien Haushalten, gibt es anteilsmässig mehr als dreimal so viele öffentliche Ladestationen. «Immerhin anerkennt der Stadtrat die Bedeutung der Elektromobilität für die Reduktion der Treibhausgase im Verkehr», sagt Zygmont auf Anfrage. «Das habe ich immer vermisst.»
Ziel Nummer eins: Weniger Autoverkehr
Tatsächlich tat sich die Stadt bisher schwer mit dem Thema. Auch in der Antwort auf die jüngste Anfrage hebt sie gleich zu Beginn hervor, dass eine umweltfreundliche Mobilität in erster Linie mit öffentlichen Verkehrsmitteln, mit dem Velo, E-Bike oder zu Fuss erreicht werden soll.
Oberstes Ziel ist also weniger Verkehr mit dem Privatauto. Seien solche Fahrten aber nicht vermeidbar, wiesen mit Batterie oder Brennstoffzelle betriebene Fahrzeuge klare Vorteile gegenüber Verbrennerautos auf, schreibt der Stadtrat nun. Und: Durch die Elektromobilität könnten die CO₂-Emissionen im Strassenverkehr der Stadt Zürich in den nächsten fünf Jahren um 10 bis 15 Prozent, in den nächsten zehn Jahren um 20 bis 30 Prozent gesenkt werden, hält die Stadt fest.
Zygmont bezweifelt, dass dies mit den bisherigen, eher bescheidenen Anstrengungen der Regierung möglich ist. Der FDP-Gemeinderat fordert etwa, dass die Stadt die Voraussetzungen schafft für Ladestationen in der blauen Zone.
EWZ will dieses Jahr noch 20 Ladestationen bauen
Unterstützung kann FDP-Politiker Zygmont von grünliberaler Seite erwarten: Sven Sobernheim, Verkehrspolitiker mit E-Bike, aber ohne Führerausweis, macht sich seit 2016 stark für günstige Rahmenbedingungen, damit private Firmen öffentliche Parkplätze mit Ladestationen ausrüsten. Diesem Ansinnen erteilt der Stadtrat erneut eine Absage: Elektrofahrzeuge würden zumeist zu Hause über Nacht geladen. «Dieser Ladevorgang soll auf Privatgrund geschehen, wo private Parkplätze vorhanden sind.» Die Ladeinfrastruktur für Fahrzeuge, die in der blauen Zone parkieren, will die Stadt hingegen selbst auf öffentlichem Grund erstellen. Ein Konzept für die Umsetzung werde nach Verabschiedung des «Gesamtkonzepts Elektromobilität» erarbeitet, so die Regierung.
Sobernheim ist enttäuscht: «Nach dem Konzept folgt das Konzept folgt das Konzept... #grzh #Elektromobilität», kommentierte er auf Twitter. Die Stadt will dieses Jahr immerhin etwas mehr Tempo beim Ausbau der Ladeinfrastruktur machen. Das Elektrizitätswerk der Stadt Zürich (EWZ) habe seit 2019 sieben öffentlich zugängliche Ladestationen gebaut. «Für 2021 plant das EWZ den Zubau von mehr als 20 weiteren», heisst es im Papier.
Und auch bei der eigenen Flotte setzte die Verwaltung auf Elektroantrieb: Ab sofort würden ausschliesslich Personenwagen mit alternativem Antrieb beschafft. Auch wolle man noch 2021 den Kauf von Lieferwagen mit elektrischem Antrieb angehen, schreibt der Stadtrat. Bei den Lastwagen seien die Möglichkeiten noch stark eingeschränkt, zumindest für die Kehrichtsammlung sollen künftig aber weitestgehend Fahrzeuge mit Elektroantrieb zum Einsatz kommen.
Lorenzo Petrò ist Redaktor im Ressort Zürich Politik & Wirtschaft und Blattmacher beim Newsdesk Tamedia. Er schreibt über Politik sowie über Nachhaltigkeitsthemen.
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