Bizarrer StreitSie kämpft gegen Spaniens königliche Akademie
Zwei neue Wörter, abgeleitet von ihrem Namen: Das treibt die kolumbianische Politikerin Karen Abudinen zur Weissglut.

Sie habe geträumt, dass ihr Name im Zentrum der Macht widerhalle, schreibt die spanische Zeitung «El País». Das ist geschehen, aber anders, als sie es sich vorgestellt hatte.
In ihrer Heimatstadt Barranquilla konnte Karen Abudinen als aufstrebende Anwältin stets auf die Unterstützung mächtiger Familien zählen. Sie hatte einflussreiche Stellen bei der Interamerikanischen Entwicklungsbank, der Weltbank und der öffentlichen Verwaltung inne, und vor gut einem Jahr ernannte sie Kolumbiens rechtskonservativer Präsident Ivan Duque zur Ministerin für Technologie und Kommunikation. Die beiden sind miteinander befreundet.
Von Anfang an übte die 45-jährige Abudinen den informellen Einfluss aus, der einer Vertrauten des Präsidenten nun mal zufällt. «Sie kam nach Bogotá, um die Welt zu erobern», schreibt «El País».
Doch Abudinens Karriere endete wie so viele in Lateinamerika – zumindest vorläufig, denn ein Comeback ist in solchen Fällen nie ausgeschlossen. Ein Skandal um versickerte öffentliche Gelder, undurchsichtige Machenschaften, Korruption. Ihr Ministerium hatte einem Privatunternehmen den Auftrag erteilt, entlegene Schulen in armen Regionen des Landes ans Internet anzuschliessen.
19 Millionen Dollar sind weg
Zuvor hatten Experten die Dokumente, welche die Firma bei der Ausschreibung eingereicht hatte, für zweifelhaft erklärt und die Ministerin aufgefordert, den Auftrag anderweitig zu vergeben. 19 Millionen Dollar Vorschuss erhielten die angeblichen Internet-Entwicklungshelfer dennoch, und dieses Geld ist nun verschwunden. Am 9. September trat Abudinen zurück.
Die Kolumbianerinnen und Kolumbianer sind ein kreatives Volk. Schon bald begannen in Zeitungen, sozialen Medien, im Fernsehen und auf der Strasse zwei neue Verben zu zirkulieren, abgeleitet vom Familiennamen der Politikerin: «abudinar» und «abudinear», für: stehlen, veruntreuen, betrügen.
Der Duden wirkt neben der Königlichen Akademie wie eine Hippie-WG neben einem Palast.
Wirklich schlimm wurde es für Abudinen aber erst, als die Königliche Spanische Akademie in Madrid die beiden Verben registrierte.
La Real Academia Española – der Leuchtturm, der seit seiner Gründung im Jahre 1713 in die ganze spanischsprachige Welt mit ihren heute fast 500 Millionen Native Speakers ausstrahlt, der höchsten Zahl nach dem Mandarin-Chinesisch. La Real Academia, Herausgeberin von Wörterbüchern, Grammatiken und sprachgeschichtlichen Werken. Schiedsrichterin in strittigen Fällen, Referenz für Verlage, Medien, Kulturinstitutionen. Und eben: königlich.
Der Duden wirkt neben der Real Academia Española wie eine Hippie-WG neben einem Palast.
Kein Wunder, wurde die Ex-Ministerin nervös. «Mein Familienname darf genauso wenig wie jener irgendeiner anderen Person missbraucht werden, um mich zu demütigen. Das ist ein Verbrechen», schrieb Abudinen auf Twitter. Selbst die kolumbianische Botschaft in Madrid wurde bei der königlichen Institution vorstellig und fragte, was da los sei.
Die Antwort der Akademie lautete: Den Gebrauch eines Wortes zu registrieren, bedeute noch lange nicht, es offiziell in den Wortschatz der spanischen Sprache aufzunehmen. Es gebe viele Vokabeln, die auftauchen, zirkulieren und wieder verschwinden. Man warte jetzt einmal ab.
Da stellt sich die Frage, ob die Ex-Ministerin mit ihrem Protest nicht das Gegenteil von dem erreicht hat, was sie wollte.
Fehler gefunden?Jetzt melden.