Sergio Marchionne, Zürichs unsichtbarer Patient
Was ist los mit dem Ex-Fiat-Chef, dem derzeit berühmtesten Patienten Zürichs? Diese Frage bewegt Italien – und sorgt für Ausnahmezustand vor dem Unispital.
Wieder trifft ein Mann mit Stativ und grosser Kamera bepackt beim Zürcher Unispital ein. Es ist der Fünfte, der sich seit den frühen Stunden des Montagmorgens vor dem Haupteingang in Position bringt. Hinzu kommen knapp 20 Journalistinnen und Journalisten, Tontechniker, Fotografen. Und es werden laufend mehr.
Sie alle sind gekommen, um mehr über den Gesundheitszustand von Sergio Marchionne zu erfahren. Der Ex-Chef von Fiat Chrysler befindet sich seit Ende Juni in Zürich in Behandlung. Die letzte gesicherte Information war, dass er sich am 28. Juni an der Schulter operieren liess. Seither gibt es nicht viel mehr als Gerüchte. Es habe nach der Operation Komplikationen gegeben, schreibt die Turiner Zeitung «La Stampa», die früher Fiat gehörte. Auch von einem schweren Krebsleiden des 66-Jährigen ist in den Medien die Rede.
«In Italien ist es das Thema»
Heute befindet sich Marchionne offenbar immer noch im Universitätsspital. Sein Zustand sei «gravissimo», sagt der italienische Mediaset-Reporter Pepe Gandolfo in einer Liveschaltung. Er befinde sich auf der Intensivstation. Die Schäden seien «irreversibile». Dazu macht er ein überaus besorgtes Gesicht. Welche Schäden das sind, kann er allerdings nicht sagen. «Ich weiss nur mit Sicherheit, dass er sich im Universitätsspital befindet und dass er am Leben ist.»
So geht es allen Medienvetretern hier. «Wir warten schon sein über 24 Stunden auf Neuigkeiten», sagt ein Rai-24-Reporter, der extra aus Rom angereist ist. «In Italien ist es das Thema. Es ist die Front-Story aller Zeitungen.» Umso verzweifelter ist er über die fehlenden Informationen vor Ort. «Niemand weiss etwas, niemand sagt etwas.»
Der Pressesprecher entschuldigt sich
Selbst Claudio D'Amico, Mediensprecher von Fiat Chrysler Automobiles, kann nichts über Marchionnes Zustand sagen. Auch er harrt vor dem Haupteingang aus, ist ständig in Telefonate verwickelt. «No, mi dispiace», sagt er immer wieder – bitte entschuldigen Sie. Ob denn Verwandte von Marchionne da seien? Seine Frau und Kinder, die in der Westschweiz wohnen? Oder ob John Elkann, der Präsident von Fiat, noch in Zürich sei? «Ich habe niemanden gesehen.»
Eine unangenehme Situation auch für D'Amico. Aber er bleibt gelassen wie auch die anderen. Wo es denn den besten Café in der Nähe gebe, will einer wissen. Seit wann man da sein, ein anderer. «Che ci volete fare?» - was will man machen? Gut möglich, dass es auch heute Montag keine News über den berühmten Patienten zu erfahren gibt. Das Universitätsspital hüllt sich beharrlich in Schweigen. Selbst auf die Frage, ob sie mehr Sicherheitspersonal aufbieten mussten, gibt es keine Auskunft.
Bereit für einen langen Tag
Und so richten sich die nationalen und internationalen Medienvertreter auf einen weiteren, langen Tag vor dem Spitaleingang ein. Plaudern über dies und das auf Italienisch, während Patienten auf Rollstühlen oder Menschen mit Blessuren und Besucher verwundert an ihnen vorbei durch den Eingang schreiten. Ausnahmezustand ist hier in gewisser Weise immer. Heute einfach noch mit medialer Begleitung.
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