Ein Bergdorf empfängt eine afghanische Flüchtlingsfamilie
Heute trifft in Schönenberg eine Flüchtlingsfamilie mit zwei Kindern ein. Mit viel Engagement und Herzblut haben ein Gemeinderat und viele Helfer dafür gesorgt, dass sie in eine liebevoll eingerichtete Wohnung einziehen kann.

Auf dem Land halten die Bewohner zusammen und schauen zueinander. Dieses Klischee kommt einem unweigerlich in den Sinn, wenn der Schönenberger FDP-Gemeinderat und Sozialvorsteher Ulrich Bauer erzählt, wie er und viele Helfer die Aufnahme der afghanischen Flüchtlinge vorbereitet haben. Er packte selber an. Er organisierte die Einrichtung, transportierte Möbel und schraubte Gestelle zusammen. So kam er zu seinem Übernamen. «Der Asyl-Ueli ist wieder am Werk», habe ihn eine Bekannte aus dem Dorf geneckt. Heute kann die Familie mit zwei Buben in eine grosszügige, moderne Dreizimmerwohnung einziehen, in der es an nichts fehlt. Dabei begann das Projekt alles andere als vielversprechend. Anfang November erhielt Ulrich Bauer den Auftrag, bis Mitte Januar eine Asylunterkunft bereitzustellen. Er habe bei der Wohnungssuche mindestens 20 Absagen erhalten, erzählt er. Schliesslich fand er eine Wohnung, die zwar abgelegen liegt. Sie ist dafür grosszügig, hell und modern und hat einen Balkon mit Aussicht über die Drumlinlandschaft.
Zusammengewürfelt
Wenige Tage bevor die Familie eintrifft, ist schon alles eingerichtet. Die Möbel stehen an ihrem Platz, die Lampen sind angeschlossen und die Heizung ist in Betrieb. In der Küche sind das Geschirr, das Besteck und die Pfannen eingeräumt und sogar ein Abfallsack ist bereits vorhanden. Die Wohnungseinrichtung ist gebraucht und zusammengewürfelt, aber in tadellosem Zustand. Alles, was eine Familie benötigt, findet sie vor, auch eine Musikanlage. Auch einen Fernseher will Ulrich Bauer noch besorgen, wie er sagt. An den Wänden und in den Räumen hat es Platz, damit die Familie ihrem neuen Zuhause eine persönliche Note verleihen kann.
«Dies ist mein grosser Stolz», sagt Ulrich Bauer im Wohnzimmer und zeigt auf das rote Sofa und den massiven, schwarzen Tisch mit sechs dazupassenden, hochlehnigen Stühlen. Für 100 Franken hat er die Wohnzimmereinrichtung erstanden. Die ganze Wohnungseinrichtung kostete nicht einmal 1000 Franken. Vieles spendeten Privatpersonen. Der Gemeinderat achtete auf Details, um der Familie das Einleben zu vereinfachen. Das Kinderzimmer wirkt freundlich. Es stehen für die beiden Buben Stofftiere, Spiele, Stifte und Schreibblöcke im Regal. Eher für die Eltern gedacht dürfte das Büchlein «Schweiz in Sicht» über die hiesige Demokratie gedacht sein, das auf einem Tisch liegt.
Unzählige Arbeitsstunden hat Ulrich Bauer in die Einrichtung investiert. «Das war nur möglich, weil ich pensioniert bin», sagt er, und weil Behördenmitglied Felix Brand ihn unterstützt habe. Auch viele Freiwillige hätten geholfen. Er konnte den Transportbus des Altersheims nutzen. Dankbar ist er zudem, dass Mitarbeiter der Gemeindewerke sich um die ganz schweren Stücke gekümmert haben.
Die Arbeit ist noch nicht zu Ende. Ulrich Bauer wird die acht- und neunjährigen Kinder bis Ende Monat in die Schule fahren und wieder abholen. Zu Fuss wäre der Schulweg zu weit und der Kurs des Postautos ist nicht auf die Schulstunden ausgerichtet.
Zudem koordiniert der Gemeinderat Ulrich Bauer den von ihm gegründeten «Flüchtlingshelferkreis». Gut ein Dutzend Personen gehören dieser lockeren Gruppierung bereits an, sagt er. Sie haben zugesagt, die Familie bei der Integration zu unterstützen, machen mit ihr künftig Ausflüge, laden sie zum Essen ein, helfen beim Einkaufen oder wollen die Kinder bei den Schularbeiten unterstützen.
Erstellt: 17.01.2016, 19:57 Uhr
Erfolgreicher Aufruf
Im Hirzel hatte Gemeinderätin Claudia Loretz (parteilos) an der Budgetversammlung im Dezember einen Aufruf an die Bevölkerung gerichtet. Man möge Möbel, Geschirr und andere Einrichtungsgegenstände abgeben. Die Gemeinde müsse für die zusätzlich zugewiesenen Asylbewerber eine Wohnung einrichten.
Am Abend selber habe sich niemand in die Spendenliste eingetragen, sagt Claudia Loretz. Doch die Tage danach lief das Telefon heiss. Die Leute offerierten Gegenstände, die bei ihnen herumstanden und nicht mehr gebraucht wurden. Vieles erhielt sie aus einer Wohnungsauflösung. So kamen Tische, Stühle, Kästen, Betten, Gestelle, Sofas und Geschirr zusammen. Mehr, als Hirzel für die Flüchtlingswohnung benötigt. Nun profitieren auch Nachbargemeinden von den Gaben. «Es war super», sagt Claudia Loretz. Mit einem solch grossen Rücklauf habe sie nicht gerechnet, insbesondere weil zwei Monate zuvor der Hirzel den Hol-undbring-Tag durchführte. Offenbar hätten einige auf ihren Aufruf reagiert, weil sie wussten, dass die Möbel gebraucht werden und nicht wie beim Hol-und-bring-Tag entsorgt werden, wenn sie stehen gelassen werden. «Ich spürte eine grosse Solidarität», sagt sie, «viele wollten helfen.» dh
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