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Reaktionen: «Ein Gefühl der Panik»

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In Brüssel und den Ländern der Europäischen Union wird die Entscheidung der Briten mit Bedauern aufgenommen. Die irische Regierung will sich nun intensiv auf die Folgen eines Brexit ohne Abkommen vorbereiten. «Bedauerlicherweise hat der Ausgang der Abstimmung heute Abend das Risiko eines ungeordneten Brexit erhöht», heisst es aus Dublin. «Folglich wird die Regierung ihre Vorbereitungen auf ein solches Ergebnis weiter intensivieren.» In dem Schreiben wird darauf hingewiesen, dass eine Neuverhandlung des Abkommens für die EU nicht infrage komme.

So reagiert die EU

Auch EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zeigt sich enttäuscht über das Ergebnis der Abstimmung im britischen Unterhaus. Das Votum verstärke das Risiko eines No-Deal-Brexit, teilt er schriftlich mit. Und fordert das Vereinigte Königreich dringend auf, so bald wie möglich seine Ziele zu klären. «Die Zeit ist fast um», schreibt Juncker. Das Austrittsabkommen sei eine «fairer Kompromiss und der bestmögliche Deal». Und es sei vonseiten der EU mit viel Zeit und Mühe, Kreativität und Flexibilität ausgehandelt worden.

EU-Ratspräsident Donald Tusk appelliert in einer fast wortgleichen Erklärung an die Briten, nun ihre Ziele so bald wie möglich zu klären. Die EU-27 würden auch weiterhin vereint vorgehen und versuchen, den durch den Brexit verursachten Schaden zu begrenzen, sagt ein Sprecher Tusks. Die EU bereite sich auf alles vor, auch auf ein No-Deal-Szenario. Das Risiko eines ungeregelten Brexit sei mit dem Votum gestiegen.

Der Brexit-Beauftragte der EVP-Fraktion im EU-Parlament, Elmar Brok (CDU), stellt fest: «Das ist eine krachende Niederlage.» Das Ergebnis sei eine «Quasi-Koalition der Befürworter eines harten Brexit und derjenigen, die in der EU bleiben und ein Referendum erzwingen wollen». Die EU müsse jetzt erst einmal abwarten, ob Theresa May die Vertrauensabstimmung überlebt und welche Vorschläge die Regierung macht. «Eine Verlängerung der Austrittsfrist ist nur möglich, wenn es Neuwahlen oder ein zweites Referendum gibt.»

Manfred Weber, Fraktionsvorsitzender der EVP-Fraktion im Europaparlament, findet die Ablehnung enttäuschend. Statt Klarheit produziere die Abstimmung mehr Unsicherheit. «Brexit ist eine Lose-Lose-Situation.» Der Austrittsvertrag respektiere die roten Linien des Vereinigten Königreiches und beschütze die EU-Bürger und EU-Unternehmen «vor der surrealen Möglichkeit eines No-Deal-Brexit», teilt der CSU-Politiker und EVP-Spitzenkandidat für die Europawahl mit. Die Regierung in Grossbritannien solle schnell klarstellen, was ihre nächsten Schritte seien.

Video: Jeremy Corbyn fordert Misstrauensvotum

Der Oppositionsführer geht auf Theresa May los. Video: UK Parliament/Tamedia

Frankreich, Italien, Österreich, Spanien

Frankreich signalisiert das Ende der Kompromissbereitschaft: Die EU habe beim gegenwärtigen Abkommen so viele Zugeständnisse gemacht, wie sie könne, teilt Frankreichs Präsident Emmanuel Macron mit. Sollte es zu einem ungeordneten Brexit kommen, würden zuallererst die Briten verlieren.

Italien geht es nun vor allem darum, die «negativen Folgen des Brexit» zu begrenzen, wie die Regierung von Ministerpräsident Giuseppe Conte erklärte. Vor allem die Rechte von Italienern, die in Grossbritannien lebten, oder der Briten, die in Italien lebten, sollten gewahrt werden. Wichtig sei ausserdem, die Stabilität der Märkte und des Bankensektors zu sichern.

Österreichs Kanzler Sebastian Kurzbedauert auf Twitter den Ausgang der Abstimmung. Der Ball liege nun im britischen Unterhaus in London. Er betont, es werde «keine Nachverhandlungen» geben. Das Ziel bleibe weiterhin, einen harten Brexit zu vermeiden.

Der spanische Ministerpräsident Pedro Sánchez twittert, der vorliegende Deal sei der bestmögliche. Ein ungeordneter Brexit sei für die EU negativ und für Grossbritannien katastrophal. Spanien arbeite an Notfallmassnahmen und werde dabei den Fokus auf die Rechte von Bürgern und Einwohnern legen, hiess es weiter.

Das sagen die deutschen Politiker

Von einem «traurigen Abend» spricht CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer. Eine solch klare Ablehnung habe man nicht erwartet, sagt sie in Berlin. «Wir müssen jetzt einen kühlen Kopf bewahren, auch wenn das Herz wirklich schwer ist.» Es sei noch Zeit bis Ende März, um einen ungeregelten Brexit abzuwenden. «Jetzt muss man schauen, wie sich die Dinge in London weiterentwickeln.» Die EU sei gefragt. «Natürlich hat Deutschland eine besondere Rolle in Europa und auch in dieser Diskussion.»

Unionsfraktionschef Ralph Brinkhaus (CDU) schreibt auf Twitter von einem «bedauerlichen» Votum. Er mahnt: «Alle müssen jetzt die Ruhe bewahren. Die #EU kann aber ihre Prinzipien nicht aufgeben, so sehr wir mit den Briten weiter eng verbunden bleiben wollen.»

Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) twittert: «Das ist ein bitterer Tag für Europa. Wir sind vorbereitet.» Doch ein ungeregelter Brexit sei die «schlechteste aller Möglichkeiten», für die EU, besonders aber für Grossbritannien.

«Nach Mays krachender Niederlage sollte es Neuwahlen geben», findet Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht. Es müsse ausreichend Zeit eingeräumt werden, damit eine neue Regierung Neuverhandlungen führen könne, an deren Ende ein Brexit-Deal stehe, der, «anders als der gescheiterte Vertrag, den Interessen der Bevölkerung Rechnung trägt», schreibt sie ebenfalls auf dem Kurznachrichtendienst.

Das schreibt die britische Presse

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Ab­sturz­ge­fähr­det: Eine Karikatur auf der Titelseite des «Independent» von Theresa May, wie sie auf einem Reisecar liegt, der gleich in den Abgrund rutscht. (16. Januar 2019)
Die britische Presse geht mit May schonungslos ins Gericht: Theresa May wird von der «Sun» als Dodo dargestellt. (16. Januar 2019)
Ab­sturz­ge­fähr­det: Eine Karikatur auf der Titelseite des «Independent» von Theresa May, wie sie auf einem Reisecar liegt, der gleich in den Abgrund rutscht. (16. Januar 2019)

Die Medien in Grossbritannien berichten natürlich grossflächig über die Abstimmung und ihre Folgen. Der konservative «Telegraph» übt scharfe Kritik: «Was Frau May grundsätzlich nicht verstanden hat, ist, dass man zur Umsetzung des Referendums klar mit Europa brechen muss. Das erfordert, sich für eine Seite zu entscheiden und sich für sie einzusetzen. Ihr Versuch, alle – einschliesslich Brüssel – zufriedenzustellen, hat am Ende niemanden zufriedengestellt. Das Ausmass ihrer Niederlage ist der Beweis.»

Der linksliberale «Guardian» appelliert gleichermassen an die Menschen und Politiker auf der Insel: «Eine fehlende Führung kann zu einem Gefühl der Panik führen, das von einer Regierung noch verstärkt wird, die Lebensmittel- und Medikamentenvorräte anlegt, als bereite sie sich auf einen Krieg vor. Wir müssen dem Chaos und der Spaltung ein Ende setzen, die so viel dazu beigetragen haben, unser Land zu entstellen.»

Die Boulevardzeitung «Sun» titelt online «No May» und zeigt auf der Titelseite der Zeitung am Mittwoch den inzwischen ausgestorbenen Vogel Dodo mit dem Gesicht Mays. «Mays Brexit-Deal ist so tot wie ein Dodo», heisst es dazu.