Ticker zur Moutier-Abstimmung – +++ Moutier sagt Ja zum Kanton Jura +++ Berner Regierung bedauert Entscheid +++ Übertritt wohl 2026
Ticker zur Moutier-Abstimmung – +++ Moutier sagt Ja zum Kanton Jura +++ Berner Regierung bedauert Entscheid +++ Übertritt wohl 2026
Die Stimmberechtigten der Kleinstadt haben sich für den Kantonswechsel entschieden. Tausende Projurassier feiern den Entscheid ausgelassen, die Berntreuen reagieren gefasst. Alle News im Ticker.
Das Wichtigste in Kürze:
2114 Personen sagten in Moutier Ja für den Wechsel zum Kanton Jura. Für den Verbleib beim Kanton Bern stimmten 1740 Personen.
2017 stimmten die Einwohner Moutiers bereits über die Frage ab. Damals wollte eine knappe Mehrheit den Wechsel zum Kanton Jura. Wegen Ungereimtheiten wurde die Abstimmung später annulliert. Unter anderem kam es zu Wahlbetrug.
Am Samstag wurde publik, dass der bernische Regierungsrat in bis zu 100 Fällen Auffälligkeiten im Wahlregister bemängelt hat. Was das für das Ergebnis der heutigen Abstimmung bedeutet, ist noch unklar.
Mit dem Kantonswechsel wird Moutier in Zukunft zur zweitgrössten jurassischen Stadt – noch vor Pruntrut. Im 60-köpfigen Kantonsparlament werden dannzumal sieben Sitze für Abgeordnete aus Moutier bestimmt sein.
Zudem hat sich die jurassische Regierung dazu verpflichtet, in Moutier mehrere Verwaltungseinheiten anzusiedeln, was mehr als 180 Vollzeitstellen entspricht. Dazu kommen die Stellen an den Volksschulen und nachobligatorischen Schulen. Mitarbeitenden der Berner Kantonsverwaltung wird eine Weiterbeschäftigung zugesichert.
Die Einwohnerinnen und Einwohner sollen ihre Fahrprüfung in Moutier ablegen können. Für das Spital von Moutier wiederum sichert die jurassische Regierung die Anerkennung der Leistungsangebote gemäss der heutigen Spitalliste des Kantons Bern zu.

Die Berner Regierung bedauert, aber akzeptiert das Resultat der Abstimmung zur künftigen Kantonszugehörigkeit von Moutier. Das hat der Berner Regierungspräsident Pierre Alain Schnegg in einer ersten Reaktion gesagt.
An einer Medienkonferenz in Loveresse BE rief Schnegg die Einwohnerinnen und Einwohner von Moutier dazu auf, die Querelen der Vergangenheit hinter sich zu lassen. Stattdessen sollten sie ihre Energie gemeinsam auf die Weiterentwicklung ihrer Stadt richten, so der bernjurassische Vertreter in der Berner Kantonsregierung.

Die jurassische Regierung geht davon aus, dass der Kantonswechsel von Moutier per 1. Januar 2026 vollzogen werden kann. Mit dem klaren Verdikt der Bevölkerung werde nun ein neues Kapitel aufgeschlagen. Die Jurafrage sei damit gelöst.
Regierungspräsidentin Nathalie Barthoulot zeigte sich vor den Medien in Delsberg «erleichtert und erfreut über den «unangreifbaren» Entscheid der Stimmberechtigten von Moutier. 54,9 Prozent der Bevölkerung hätten sich für ein «Zukunftsprojekt» im Kanton Jura ausgesprochen.
Der Minderheit, die für einen Verbleib im Kanton Bern gestimmt hatte, versicherte Barthoulot, dass ihre Zweifel und Befürchtungen ernst genommen würden. «Jede und Jeder hat seinen Platz im Kanton Jura».
Justizministerin Karin Keller-Sutter hat nach dem Ja von Moutier BE zum Kantonswechsel den demokratischen Prozess gewürdigt: Die Lösung der Jurafrage gehe als Beispiel für gelebte Demokratie in die Geschichte des Bundesstaates ein.
Das erklärte die Bundesrätin am Abend in einem Communiqué vom Sonntagabend. «Der heutige freie Entscheid der Stimmbürgerinnen und Stimmbürger ist der letzte Schritt, um die Jurafrage mit friedlichen Mitteln beizulegen.»
Die Landesregierung nehme das Resultat der Abstimmung zur Kenntnis, heisst es im Communiqué weiter. Rechtskräftig sei das Ergebnis noch nicht, es könne beim Regierungsstatthalteramt des Berner Juras angefochten werden.
Das berntreue Lager von Moutier hat gefasst auf die Abstimmungsniederlage reagiert. Steve Léchot, Sprecher des probernischen Komitees «MoutierPlus», bedauerte das Resultat – und beglückwünschte die Sieger.
Es sei zu hoffen, dass das Abstimmungsresultat Moutiers Separatisten Recht gebe, sagte Léchot in einer kurzen Rede vor Medienschaffenden im Kongresszentrum Forum de l’Arc. Die Abstimmungssieger müssten alle Einwohnerinnen und Einwohner Moutiers in diese neue Zukunft im Kanton Jura einbeziehen, so Léchot weiter.

Muriel Käslin, eine andere Sprecherin von «MoutierPlus», sagte, diese Resultat bedeute das Ende der Jurafrage. Moutier habe damit seiner Umgebung Adieu gesagt und werde sich im Kanton Jura zuerst einen Platz schaffen müssen. Der Respekt vor den politischen Gegnern werde der Schlüssel sein für eine erspriessliche Zukunft des Jurastädtchens, so Käslin weiter.
Sie sagte auch, es sei zu hoffen, dass am Sonntag jene abgestimmt hätten, welche tatsächlichen ihren Lebensmittelpunkt in Moutier hätten, also stimmberechtigt seien. Allerdings weise das klare Abstimmungsresultat darauf hin.
«Wir haben verloren!»
Im Innenhof des Kongresszentrums, wo ein Grossteil der Berntreuen an der Sonne stehend auf das Resultat gewartet hatten, bedeckte einer der Anwesenden nach Bekanntgabe des Resultats sein Gesicht mit den Händen. Auch liess er die Bernerfahne fallen, welche er mitgebracht hatte. Ein anderer rief dreimal: «On a perdu!", also «Wir haben verloren!»

Das sei ein erstaunlich klares Resultat, sagte Jean-Christophe Geiser vom Bundesamt für Justiz in einer ersten Reaktion. Das Ergebnis sei demnach demokratisch sicher einfacher zu akzeptieren.
Nach der Verkündigung des Ja zu einem Kantonswechsel ist auf dem Bahnhofplatz von Moutier grosser Jubel ausgebrochen. Tausende Projurassier gaben ihrer Freude Ausdruck.

Die Menschen lagen sich in den Armen, schwenkten Jura-Fahnen und hüpften. Böller und Rauchpetarden hüllten den Bahnhof mit rotem Rauch ein. Überall in der Stadt waren Hupkonzerte zu hören.

Moutier sagt Ja zum Kantonswechsel. Insgesamt stimmten 2114 Personen für den Übertritt zum Jura. Für den Verbleib beim Kanton Bern stimmten 1740 Personen. Das gab das Abstimmungsbüro in Moutier bekannt. Somit sorgten bloss 374 Stimmen für den Unterschied. Der Ja- Anteil beträgt 54,9 Prozent.
Nach der annullierten Abstimmung von 2017 entscheiden sich Moutiers Stimmberechtigte damit zum zweiten Mal innert vier Jahren für den Wechsel zum Kanton Jura. Die Stimmbeteiligung lag bei 88 Prozent und ist damit ähnlich hoch wie bei der ersten Abstimmung.
Der Entscheid heute ist deutlich. 2017 war das Ergebnis knapper ausgefallen. Damals votierten 2067 Personen für den Kantonswechsel, 1930 waren dagegen, bloss 137 Stimmen sorgten für den Unterschied.

Das Resultat der kommunalen Abstimmung zur Kantonszugehörigkeit von Moutier BE wird um 18.00 Uhr bekannt gegeben.
Der Bahnhofplatz und die Biergläser füllen sich im Laufe des Nachmittags immer mehr. Wüsste man nicht, dass es um die Jurafrage geht, könnte man sich an einer Demonstration von Coronaskeptikern wähnen. Nicht nur zum Biertrinken, auch danach bleibt die Maske bei vielen unten. Die in sicherer Distanz wartende Berner Kantonspolizei versucht schon gar nicht, 15er-Gruppen durchzusetzen. Die Stimmung ist ausgelassen, das Fahnenmeer immer dichter, der Alkohol- und der Lärmpegel steigen. Sie sind alle hier, um ihren schon sicher geglaubten Sieg abzuholen.

Die Verkündung des Ergebnis war für 17 Uhr angekündigt. Das Resultat wird nun aber nicht vor 17.45 Uhr bekannt sein.
Die Polizei hat den Zugang zum Rathaus vorübergehend für die Öffentlichkeit gesperrt. Damit soll verhindert werden, dass sich zu viele Leute vor dem Gebäude versammeln. Die Strasse zum Rathaus wird erst wieder geöffnet, wenn das Ergebnis bekannt ist.
Bereits im Vorfeld der Abstimmung hatte die Gemeinde Moutier angekündigt, dass einzig das Siegerlager nach Bekanntgabe der Ergebnisse in die Altstadt darf – jedoch nur in Gruppen von maximal 15 Personen. (mas)

Am Samstag wurde bekannt, dass die Berner Regierung eine Liste von Personen, die des Abstimmungstourismus verdächtigt werden, an das Bundesamt für Justiz geschickt hatte. Stellt dieses Schreiben allenfalls das heutige Abstimmungsresultat in Frage?
Da die bernische Regierung das Schreiben als vertraulich klassifiziert habe, könne er sich dazu nicht äussern, sagt der Chef der Bundesbeobachter Jean-Christophe Geiser auf Anfrage. Er stelle aber fest, dass die Gemeinde Moutier «als für das Stimmregister zuständige Behörde die Liste nicht erhalten hat».

Aufgrund der pandemischen Lage sollen Menschenansammlungen heute möglichst vermieden werden. «Die Emotionen dürfen nicht überhand über die Covid-Massnahmen nehmen», sagte Moutiers Gemeinderat Valentin Zuber im Vorfeld der Abstimmung zur Zeitung «Der Bund».
Damit die Regeln eingehalten werden, ist die Kantonspolizei mit einem grösseren Aufgebot vor Ort. So ist die Zufahrt zum Bahnhofplatz und zum Hotel de la Gare gesperrt. Vor der Societ’halle, wo die Stimmen ausgezählt werden, sind Abschrankungen aufgestellt. (mas)

Die Berntreuen haben sich am Stadtrand von Moutier versammelt. Die Szenerie ist überschaubarer als bei den Separatisten vor dem Bahnhof. Fast gleich viele Medienschaffende wie Berntreue haben sich vor der geplanten Bekanntgabe des Resultats im Forum de l'Arc eingefunden.
«Wir haben unseren Leuten gesagt, wegen der Pandemie nicht zahlreich zu erscheinen», sagt Patrick Tobler (SVP). Umso mehr freut er sich über jene, die trotzdem auf den Vorplatz des Gebäudes gekommen sind.
«Wir haben alles gemacht, was wir konnten», sagt Tobler. Nun hoffe er, dass das reiche. Eine Prognose wagt er nicht. Der Optimismus bei den Berntreuen ist deutlich kleiner als bei den Separatisten. «Wichtig ist vor allem, dass wir die Sache in einer sauberen Abstimmung beenden können», sagt Tobler, der auch Mitglied des Gemeinderats ist in Moutier. Der Konflikt belaste die Stadt, seit Jahren sei das das dominierende Thema. «Moutier kann sich so nicht weiterentwickeln.» (nfe)

Am Bahnhofplatz von Moutier, dem Treffpunkt der Separatisten, kommen immer mehr Menschen zusammen. Kurz nach 16 Uhr hatten sich rund 2000 Personen versammelt, wie eine Reporterin von Keystone-SDA feststellte.
Die Menschen trugen T-Shirts mit dem Aufdruck «Moutier-Ville jurassienne». Über dem Bahnhofplatz wehten zahlreiche Jura-Flaggen. In Zügen und Privatautos treffen auch zunehmend Jurassierinnen und Jurassier in Moutier ein.

Auch aus dem Städtchen streben immer mehr Leute zu Fuss zum Treffpunkt der Projurassier am Bahnhof. Aus vorbeifahrenden Autos werden Jura-Fahnen geschwenkt.
Das aufgrund des Coronavirus nötige Maskentragen wurde nur mässig eingehalten. Überall standen im Gedränge Leute ohne oder nicht korrekt angezogener Maske. Die Polizei schritt bisher nicht ein.
Da und dort waren in der Stadt immer wieder Böllerschüsse zu hören.

Die Moutier-Abstimmung interessiert – auch über die bernische und jurassische Kantonsgrenze hinaus. Davon zeugt auch das grosse mediale Interesse für den heutigen Entscheid: Reporterteams aus der ganzen Schweiz berichten live aus Moutier.
Das Ergebnis des jahrzehntealten Konflikts ist – verständlicherweise – aber nicht allen gleich wichtig, wie der Beitrag des Satirikers Viktor Giacobbo auf Twitter zeigt.
Zum neunten Mal stimmen die Bewohnerinnen und Bewohner über ihre Kantonszugehörigkeit ab. Hier gibt es eine Leseanleitung für die geteilte Gemeinde.

Lesetipp: Bern oder Jura? Warum Moutier nicht weiss, wo es hingehört
In Moutier BE sind am Sonntag kurz nach 12.00 Uhr die Urnen geschlossen worden. Unter Aufsicht der Bundesbeobachter hat die Auszählung begonnen. Das Resultat wird gegen 17.00 Uhr erwartet.
Bislang wurde kein Zwischenfall vermeldet. Aus Sicherheitsgründen müssen alle mit der Auszählung beschäftigen Personen Taschen und Mobiltelefone abgeben, wie Jean-Christophe Geiser vom Bundesamt für Justiz der Nachrichtenagentur Keystone-SDA erklärte. Wer an der Auszählung beteiligt ist, darf zudem das Gebäude nicht verlassen.
Die Auszählung kann auf dem youtube-Kanal der Gemeinde live mitverfolgt werden.
Die Aufregung war gross: Gestern Samstag berichtete die Zeitung «Blick» über ein Schreiben des Kantons Bern an das Bundesamt für Justiz. In diesem liste der Kanton rund hundert Personen auf, «bei denen es klare Anzeichen dafür gibt, dass sie sich nur in Moutier registriert haben, um die Abstimmung zu beeinflussen». So ist es im Artikel formuliert.
Gegenüber dem «Bund» bestätigte Christian Kräuchi, Sprecher der bernischen Kantonsregierung, am Samstagmorgen die Existenz dieses Briefes. Am Nachmittag lieferte der Kanton dann weitere Ausführungen, wie Sie hier nachlesen können. Zu inhaltlichen Details des Schreibens äusserte sich der Kanton nicht.
Die Angelegenheit ist brisant. Die erste Abstimmung 2017 wurde für ungültig erklärt, weil es Unregelmässigkeiten gegeben hatte. Unter anderem gab es den Vorwurfs des Abstimmungstourismus, in einzelnen Fällen kam es nachweislich zu Wahlbetrug.
Für die heutige Abstimmung wurden gezielte Vorkehrungen getroffen, dass sich das Szenario von 2017 nicht wiederholt. Unter anderem kontrollierte der Kanton Bern gemeinsam mit den Gemeindebehörden von Moutier wiederholt das Stimmregister.

SDA/red
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