Banker übernimmt KrisenstaatPräsident Lasso will in Ecuador die Zügel anziehen
Der neue Staatschef muss sein Land aus einer mehrfachen Krise führen. Keine leichte Aufgabe: Im Parlament hat er starke Gegenspieler, im Volk kaum Rückhalt.

Als Guillermo Lasso am Montag als neuer Präsident von Ecuador vereidigt wurde, ging für den 65-Jährigen ein lang gehegter Wunsch in Erfüllung. Zweimal hatte er sich schon um das Amt beworben, nun, beim dritten Mal, hatte es endlich geklappt. «Seit Jahren träume ich davon, den Ecuadorianern zu dienen», sagte der konservative Banker und strenggläubige Katholik nach seinem Wahlsieg. Nun also ist aus dem Traum Realität geworden, die allerdings ist ziemlich bitter.
Ecuador befindet sich in einer mehrfachen Krise. Einmal ist da die Pandemie, die das Land schwer getroffen hat. Bei einer Bevölkerung von rund 17 Millionen Menschen haben sich über 400’000 infiziert, mehr als 20’000 sind gestorben. Experten sagen allerdings, das Virus habe in Wahrheit noch viel mehr Todesopfer gefordert.
Eine halbe Million hat 2020 den Job verloren
Schon vor der Pandemie steckte Ecuador dazu in einer schweren ökonomischen Krise. Letztes Jahr schrumpfte die Wirtschaft dann aber unter anderem wegen strenger Lockdown-Massnahmen um fast 8 Prozent, mehr als eine halbe Million Menschen haben 2020 wohl ihren Job verloren und ein Drittel der Ecuadorianer lebt heute unter der Armutsgrenze.
Guillermo Lasso hat versprochen, sein Land aus dieser Notlage wieder herauszuführen. Der Kampf gegen das Virus wird dabei vergleichsweise wohl noch die leichtere Aufgabe sein. Lasso hofft hier auf Impfungen. In den ersten 100 Tagen seiner Präsidentschaft sollen 9 Millionen Ecuadorianer immunisiert werden. Die Impfungen dafür treffen zwar nur langsam ein im Land, die Hoffnung ist aber, dass sich das bald ändert.
Neoliberaler Reformplan
Viel schwieriger wird es vermutlich für Lasso, den neoliberalen Reformplan durchzusetzen, den er seinen Wählern während des Wahlkampfes versprochen hatte. Lasso stammt aus der Wirtschaftsmetropole Guayaquil. Mit Anfang 20 gründete er seine erste Firma, mit Ende 30 war er Präsident einer grossen Bank, deren Anteilseigner er heute immer noch ist.

Als Ende der 90er-Jahre die Wirtschaft in Ecuador zusammenbrach, wurde Lasso zum Superminister ernannt. In den nächsten Jahren baute Lasso seine politische Karriere weiter aus, er gründete seine eigene Partei, Creando Oportunidades. Ihr Name bedeutet auf Deutsch so viel wie «Möglichkeiten schaffen», ihre Abkürzung, Creo, wiederum «Ich glaube», was für den strengen Katholizismus von Lasso steht: Er ist Mitglied bei der ultrakonservativen Vereinigung Opus Dei und spricht sich strikt gegen gleichgeschlechtliche Ehe und Abtreibung aus.
Zweimal die Wahlen verloren
2013 und 2017 trat Lasso bei den Präsidentschaftswahlen an. Das erste Mal verlor er gegen den damaligen linkspopulistischen Präsidenten Rafael Correa, das zweite Mal gegen dessen damaligen politischen Verbündeten Lenín Moreno.
Auch dieses Mal sah es so aus, als ob Lasso bei den Wahlen wieder verlieren würde. In der ersten Runde bekam er nur 20 Prozent der Stimmen. Dass er in der Stichwahl dann doch einen Sieg erreichte, liegt wohl weniger daran, dass die Wähler doch noch ihre Liebe zu Lasso entdeckt haben, als vielmehr daran, dass die Mehrheit den Sieg des Kandidaten von Ex-Präsident Rafael Correa und damit seine Wiederkehr in die Politik des Landes verhindern wollte.
Lasso muss Proteste befürchten
Lassos Rückhalt in der Bevölkerung bleibt aber gering, dazu verfügt er auch im Parlament kaum über Sitze und muss sich gegen zwei grosse linke Blocks behaupten. Vor diesem Panorama dürfte es extrem schwer werden, Kürzungen oder gar Steuererhöhungen durchzusetzen.
Viele Ecuadorianer sind von der Politik enttäuscht und gleichzeitig wenig gewillt, noch mehr Lasten mitzutragen. Schon 2019 kam es zu landesweiten Protesten, nachdem die damalige Regierung angekündigt hatte, die Subventionen für Benzin streichen zu wollen. Heute ist die Situation noch angespannter als damals. Gut möglich, dass Lasso als Präsident bald Proteste entgegenschlagen.
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