Özil-Rücktritt beschäftigt ganz Deutschland
Es ist ein Paukenschlag, der das Land aufwühlt: Der Abgang von Nationalspieler Mesut Özil. Die Reaktionen.
Politiker reagieren unterschiedlich auf den Rücktritt von Mesut Özil aus der Nationalmannschaft. Die deutsche Justizministerin Katarina Barley (SPD) sprach nach dem Rückzug Özils von einem «Alarmzeichen». «Es ist ein Alarmzeichen, wenn sich ein grosser, deutscher Fussballer wie Mesut Özil in seinem Land wegen Rassismus nicht mehr gewollt und vom DFB nicht repräsentiert fühlt», schrieb Barley am Sonntagabend auf Twitter.
Theo Zwanziger bedauert den Rücktritt von Mesut Özil aus der deutschen Nationalmannschaft und befürchtet Konsequenzen nicht nur im Fussball. «Ich bin tief traurig über die von Mesut Özil getroffene Entscheidung», sagte der frühere Präsident des Deutschen Fussball-Bundes (DFB). Der Rückzug des türkischstämmigen Weltmeisters sei «für die Integrationsbemühungen in unserem Land über den Fussball hinaus ein schwerer Rückschlag. Er war ein grosses Vorbild für junge Spielerinnen und Spieler mit türkischem Migrationshintergrund, sich auch in die Leistungsstrukturen des deutschen Fussballs einzufinden.»
Özil hatte sich am Sonntag nach wochenlangem Schweigen zu seinem umstrittenen Treffen mit dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan im Mai geäussert. Mit Rassismus-Vorwürfen gegen Verbandschef Reinhard Grindel und andere DFB-Funktionäre zog sich Özil aus der deutschen Nationalmannschaft zurück. In seiner mehrteiligen Stellungnahme schrieb der gebürtige Gelsenkirchener mit türkischen Wurzeln unter anderem: «In den Augen von Grindel und seinen Helfern bin ich Deutscher, wenn wir gewinnen, aber ein Immigrant, wenn wir verlieren.»
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Der stellvertretende SPD-Vorsitzende Thorsten Schäfer-Gümbel dankte Özil auf Twitter für dessen Leistungen im Nationalteam und ergänzte: «Und weil es um mehr geht: An alle Bürgerinnen und Bürger mit unterschiedlichen Wurzeln: Wir gehören zusammen und wir akzeptieren Rassismus never ever.»
Der grüne Bundestagsabgeordnete Cem Özdemir sagte der Berliner Zeitung: «Es ist fatal, wenn junge Deutsch-Türken jetzt den Eindruck bekommen, sie hätten keinen Platz in der deutschen Nationalelf. Leistung gibt es nur in Vielfalt, nicht in Einfalt. So sind wir 2014 Weltmeister geworden. Und Frankreich jetzt.» Am Sonntag übte der frühere Grünen-Chef jedoch auch deutliche Kritik an Özil. Mit seiner Äusserung zu den Erdogan-Fotos spiele er denen «einen Steilpass zu, die unsere Demokratie ablehnen hier wie dort», sagte er. «Mit dem Alleinherrscher Erdogan zu posieren empfinde ich als respektlos denen gegenüber, die in der Türkei gegängelt werden oder willkürlich im Gefängnis sitzen.»
Video: Özil-Rücktritt löst Integrationsdebatte aus
Mehrere Unionspolitiker forderten ein klares Bekenntnis Özils zur freiheitlichen Ordnung Deutschlands. «Niemand muss oder soll Wurzeln verleugnen, freilich wünsche ich mir schon auch ein deutliches Bekenntnis für das neue Heimatland», sagte Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) der Bild-Zeitung. Er wünsche sich «ein klares Bekenntnis zu unseren Werten, gerade gegenüber jemandem wie Erdogan».
NRW-Integrationsstaatssekretärin Serap Güler (CDU), die selbst türkische Wurzeln hat, sagte dem Blatt, Verbundenheit mit dem Heimatland der Eltern und Kritik an der Regierung würden sich nicht ausschliessen. «Man kann ja auch bei uns kritisch gegenüber der Bundesregierung sein und Deutschland trotzdem lieben.» Diesen Punkt scheine Özil aber «nicht verstanden zu haben». «Die Einladung eines Autokraten auszuschlagen wäre nicht respektlos gewesen. Es hätte Haltung gezeigt», sagte sie.
Paul Ziemiak (CDU), Vorsitzender der Jungen Union, warf Özil vor allem politische Naivität vor. «Niemand Vernünftiges will, dass Mesut Özil seine Herkunft verleugnet. Aber zu behaupten, dass ein Foto mit Erdogan – mitten im türkischen Wahlkampf – ohne politische Absichten entstanden sei, ist naiv», sagte er der «Bild».
Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.
An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.
Auch die Integrationsbeauftragte der deutschen Regierung, Annette Widmann-Mauz, will Özil nicht komplett aus der Verantwortung für sein Verhalten entlassen. «Bei allem Verständnis für die familiären Wurzeln müssen sich Spieler der Fussballnationalmannschaft Kritik gefallen lassen, wenn Sie sich für Wahlkampfzwecke hergeben», twitterte die CDU-Politikerin. Zugleich dürfe «diese berechtigte Kritik nicht in eine pauschale Abwertung» von Spielern mit Migrationshintergrund umschlagen, schrieb Widmann-Mauz.
Türkischer Justizminister: «Tor gegen faschistisches Virus»
Deutliche Unterstützung erhielt Özil hingegen von türkischen Regierungspolitikern. Sportminister Mehmet Kasapoglu schrieb am Sonntagabend auf Twitter: «Wir unterstützen die ehrenhafte Haltung unseres Bruders Mesut Özil von Herzen.»
Der türkische Justizminister Abdulhamit Gül gratulierte Özil, weil dieser mit seinem Rücktritt das «schönste Tor gegen den faschistischen Virus geschossen» habe.
Der Sprecher des türkischen Staatspräsidenten Recep Tayyip Erdogan, Ibrahim Kalin, begrüsste Özils Aussage, dass er den türkischen Präsidenten wieder treffen würde. Weiter schrieb er auf Twitter: «Aber stellen Sie sich vor, welchem Druck Herr Mesut in diesem Prozess ausgesetzt war. Wo sind Höflichkeit, Toleranz, Pluralismus geblieben...?!»
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch