
Er heisst Khvicha Kvaratskhelia. So schwierig es ist, seinen Namen zu schreiben, so schwierig ist es, ihn auf dem Platz zu stoppen. 22 ist der Georgier, Linksaussen bei einem Club, der nach dem grossen Erfolg dürstet.
Napoli ist sein Club, Diego Armando Maradona heisst das Stadion, das schon vor dreissig Jahren alt war. Und Kvaratskhelia erfährt die grösste Ehre, die einem Fussballer am Fuss des Vesuv zuteilwerden kann: Er wird Kwaradona genannt, in Erinnerung an den grössten Spieler, der je hier gespielt hat.
Kwaradona ist in Europa eine der grossen Entdeckungen der Saison, gekommen letzten Sommer für 11,5 Millionen Euro von Dinamo Batumi, und er steht für die Wiederauferstehung des italienischen Fussballs: Gleich drei Vertreter der Serie A haben den Einzug in die Viertelfinals der Champions League geschafft. Das liest sich wie zu Zeiten, als die Serie A als gelobtes Land des Fussballs galt und nicht als Krisenherd.
«Es wird Zeit, dass wir das Klischee vom schlechten italienischen Fussball ad acta legen», hat Luciano Spalletti darum jüngst trotzig festgehalten. Der Trainer, an der Seitenlinie gerne in Ballonseide unterwegs, ist der Vordenker einer Mannschaft, die auch dank des faszinierenden Stürmers Victor Osimhen mit Unbekümmertheit und Offensivgeist begeistert. Sie dominiert die heimische Liga und steht nun erstmals überhaupt in einem Viertelfinal der Königsklasse. Eintracht Frankfurt ist im Achtelfinal überfordert und verliert insgesamt 0:5.
In den letzten zehn Saisons war die Serie A viermal nicht mehr unter den letzten acht vertreten. Jetzt haben es nicht nur die Neapolitaner so weit gebracht, sondern auch Milan und Inter. Die beiden Mailänder Teams haben sich in den Achtelfinals mit klassischen italienischen Resultaten behauptet: jeweils mit einem 1:0 im Heim- und einem 0:0 im Auswärtsspiel.
Italien stellt im Viertelfinal so viele Teilnehmer wie England, Spanien und Frankreich zusammen. Frankreich ist nach dem Reinfall von Paris St-Germain gegen Bayern München gar nicht mehr vertreten. Spanien wird nur noch von Real Madrid repräsentiert, nachdem Barcelona, Sevilla und Atletico Madrid in der Gruppenphase gescheitert sind. Immerhin ist es Real, der Rekordsieger mit seiner Fähigkeit, unter Druck am stärksten zu sein. Der FC Liverpool hat das wieder zu spüren bekommen, wie bei den verlorenen Finals 2018 und 2022. Gegen Real büsst er für seinen Systemausfall vor drei Wochen in Anfield, als er demaskiert wurde und 2:5 verlor.
Tottenham kann gegen Milan nicht verbergen, dass es seit Wochen nicht im Hoch ist. Darum hat die Premier League schon einmal die Hälfte seiner Mannschaften verloren. Manchester City und Chelsea retten die Ehre dieser Liga, die so reich ist, dass ihre Clubs viel zu oft gedankenlos das viele Geld vom Fernsehen und ihrer reichen Besitzer aus dem Fenster werfen. 3,1 Milliarden haben sie allein diese Saison für Transfers ausgegeben. City führt Leipzig mit 7:0 vor, und Chelsea überfordert Dortmund mit seiner Wucht.
Für City kann das nur ein Zwischenschritt sein auf dem Weg, unter Pep Guardiola endlich den wichtigsten Titel im Clubfussball zu gewinnen. Für Chelsea ist der Erfolg eine Genugtuung, nachdem es im letzten halben Jahr 600 Millionen Franken für neue Spieler auf den Markt geworfen hat und in der Liga trotzdem im Mittelfeld feststeckt.
Die Bundesliga hat vier von fünf Teams verloren. Der FC Bayern ist übrig geblieben, und das ist wenig überraschend, weil er als einzige deutsche Mannschaft die Klasse hat, um die Champions League gewinnen zu können. Benfica Lissabon komplettiert das Feld im Viertelfinal, Benfica mit seiner grossen Geschichte in den 60er-Jahren. Längst hat es sich den Ruf verschafft, hochwertige Talente für die Clubs aus Madrid, München oder Manchester auszubilden. Die Mannschaft von Roger Schmidt mag nun ein Aussenseiter sein, ja, aber wer sie unterschätzt, begeht einen Fehler. Zu gut in Form ist sie diese Saison.
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Champions League – Kwaradona und die Wiederauferstehung der Serie A
Italien stellt gleich drei Teams in den Viertelfinals. Dafür enttäuschen die Grössen aus Spanien und England.