Nach Nein zur St. Gallerstrasse –Bauchef hält Ja zu Tunnel für «undenkbar»
Ein Bauchef, der überrascht ist vom Resultat, und Projektgegner, die keinen Crash verursachen wollen. Das abgelehnte Projekt an der St. Gallerstrasse wirft viele Fragen auf.

Thomas Furrer stand die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Der Bauchef hatte nicht damit gerechnet, dass das Strassenprojekt für den Teilabschnitt Knoten St. Gallerstrasse / Feldlistrasse vom Stimmvolk abgelehnt werden könnte. Furrer hatte daran geglaubt, dass die Vorteile des fliessenden Verkehrs von der Bevölkerung befürwortet würden – und, dass es dem Stadtrat gelungen war, die Diskussion von Strassenprojekt und Jona-Center zu trennen. Er wurde eines Besseren belehrt. Eine Mehrheit der Bevölkerung wolle offenbar lieber behalten, statt gestalten, resümiert Furrer. Das Ergebnis: ein Scherbenhaufen.
«Ein Ja zu Grossprojekten ist im heutigen Zeitgeist undenkbar. Entsprechend ist auch ein Ja zum Tunnel undenkbar.»
Am Sonntagnachmittag war seine Analyse spekulativ. Möglicherweise sei die Komplexität des Projekts zu gross gewesen, führte die Frage nach einem Kreisel an der Feldlistrasse zur Entscheidung, allenfalls aber hatte es auch an der Verkehrsführung von Bus und Velo gelegen. Man werde die «vielschichtige Frage» des Neins im Stadtrat analysieren. Unbestritten ist für die Exekutive von Rapperswil-Jona auch nach dem Nein, dass die Verkehrssituation beim Knoten Feldlistrasse/St. Gallerstrasse verbessert werden muss.
Resultat wie beim Tunnel
Der Ärger über das Nein zum Strassenprojekt ist für Furrer, das war am Sonntagnachmittag deutlich zu spüren, auch ein Ärger über den Kanton. «Wir müssen jetzt unbedingt ein Signal Richtung Kanton senden, dass Gesamtprojekte mit Etappierung schwierig sind.» Man müsse der Bevölkerung den grossen Horizont zeigen. Im Vorfeld der Abstimmung war bekannt geworden, dass die Anschlusspläne für die St. Gallerstrasse zwar existierten. Zeigen durfte Furrer die Pläne aber nicht, weil sie vom Kanton als «vertraulich» deklariert worden waren.
Das sagt Conradin Knabenhans, Redaktionsleiter Zürichsee-Zeitung Ausgabe Obersee, zum Ausgang der Urnenabstimmung in Rapperswil-Jona (Videokommentar). Video: Martin Steinegger
Sinnbildlich ist das Resultat der Abstimmung auch, wenn man in die Geschichtsbücher von Rapperswil-Jona blickt. 2011 wurde das damalige Tunnelprojekt mit ziemlich exakt dem gleichen Nein-Stimmen-Anteil – wenn auch bei höherer Stimmbeteiligung – abgelehnt. Gefragt nach der Zukunft des Tunnelprojekts antwortet Furrer klar und deutlich: «Ein Ja zu Grossprojekten ist im heutigen Zeitgeist undenkbar. Entsprechend ist auch ein Ja zum Tunnel undenkbar.» Während konkrete Projekte beim Tunnel noch Zukunftsmusik sind, sind die Fragen nach der weiteren Entwicklung der St. Gallerstrasse allgegenwärtig.
«Wir müssen nun mit dem Kanton schauen, ob wir die Projektierung vorantreiben wollen.» Offen sei etwa, ob das Nein das Konzept grundsätzlich infrage stelle. «Da die St. Gallerstrasse eine Kantonsstrasse ist, liegt der Ball nun vorerst beim Kanton», teilt der Stadtrat mit. Die Stadt werde ihren Beitrag zu einer baldigen Lösung im Rahmen des Möglichen leisten.
Stopp ist kein Crash
Den Rahmen der Möglichkeiten ausreizen will auch die IG Jona-Center – Stopp um Max Rechsteiner. Er betonte am Sonntag vor den Medien, seine IG würde sich zur Verfügung stellen, um mit Stadt, Kanton und dem Investor des Jona-Centers zusammenzusitzen und ihre Bedenken und Anliegen einzubringen. Dass die IG nur Obstruktion betreibe, aber keine Lösungen präsentiere, wie das Thomas Furrer der IG vorwirft, lässt Rechsteiner nicht gelten. «Wir wollen einen Stopp – das heisst aber noch lange nicht, dass wir einen Crash wollen.» Entsprechend sei es auch nicht anmassend, sich in die Diskussion von Verkehrsspezialisten einzumischen. «Wir wohnen seit Jahren hier und kennen die Situation.» Man wolle einzig und allein ein Verkehrsregime, das erträglich sei. «Die Stimme der Bevölkerung muss gehört werden.» Der Stadtrat habe dies in den vergangenen Jahren vernachlässigt.
«Wir wollen einen Stopp – das heisst aber noch lange nicht, dass wir einen Crash wollen.»
Bauchef Thomas Furrer geht davon aus, dass nun an der St. Gallerstrasse fünf Jahre lang nichts gehen werde. Der Kanton hat nach dem Nein wohl wenig Lust, das Projekt erneut aufzugleisen. «Ratzeputz muss es jetzt vorwärtsgehen», ist sich hingegen Rechsteiner sicher. Er wartet bereits jetzt auf einen Terminvorschlag der Stadt.
Zukunft des Centers ist offen
Schwierig einzuschätzen ist, was mit dem Jona-Center-Projekt von Investor Hans Nef passiert. Juristisch heikel ist die Frage, ob das Projekt auch ohne die Verkehrsentlastung gebaut werden kann. Als Nächstes würde die Referendumsvorlage für den Teilzonenplan aufgelegt, sagt Furrer. Ob das in der jetzigen Situation politisch geschickt sei, bezweifelt Furrer. Klar ist, dass die IG Jona-Center – Stopp die Gunst der Stunde genutzt hat und einen ihrer sechs grossen Einsprachepunkte gleich verwertet hat.
Alles steht und fällt nun also mit der Frage, was Hans Nef mit seinem Jona-Center-Projekt vorhat. Nef war am Sonntag für eine Stellungnahme nicht zu erreichen. Als hätte er das Abstimmungsergebnis vorausgeahnt, weilte er im Ausland.
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