Vorsicht bei Gellack-LampenMögliches Krebsrisiko bei der Maniküre
UV-Lampen, die bei der populären Gellack-Maniküre zum Einsatz kommen, können das Hautkrebsrisiko erhöhen. Das ist den wenigsten bewusst. Aber man kann sich schützen.

Möchten Sie lieber normalen Nagellack oder Gellack? Für die meisten Kundinnen im Nagelstudio ist die Antwort klar: Eine Maniküre oder Pediküre mit Gel- beziehungsweise Shellack kostet zwar meist ein paar Franken mehr, dafür hält die Farbe deutlich länger auf den Nägeln. Sie splittert nicht ab, ist kratzfest, und würde die Farbe nicht auswachsen, hätte man die ganze Sandalensaison hindurch perfekt lackierte Nägel.
Shellack wird genau wie normaler Nagellack in mehreren Schichten aufgetragen – mit dem Unterschied, dass er jeweils unter einer UV-Lampe ausgehärtet werden muss, also genau wie modellierte Gelnägel. Diese UV-Lampen sind jedoch potenziell gefährlich, wie eine neue Studie der renommierten University of California in San Diego zeigt.
Forscherin verzichtet auf Gellack-Maniküre
Bei langfristiger Anwendung sterben Hautzellen ab, die DNA wird beschädigt, und es entstehen Zellmutationen, was das Risiko von weissem Hautkrebs erhöhen könne, schreibt das amerikanische Forschungsteam. Wer sich alle zwei bis drei Wochen eine Shellack-Maniküre gönne, sei bereits davon betroffen; diese Häufigkeit deckt sich mit jener von Schweizer Nagelstudiobesucherinnen.
Die Co-Autorin der Studie, Maria Zhivagui, war früher selbst ein Fan von Gelmaniküren, weil der Lack beim ständigen An- und Ausziehen der Laborhandschuhe nicht leidet. «Als ich sah, dass die vom Gellack-Trocknungsgerät abgegebene Strahlung schon nach einer 20-minütigen Sitzung Zellen mutiert, fand ich das aber so alarmierend, dass ich beschloss, damit aufzuhören», erzählt Zhivagui.

Bei einer professionellen Mani- oder Pediküre hält man seine Nägel jedoch deutlich weniger als 20 Minuten unter ein solches UV-Gerät; je nach Dienstleistung betrage die Bestrahlungszeit zwischen 4 und 8 Minuten, sagt Iris Kuchler, Präsidentin von Swissnaildesign.ch, dem Berufsverband der Schweizer Naildesignerinnen und Nageldesigner. Sie nimmt die Ergebnisse der Studie gelassen. «90 Prozent der UV-Strahlen auf der Erde sind UVA-Strahlen. Daher ist die Gefahr für die Haut etwa so gross wie die Gefahr bei einem 5-minütigen Spaziergang an der Sonne», meint Iris Kuchler.
«Bereits bei einer 10-minütigen Bestrahlung stirbt im Durchschnitt eine von vier Zellen ab.»
Maria Zhivagui von der University of California in San Diego sieht das kritischer. «Erstens zeigten die Ergebnisse unserer Studie, dass bereits bei einer 10-minütigen Bestrahlung im Durchschnitt eine von vier Zellen abstirbt. Und zweitens ist die Bestrahlungsstärke des UV-Geräts, das wir für die Studie verwendet haben, viel niedriger als die mittlere Bestrahlungsstärke von UV-Geräten, die in Nagelstudios verwendet werden.» Das bedeute, dass je nach Gerät mehr Zellen absterben könnten, obwohl die Bestrahlungsdauer kürzer sei.
Andererseits sei die Verlockung, die Dauer zu überschreiten, gross, sagt Zhivagui. Immerhin seien Nagelstudios interessiert daran, dass die Farbe möglichst lang halte und die Kundinnen mit dem Resultat zufrieden seien. Also lässt man die Hände lieber ein wenig länger unter der Lampe.
Vorsicht bei Nagel-Kits für zu Hause
Für ihre Studie haben die Forscherin Maria Zhivagui und ihre Kollegen ein herkömmliches Gerät für den Privatgebrauch benutzt. Solche Kits für zu Hause sind auch in der Schweiz sehr beliebt. «Das Allerwichtigste ist, dass die Geräte nach EU- und nationalen Richtlinien zugelassen sind. Daher sollten UV/LED-Lampen über das Prüfsiegel CH oder CE verfügen», betont Iris Kuchler, Präsidentin von Swissnaildesign.ch.
«Viele Menschen wissen gar nicht, dass diese Geräte UV-Strahlung verwenden.»
Aber auch wenn die Geräte alle Produktsicherheitsvorgaben erfüllten, warnt die Forscherin Maria Zhivagui vor solchen Nagel-Kits. Die Gefahr, dass man diese UV-Geräte regelmässiger und länger benutze als vom Hersteller empfohlen, sei gross. Wer schon mal ein solches Maniküre-Set ausprobiert hat, weiss, dass in der Regel mehrere Anläufe nötig sind, bis das Resultat einigermassen an jenes aus dem professionellen Nagelstudio herankommt.
Weniger gefährlich als UV-Bräunungsgeräte
«Viele Menschen wissen gar nicht, dass diese Geräte UV-Strahlung verwenden», sagt Ralph Braun, Leitender Arzt der dermatologischen Klinik am Universitätsspital Zürich. Die Frage, ob diese Geräte Hautkrebs hervorrufen können, werde seit vielen Jahren kontrovers diskutiert. «In dieser neuen Studie konnte erstmals gezeigt werden, dass die UV-Aushärter unter Laborbedingungen das Erbgut von Zellen in Zellkulturen schädigen können. Diese Schäden können wiederum zu Hautkrebs führen», ordnet der Experte die neuen Erkenntnisse ein.
«Je nach Gerät entsprechen 10 Minuten unter einem UV-Aushärter in etwa der Dosis, der ein Arbeiter an einem Tag im Freien ausgesetzt sein darf.»
Die Frage sei nun, ob und wie weit man die Laborergebnisse auf die Haut des Menschen im richtigen Leben übertragen könne, sagt Ralph Braun. Er und seine Kolleginnen und Kollegen sehen häufig Fälle von hauptsächlich weissem Hautkrebs, die auf chronische UV-Exposition, also Lichtschädigung, zurückzuführen sind. «Allerdings strahlen selbst die stärksten UV-Nagelhärter-Geräte deutlich weniger stark als zum Beispiel UV-Bräunungsgeräte in Solarien. Deshalb ist auch das Hautkrebsrisiko als deutlich geringer einzuschätzen.»
Krebsrisiko bei Normalgebrauch sehr gering
Grundsätzlich gäben die UV-Nagelhärter mehr UVA-Strahlung ab als das Sonnenlicht, sagt Experte Braun. «Forscher haben herausgefunden, dass je nach Gerät 10 Minuten unter einem UV-Aushärter in etwa der
Dosis entsprechen, der ein Arbeiter an einem Tag im Freien ausgesetzt sein darf.» Es gebe jedoch sehr verschiedene Geräte mit unterschiedlichen UV-Quellen und -Stärken auf dem Markt. Es sei daher nicht möglich, eine allgemeine Aussage zu treffen.
Aufgrund der aktuellen Datenlage könne man davon ausgehen, dass das Hautkrebsrisiko, das von UV-Nagellampen ausgehe, bei normalem Gebrauch als sehr gering eingestuft werden könne. Braun kann sich an keinen einzigen Fall von Hautkrebs in Zusammenhang mit einer Maniküre erinnern. «Allerdings können zwischen dem Auslösen von Hautkrebs, also dem Zeitpunkt der Ergbutschädigung, und dem Auftreten von Hautkrebs oft viele Jahre liegen.»
Es seien weitere Untersuchungen nötig. Ralph Braun empfiehlt seinen Patientinnen, 20 Minuten vor der Maniküre eine Sonnenschutzcreme mit gutem UVA-Schutz aufzutragen. Ausserdem gibt es spezielle Handschuhe, bei denen die Fingerkuppen ausgespart sind. Sicher ist sicher. Für die Haut unter dem Nagel besteht derweil kaum eine Gefahr, da menschliche Nägel die UV-Strahlung fast komplett blockieren.
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