Misswirtschaft mit Spendengeldern betrieben
Das Bezirksgericht Zürich hat gestern einen aus Irland stammenden Geschäftsmann der Veruntreuung von Spendengeldern schuldig gesprochen. Er prellte Hilfswerke um mehrere Millionen Franken.

Gutes tun und damit selber Geld verdienen – so lässt sich die Geschäftsidee des irischen Geschäftsmanns Paul D. (Name geändert) zusammenfassen. Mit einer Internetplattform, die ihren Sitz seit 2012 in der Schweiz hatte, wollte er online Spenden für Hilfswerke einsammeln und an diese weiterleiten. Für seine Dienstleistung stellte er eine Provision von 5 bis 7,5 Prozent der gespendeten Beträge in Rechnung.
Die Rechnung ging nicht auf – die Spendenumsätze waren viel zu tief, um die jährlichen Kosten des Unternehmens in der Höhe von rund 2 Millionen Euro mit den Provisionseinnahmen zu decken. Dafür wären jährlich Spenden in der Höhe von rund 25 Millionen Euro nötig gewesen. Von 2015 bis 2017 wurden aber nur Umsätze von 6 bis 11 Millionen erreicht.
Firmenausgaben mit Spendengeldern bezahlt
Und so ging der Geschäftsführer dazu über, die Geschäftsausgaben mit Spendengeldern zu bezahlen. Die Überweisung der Spendengelder an die gemeinnützigen Organisationen verzögerte sich dadurch immer mehr. Mit den neu einbezahlten Geldern wurden die jeweils dringendsten Rechnungen und Forderungen beglichen. In der Anklageschrift wird dies als schneeballsystemartiger Teufelskreis bezeichnet.
Ab 2015 häuften sich die Reklamationen von Hilfswerken, dass ihnen die einbezahlten Spendengelder nicht wie vereinbart innert 30 Tagen überwiesen würden. Paul D. hoffte wohl, dass bald viel mehr Spenden eingehen würden.
Am 22. Dezember vergangenen Jahres wurde er am Flughafen Zürich verhaftet. Seither sass der bis dahin unbescholtene und in seinem Heimatland vor Jahren mit einem Unternehmerpreis ausgezeichnete Mann zuerst in Untersuchungs- und dann in Sicherheitshaft.
Ins Visier der Strafermittler geriet der Verwaltungsratspräsident und Geschäftsführer der Spendenplattform aufgrund einer Anzeige der Internationalen Föderation der Rotkreuz- und Rothalbmond-Gesellschaften (IFRC). Diese arbeitete mit D.s Unternehmen zusammen und beklagte seit längerem grössere ausstehende Geldbeträge. Die Forderungen belaufen sich auf über 1,7 Millionen Franken. Gemäss dem gestrigen Urteil des Bezirksgerichts Zürich schuldet Paul D. verschiedenen gemeinnützigen Organisationen umgerechnet rund 4,4 Millionen Franken.
Nicht in den eigenen Sack gewirtschaftet
Der Prozess gegen den Unternehmer erfolgte im abgekürzten Verfahren. Paul D. war geständig und akzeptierte den von der Staatsanwaltschaft ermittelten Sachverhalt sowie deren Urteilsvorschlag. Das Gericht bestätigte gestern die Freiheitsstrafe von drei Jahren, wovon zwei Jahre auf Bewährung ausgesprochen werden. D. wird das Gefängnis somit voraussichtlich am 22. Dezember dieses Jahres verlassen können. Zudem wird er für fünf Jahre des Landes verwiesen und anerkennt die Zivilforderungen der geprellten Hilfswerke.
Bei der Strafzumessung hielt das Gericht dem Geschäftsmann zugute, dass er sich nicht persönlich bereichert hatte. Allerdings hat er die defizitäre Firma viel zu lange weiterbetrieben, was ihm zusätzlich eine Verurteilung wegen Konkursverschleppung einbrachte. Gemäss Anklageschrift hätte das Unternehmen bereits 2013 die Bilanz deponieren müssen. So wäre der Schaden wesentlich geringer ausgefallen.
Paul D. gelangte gemäss Berichten irischer Medien um die Jahrtausendwende durch den Verkauf eines von ihm aufgebauten Unternehmens zu viel Geld – welches er mit seinem nächsten Projekt in den Sand setzte. Wovon er zukünftig leben wolle, fragte der Richter gestern den erneut gescheiterten Geschäftsmann, der bald das Pensionierungsalter erreichen wird: «Ich weiss es nicht», antwortete dieser.
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