Die SBB weigern sich, den Lärm der Schnarchzüge zu messen
Anwohner sowie die Gemeinde Meilen möchten Klarheit darüber, wie viel Lärm die stehenden Zugskompositionen beim Bahnhof Herrliberg-Feldmeilen verursachen. Die SBB finden dies unnötig.

Ein grosses Fest liessen die SBB am Sonntag im Bezirk Meilen steigen: Die rechtsufrige Eisenbahnlinie hatte vor 125 Jahren ihren Betrieb aufgenommen. Beim Bahnhof Herrliberg-Feldmeilen, wo unter anderem ein Dampfzug haltmachte, war allerdings nicht allen zum Feiern zumute. Denn Anwohner klagen seit einiger Zeit über den Lärm, den dort abgestellte Zugskompositionen verursachen.
Auslöser dafür war der Bau des Wendegleises, das seit Juni die Durchfahrt der neuen S20 ermöglicht. Auf diesem wird jeweils die S16 abgestellt, bevor sie die Rückreise nach Zürich antritt. Sie blockiert damit nicht mehr den Weg für durchfahrende Züge. Das Verschieben der Kompositionen auf das zusätzliche Gleis sei zu laut, monieren jedoch viele Anwohner. Zudem würden Klimaanlagen, Ventilatoren sowie Kompressoren der Bremsen störende Geräusche verursachen, weshalb oft von «Schnarchzügen» die Rede ist.
Lieber nur berechnen
Das Thema hat auch Gemeindepräsident Christoph Hiller (FDP) in seiner Ansprache zum Bahnjubiläum aufgegriffen. Von den SBB forderte er, sie sollten sich des Problems annehmen. Zuvor schon hatte er diesbezüglich SBB-Chef Andreas Meyer angeschrieben. Mittlerweile liegt – wohl unabhängig von der Rede, da sich der Brief mit den Feierlichkeiten gekreuzt haben dürfte – eine Antwort vor. Dies bestätigt Christoph Hiller auf Anfrage.
Die Stellungnahme, verfasst von der dafür zuständigen Abteilung, dürfte die lärmgeplagten Anwohner jedoch wenig ermutigen. Zum einen hatte der Gemeindepräsident von den SBB verlangt, sie sollten die Lärmimmissionen messen. Gemäss der Bundesgesetzgebung reicht es jedoch, diese nur zu berechnen. Darauf stützen sich auch die SBB in ihrer Antwort. Man bezweifle, ob eine Messung Klarheit schaffen würde. Hiller sieht dies anders. «Berechnungen sind immer theoretisch», sagt er. «Messungen hingegen würden Aufschluss darüber geben, wie gross die Lärmbelästigung tatsächlich ist.»
«Messungen würden Aufschluss darüber geben, wie gross die Lärmbelästigung tatsächlich ist.»Christoph Hiller (FDP), Gemeindepräsident von Meilen
Weiter monieren Anwohner wie die Gemeinde, dass die S16 auch tagsüber auf dem Wendegleis abgestellt wird, das näher bei den Wohnquartieren liegt als die anderen Gleise beim Bahnhof. In einer Medienmitteilung anlässlich der Einführung der S20 hatte es einmal geheissen, die S16 würde dann auf dem Wendegleis geparkt, wenn die neue Linie in Betrieb sei. Dies ist morgens viermal und abends dreimal der Fall, da die Linie vorab nur als Entlastungszug konzipiert ist. Die übrige Zeit, das war die Hoffnung der Anwohner, würde die S16 wie bisher im Bahnhof selber auf ihre Rückfahrt warten. Davon wollen die SBB aber nichts wissen. Sie weisen darauf hin, dass dies in der öffentlichen Auflage nicht so vorgesehen war. Die Medienmitteilung wäre demnach missverständlich abgefasst gewesen.
Wie reagiert die Gemeinde auf die ablehnende Haltung der SBB? Sie wolle über die Sachlage umfassend orientiert sein und sei an einer einvernehmlichen Lösung interessiert, sagt der Gemeindepräsident. Derzeit läuft ein Rechtsverfahren, das fünf Anwohner beim Bundesamt für Verkehr (BAV) angestrebt haben. Bei dem sogenannten Anstandsverfahren ist die Gemeinde nicht Partei. Der Gemeinderat hat aber beim BAV beantragt, beigeladen zu werden, und empfohlen, eine Begehung vor Ort durchzuführen. Das BAV hat den Antrag gutgeheissen, wie Hiller berichtet. Es werde eine Delegation des Gemeinderats zu gegebenem Zeitpunkt zum Ortstermin einladen.
Austausch mit Gemeinde
Die SBB betonen auch gegenüber dieser Zeitung, dass sie Messungen zum jetzigen Zeitpunkt nicht als zielführend erachte. Die Lärmbeurteilung, welche sie aufgrund der Berechnungsmodelle erstellt hätten, seien sowohl vom Bundesamt für Umwelt als auch vom BAV anerkannt, schreibt Mediensprecherin Ottavia Masserini auf Anfrage. «Wir stehen allerdings mit den Vertretern der Gemeinde im Austausch und werden das weitere Vorgehen gemeinsam besprechen.»
Weiter betonen die SBB, dass die S16 aus ihrer Sicht immer auf dem Wendegleis und nicht wie von den Anwohnern gefordert teils im Bahnhof selber wenden soll. «Dies dient dazu, dass der Fahrplan am ganzen rechten Zürichseeufer und am Bahnhof Stadelhofen pünktlich und zuverlässig abgewickelt werden kann.»
Erstellt: 02.10.2019, 21:14 Uhr
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