Der Fieseler Storch fliegt wieder
1946 wurde mit Flugzeugen des Typs Fieseler Storch die erste alpine Luftrettung durchgeführt. Heute kümmert sich ein Oetwiler Verein um eine der Originalmaschinen.
Stolz reckt das Flugzeug seine Nase mit dem matt-silbrigen Propeller in die Luft. Es ist leicht gebaut, wirkt elegant mit seinem schmalen Rumpf und den langen Tragflächen. Gekleidet ist es in ein dunkles Petrolgrün. Die Unterseiten der Flügel schimmern hellblau, nur durchbrochen von einem Schweizerkreuz. Die A-97 des Typs Fieseler Storch (Fi 156), die in einem Hangar der Airbase Dübendorf steht, hat Luftfahrtgeschichte geschrieben.
Bei der Maschine handelt es sich um eines von zwei Flugzeugen dieses Typs, die am 24. November 1946 auf dem Gauligletscher im Berner Oberland gelandet sind: ein waghalsiges Manöver, um zwölf verunfallte Amerikaner zu retten, die mit einem Transportflugzeug in der verschneiten Einöde abgestürzt waren (siehe Kasten). Obwohl der Fieseler Storch prädestiniert ist für Landungen und Starts auf kurzen Pisten, wusste damals niemand, ob die Flugzeuge wieder würden abheben können. Die Rettungsaktion gilt als Auftakt der alpinen Flugrettung weltweit.
Eingefleischte Aviatiker
An die Unfallstelle soll der Fieseler Storch bald zurückkehren – zumindest wenn das Wetter mitspielt. Am 13. Mai startet das Originalflugzeug erneut vom Flugplatz Meiringen aus, um auf gut 3000 Metern über Meer in Eis und Schnee zu landen. Ein Jubiläumsflug, der fristgerecht eigentlich schon im November hätte erfolgen sollen, wegen der Witterung aber verschoben werden musste. «Die Winde waren zu stark, es herrschte Haslitaler Fön», erklärt Reiner Vondruska. Er ist Präsident des Vereins Freunde des Fieseler Storchs, der seinen Sitz in Oetwil hat.
Grund für den Standort ist, dass Vereinsgründer Vondruska vor seiner Pensionierung Inhaber einer Handelsfirma in der Gemeinde war. «Es ist ein schöner Zufall, dass der Storch zugleich Wappentier der Gemeinde Oetwil ist», sagt er. Die Freunde des Fieseler Storchs sind eine Truppe eingefleischter Aviatikliebhaber. Wer sich um die Mitgliedschaft bemüht, sollte den Pilotenschein in der Tasche haben – einige der «Freunde» sind sogar ehemalige Swissair-Piloten.
Der Verein hat die Betreuung mehrerer Fieseler Störche übernommen; die Mitglieder fliegen diese zudem regelmässig. Eigentümer des Flugzeuges A-97 ist aber weiterhin der Bund. Wir machen das, damit auch künftige Generationen sehen, in welchen Maschinen ihre Grossväter geflogen sind», legt Vondruska die Beweggründe zur Vereinsgründung dar. Die Mitglieder seien Konservatoren in einer guten Sache.
Vom Verkehrshaus in die Luft
Den Übernamen Storch erhielt das Flugzeug, das auf einer Idee des Kunstflugweltmeister Gerhard Fieseler beruht, wegen seines Äusseren. Um möglichst flexibel landen und starten zu können, haben die Maschinen ein mit Stossdämpfern versehenes Fahrwerk von beträchtlicher Länge. «Das sieht beim Fliegen aus wie die langen Beine eines Storchs», erklärt Vondruska. In den 30er-Jahren wurden in den deutschen Fieselerwerken 2900 Flugzeuge produziert – 40 sind heute noch übrig. Die Dreisitzer waren während des Zweiten Weltkrieges als Erkundungsflugzeuge im Einsatz. Beim Jubiläumsflug sitzen allerdings nicht die Vereinsmitglieder, sondern speziell ausgebildete Gebirgspiloten hinter dem Steuerknüppel. Ob der Storch am 13. Mai tatsächlich abhebt, klärt sich erst im letzten Moment. «Die Mannschaft prüft vorher die Schneeverhältnisse auf dem Gauligletscher», sagt Reiner Vondruska. Sicherheit ist beim Jubiläumsflug das oberste Gebot.
Um die Original-Maschine wieder flugtauglich zu machen, war eine Generalüberholung in Polen notwendig, bei der zahlreiche Teile ersetzt werden mussten. So waren die Tragflächen oder etwa auch die Skier, mit denen der Storch im Schnee landen kann, ursprünglich aus Holz. Neu sind diese aus Kohlenfaserstoff. «Die alten Teile werden alle in einer Kiste aufbewahrt», erklärt Vondruska. Wenn die Maschine dereinst gegroundet werde, würden sie wieder eingebaut. Vor ihrem Comeback am Himmel führte die A-97 ein geruhsameres Dasein: Sie wurde im Verkehrshaus Luzern ausgestellt.
Langsames Flugzeug
Wer den Jubiläumsflug des Storchs verfolgen will, hat auf dem Flugplatz Meiringen am 13. Mai Gelegenheit dazu. Der Jubiläumsflug findet im Rahmen der Nostalgieflugtage statt und wird auf einer Leinwand live übertragen.Doch wie fühlt es sich eigentlich an, im Cockpit des Fieseler Storchs zu sitzen? Einer der es wissen muss, ist Kurt Waldmeier, CEO der Dübendorfer Airforce Base. «Es ist fantastisch, der Fieseler Storch steht für Entschleunigung: Es fühlt sich fast an wie in einem Lastwagen», urteilt er und wirft einen liebevollen Blick auf den Oldie, der im Hangar seines Flughafens steht.
Landung auf dem Kanderfirn Gletscher
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch