Das ist ein Job für Unerschrockene
Von den steilen Felswänden im Küsnachter Tobel droht in diesen Tagen wieder einmal Ungemach in Form von Steinschlag. Zwischen zwei Absperrungen stehen Felstechniker im Einsatz, um die Wegstrecke wieder sicher zu machen.
Über rund acht Kilometer erstreckt sich das Küsnachter Tobel als ein Stück nahezu unberührter Natur vom Tobelweg her bis hoch hinauf in Richtung Forch. Links und rechts des Dorfbachs erheben sich imposante Felswände. Der dichte Wald schliesst die Umgebung fast hermetisch ab. Mit ein wenig Fantasie entsteht der Eindruck, man befinde sich in einer Wildnis. Nicht alles nimmt im Tobel gegenwärtig jedoch seinen gewohnten Lauf. Bei Kilometer 2 ist der schmale Waldweg abgesperrt. Rund 200 Meter entfernt befindet sich die obere Abschrankung. «Felsreinigung Küsnacht, Tobel gesperrt vom 29.–31. 3», steht auf einer Tafel geschrieben. Ein Spaziergänger mit Hund nimmt davon Notiz und macht rechtsumkehrt.
«So ein Tobel wie in Küsnacht ist eine lebendige Sache.»
«Felsreinigung» tönt einigermassen harmlos – in Tat und Wahrheit erledigen zwei Arbeiter weit oben in einer Felswand einen schwindelerregenden Job. Gesichert sind die beiden Helmträger an Seilen, daneben hängen Schläuche, die vom Kompressor zu Presslufthämmern führen. Mit dem lauten Werkzeug bohren sie in die Felswand. Rasch löst sich Gestein in Form von Geröll, aber auch grössere Brocken fallen in die Tiefe auf das abgesperrte Wegstück.
Gelernter Bergführer
Hansueli Klossner, einer der Hochseil-Schwerarbeiter, gönnt sich eine Pause. «Eigentlich bin ich Bergführer», sagt der Berner Oberländer. Zu klettern sei er sich gewohnt. Weitergebildet hat er sich zum Felstechniker. Dieser Job sei körperlich extrem hart und eigne sich nur für Unerschrockene. Seit Mittwoch steht er in Küsnacht im Einsatz. Erst musste am Grat oben das Wurzelgestein mit dem Pickel entfernt werden. Von oben nach unten führt der weitere Arbeitsweg, bis zu den Stellen, wo sich grössere Felsplatten gelockert haben. «Wir spitzen dort die äussersten Schichten weg.» Die genaue Vorgehensweise spricht er mit einem Geologen ab. Nun bespricht sich Klossner mit Caspar Maag, Leiter Strassenunterhalt in Küsnacht, und dessen Stellvertreter Thomas Bakker. Die beiden Gemeindevertreter orientieren sich regelmässig vor Ort über den Stand der Arbeiten. Die Gemeinde war es auch, die den Auftrag der Felsreinigung vergab, als vor rund einem Monat die Risse an den Felsplatten unübersehbar waren. «Der kalte Winter ist schuld daran», sagt Maag. «Gefrorenes Wasser hat die Felswand ausgedehnt.»
Erinnerungen an Felssturz
«Rund 40 Kubikmeter Geröll und Steinbrocken werden schliesslich abgetragen», sagt Maag weiter. Am heutigen dritten Arbeitstag kommen Bagger, Muldenkipper und Lastwagen für den Abtransport zum Einsatz. In einer Deponie wird das Material wieder zu Kies verarbeitet. Läuft alles nach Plan, wird die Sperre heute um 17 Uhr aufgehoben und werden die Hinweisschilder wieder entfernt. «Davon ist auszugehen», sagt Maag.
«Rund 40 Kubikmeter Geröll und Steinbrocken werden abgetragen.»
Ob das Küsnachter Tobel fortan vor Naturgewalten geschützt ist, ist jedoch keineswegs sicher. Denn vor fast genau vier Jahren geschah, was im Dorf als «Küsnachter Felssturz» in Erinnerung geblieben ist.
Die jährliche geologische Untersuchung nach Rutschungen und möglichen Steinschlägen war eine Woche zuvor abgeschlossen worden, als am 23. April 2013 im oberen Teil des Tobels ein im Durchmesser rund sechs Meter grosses Teil einer Felsnase abbrach und zu Tale stürzte. Zu Schaden kam glücklicherweise niemand. Der Riesenbrocken steht immer noch dort, wo er liegengeblieben ist, und trägt mittlerweile den Namen «Drachenkopf».
«So ein Tobel wie in Küsnacht ist eine lebendige Sache», meint Maag zum damaligen Geschehen und zollt der Natur Respekt. «Nach bestem Wissen und Gewissen lässt sich trotzdem sagen, dass die Sicherheit gewährleistet ist.»
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