Das grosse Schweigen zum Aderlass
Wird die Unternehmenssteuerreform III am 12. Februar angenommen, fallen die Gewinnsteuererträge tiefer aus. Das Minus beträgt in einigen Gemeinden mehrere Millionen Franken. Darüber informiert wird aber erstaunlicherweise kaum.

An Gemeindeversammlungen wird schon um viel geringere Summen heftig diskutiert. Nicht so bei der Unternehmenssteuerreform III (USR III), die in den Gemeinden tiefe Löcher reisst. Adliswil und Horgen werden durch die markant gesenkte Unternehmens-Gewinnsteuer gemäss Berechnung fast 5 Millionen Franken einbüssen. In Wädenswil sind es über 2,5 Millionen, in Thalwil 1,8 und Richterswil 1,6 Millionen. Auch am rechten Ufer führt die USR III zum Aderlass: Stäfa 1,67 Millionen, Zollikon 1,6, Küsnacht 1,47, Meilen und Männedorf je 1,35. In Stäfa entspricht dieser Ausfall 3 Steuerpozent, in Oetwil gar 7,5.
Trotz Stützmassnahmen über den kantonalen Finanzausgleich werden die 23 Gemeinden in den Bezirken Horgen und Meilen fast 30 Millionen Franken gegenüber den heutigen Erträgen aus der Unternehmens-Gewinnsteuer verlieren. Für die Gemeinden im Linthgebiet liegen solch konkrete Zahlen noch nicht vor. Aber auch dort wird mit Mindersteuererträgen von mehreren Millionen Franken gerechnet.
Überregional und zu unklar
Ob dieser Zahlen erstaunt die Gelassenheit der Exekutiven vor der Abstimmung vom 12. Februar. Kaum eine informierte aktiv die Stimmbürgerschaft, was USR III kostet. Keine einzige gibt eine Stimmempfehlung ab, wie eine Umfrage bei den 33 Gemeinden in der Region Zürichsee ergab.
Der Eschenbacher Gemeindeschreiber Thomas Elser nennt den meist genannten Grund, die übergeordnete Abstimmungsebene: «Der Gemeinderat greift im Hinblick auf die Abstimmung über die Unternehmenssteuerreform III – wie bei eidgenössischen Abstimmungsvorlagen üblich – nicht ins Geschehen ein.» Für den Zumiker Gemeindeschreiber Thomas Kauflin ist zu viel Ungewissheit im Spiel, als dass der Gemeinderat fundiert informieren oder eine Empfehlung abgeben könnte: «Es ist nicht ganz klar, wie die Vorlage im Kanton Zürich umgesetzt werden wird. Damit sind auch die effektiven Konsequenzen für die Gemeinden noch nicht klar.»
Bernhard Elsener (CVP), Gemeindepräsident in Rüschlikon findet einen weiteren Grund: «Die Schwankungen im Steuerertrag der Gemeinde betragen etwa 1,5 Prozent und sind nicht derart gross, dass sich eine Stellungnahme aufdrängt.»
Notfalls Steuerfuss erhöhen
Wo der Gemeinderat eine Beurteilung abgab, dann meist weil die SP-Ortssektion oder Parteimitglieder eine Anfrage stellten. In Horgen antwortete zum Beispiel der Gemeinderat an der Gemeindeversammlung vom 8. Dezember: «Der Anteil an juristischen Personen am Total ist äusserst volatil und betrug vor 20 Jahren 23 Prozent. 2004 machte er einen Taucher auf 9 Prozent, im Rechnungsjahr 2015 lag er bei 33 Prozent.» In Hombrechtikon hiess es an der Gemeindeversammlung: «Der Anteil an den Steuereinnahmen variierte in den letzten 20 Jahren zwischen 3,8 bis 15,5 Prozent.» Horgen, wo die geschätzten Ertragsausfälle mit 3,5 Steuerprozenten beziffert werden, betrachtet es als wichtig, «dass wir unsere Unternehmen, die Arbeitsplätze zur Verfügung stellen und auch weiterhin beträchtliche Steuern zahlen, halten können». In Hombrechtikon geht es um 1,22 Millionen Franken Ausfall, was rund 4 Steuerprozent entspricht. Dort sorgt man sich um die gesamte Finanzlage. Mehrausgaben und Mindereinnahmen müssten durch Leistungskürzungen kompensiert werden. Gelinge dies nicht, «wird Hombrechtikon nicht umhin kommen, Erhöhungen des Steuerfusses in Erwägung zu ziehen», hiess es.
Private Meinung klar trennen
Während sich die Stadt- und Gemeinderäte in corpore mit Informationen und Stellungnahmen in Zurückhaltung üben, gibt es vereinzelte Mitglieder, die sehr wohl klar Position beziehen. In Küsnacht, Oberrieden und Wädenswil sind die Gemeinde- und Stadtpräsidenten im Komitee pro USR III vertreten.
Das dürfen sie auch, wie es unisono aus den Gemeinden heisst. Die Mitglieder seien frei in ihrem Bekenntnis für oder gegen eine überregionale Vorlage. Gemeindeschreiber Beat Deubelbeiss (Hirzel) sagt, «dass grundsätzlich die Meinungsäusserungsfreiheit gilt». Für Gemeindepräsident Peter Hüppi (SP, Gommiswald) ist der Zusatz entscheidend: «Sofern sie die Meinung als Privatperson und nicht als Meinung des Gemeinderates vertreten ist keine Autorisation nötig.» Das hält der Horgner SP-Gemeinderat Hans-Jakob Riedtmann für illusorisch: «Als Exekutivmitglied ist man nie einfach Privatperson.»
Stadtschreiber Hansjörg Goldener (Rapperswil-Jona) präzisiert: «Wenn der Stadtrat einen Entscheid fällt, sind die Ratsmitglieder daran gebunden respektive sollen keine individuellen Stellungnahmen abgegeben.» Gemeindepräsident Elsener (Rüschlikon) hält vielleicht auch aus diesem Grund «eine gewisse Zurückhaltung» für angesagt. Dennoch gilt auch für ihn: «Falls ein Gemeinderat als Privatperson in einem Komitee mitmachen will ist dies ohne Autorisierung möglich.» Urs Mettler, Gemeindepräsident in Uetikon (parteilos) hält eine Vorinformation der Ratskolleginnen und -kollegen für angemessen, «wenn aktiv, zum Beispiel in Zeitungsinseraten für oder gegen eine Vorlage geworben wird». Nur in Oetwil muss ein allfälliges persönliches Engagement eines Gemeinderatsmitglieds von der Gesamtbehörde abgesegnet werden, wie die Umfrage der ZSZ ergab.
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