Künstler der Gegenwart interpretieren Rüeschliker Meister des Stillebens neu
Was löst der 1977 verstorbene Rüschliker Maler Werner Weber bei heutigen Künstlern aus? Eine Ausstellung im Brahmshaus gibt die Antwort – auf fünf verschiedene und individuelle Arten.
Bedrohliche Science-Fiction. Leben im scheinbar Unbelebten. Im Licht schimmerndes Glasgeschirr. Der Lauf der Vergänglichkeit und Frühlingserahnen: Es sind dies Themen, die fünf Kunstschaffende aus Rüschlikon in unlängst entstandenen Bildern umgesetzt haben. So unterschiedlich die Motive auch sind – die Inspirationsquelle ist bei allen dieselbe: Der Maler Werner Weber.
Von 1937 bis zu seinem Tod 40 Jahre später hat er in derselben Gemeinde wie sie gewohnt – und zwar in dem Haus, in dem sie nun ihre durch ihn beeinflussten Bilder ausstellen: Im Brahmshaus an der Säumerstrasse, benannt nach einem kurzen Aufenthalt des Komponisten Johannes Brahms. «Wir hatten die Idee, das Schaffen von Weber, das ans 19. Jahrhundert erinnert, Künstlern von heute entgegen zu setzen», erklärt Roland Wächter, Stiftungsrat der Werner-Weber-Stiftung, die sich seit 1983 um das Vermächtnis von Weber kümmert.
Konkret heisst dies, dass er und der Vizepräsident der Stiftung, Eberhard Polatzek, fünf Rüschliker Malerinnen und Malern die Aufgabe stellten, auf ein Bild von Weber zu reagieren – mit einem eigenen Werk. Dabei hätten er und Polatzek darauf geachtet, dass fünf verschiedene Altersstufen und Stile repräsentiert seien.
Weg von der Idylle
Der Jüngste von ihnen ist der 35-jährige Andri Eberhart. Wie seine vier Kollegen konnte er frei wählen, welchem Bild Webers er entgegnen möchte. Spontan habe ihn das Ölbild «Palma di Mallorca» für die eigene Interpretation inspiriert, sagt er. Zeigt das Gemälde von Weber eine beschauliche Stadt ohne viel Regung, so ist jenes von Eberhart weitaus bewegter – und beunruhigender. Ein spinnenartiges Monstrum krallt sich in Häuser und Kirchen und lässt diese in sich zusammensacken. «Ich möchte damit ausdrücken, wie sich Science-Fiction und Realität immer mehr vermischen», sagt der gelernte Grafiker, und meint damit den zunehmenden Eingriff von Robotik und Digitalisierung in unser tägliches Leben. Die Darstellung idyllischer Landschaften trete dabei in den Hintergrund.
Auf andere Art surreal wirkt, was Katharina Giger Riedo aus Webers «Pappeln bei Sargans» gemacht hat. Leben, das auf den ersten Blick nicht vorhanden zu sein scheint, habe sie gesucht und herausgeholt: Die Pappeln werden in ihrer Interpretation zu Figuren mit Gesichtern. Das Acrylgemälde unterscheidet sich stark von ihrer übrigen Kunst, die sich durch das Auftragen mehrerer Schichten von Farben und Materialen charakterisiert. Dabei geht es ihr auch darum, in der Abstraktion Verletztes zu zeigen. Denn: «Nicht alles ist so schön wie bei Weber.»
Stillleben im Heute
Abstrakt ist auch die Reaktion von Ursula Rudack auf Webers Temperabild «Schwertlilien». Während dieses die Blumen stilisiert, aber detailgetreu wiedergibt, führt Rudack das Pflanzenmotiv weiter, indem sie sich auf den Aspekt des Spriessens konzentriert: durch ein Geäst bunter Linien mit knospenhaften Andeutungen. «Ich abstrahiere Reelles»: Dieser Satz könnte – bezogen auf das genannte Werk – zwar von Rudack stammen; die ihn äussert, ist indes die 71-jährige Liliana Leins. Sie hat sich dem Ölbild «Birnen in Zinnschale» von Weber angenommen. «Mich interessiert nicht so sehr das Motiv, sondern vielmehr der Maler Weber», kommentiert sie. Seine Art zu malen verschwinde, dies wolle sie mit einer Trilogie an Drucken zeigen. In einem aufwändigen Verfahren hat sie das Original auf Kreide kopiert, wobei der Abzug von Mal zu Mal schwächer wird.
Ganz im Konkreten verortet ist schliesslich Rosmarie Gräfleins Kunst. In ihrem Aquarellbild führt sie die Lichtreflexe weiter, die sie bei Webers Stillleben «Blaues Glas mit Büchern» beeindrucken. Ganz anders als Andri Eberhart und Katharina Giger möchte sie in ihren Bildern vorab das Schöne zur Sprache bringen. Alle fünf Künstler geben nebst ihrer Reaktion auf Weber mit einer Reihe anderer Bilder Einblick in ihr Schaffen.
Vernissage der Ausstellung: Freitag, 5. Mai, 19.30 Uhr in der Gartenhalle Nidelbad. Die Ausstellung im Brahmshaus (Säumerstrasse 45, Rüschlikon) dauert bis 28. Mai und ist jeweils Samstag und Sonntag von 11 bis 16 Uhr geöffnet.
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