Champions League: PSG - Man CityKrisengespräch zwischen Mbappé und Neymar
Der zuletzt schmollende Lionel Messi kehrt pünktlich zum Duell mit Manchester City bei PSG zurück – doch der Disput der anderen Ausnahmestürmer überschattet die gute Nachricht.

Am Montagnachmittag sass Mauricio Pochettino im Auditorium des Prinzenparkstadions von Paris, und der argentinische Trainer von Paris Saint-Germain bemühte sich nicht nur, entspannt zu wirken. Er war es wohl auch.
Pochettino scherzte über die beeindruckenden Fähigkeiten seines Übersetzers, der keine Probleme hatte, einen gefühlt zehnminütigen Monolog des PSG-Mittelfeldspielers Ander Herrera aus dem Spanischen ins Französische zu übersetzen: «Er hat eine Gehaltserhöhung verdient!», sagte Pochettino und rätselte, ob der Dolmetscher womöglich früher als Geheimagent tätig war, «als 007». Er scherzte auch über sich selbst, als er sich für das gute Englisch lobte, das er als früherer Tottenham-Trainer noch an den Tag legen kann: «Mich lobt ja keiner», juxte er, er kriege immer nur Prügel. Was so nicht stimmt, aber egal: Es ging ihm erkennbar darum, den Medien eine Normalität vorzuspielen, die in der Öffentlichkeit und auch hinter den Kulissen wohl eher nicht existiert.
PSG ist eine tägliche Soap, seit Jahren schon. Und jetzt erst recht, da sich so gut wie alles um «MNM» dreht, um das Angriffstrio aus Lionel Messi, Neymar jr. und Kylian Mbappé. Am Dienstag empfangen sie Manchester City zum Spitzenspiel der Champions-League-Gruppe A, doch die Debatten kreisten nicht um das Duell der Strategen – Pochettino nannte seinen City-Kollegen Pep Guardiola den «besten Trainer der Welt» – oder andere fussballerische Dinge. Und nicht einmal um Lionel Messi, 34, der wieder ins Kader gerutscht ist, nachdem er zuletzt, angeblich wegen einer Verletzung oberhalb des Knies, zweimal hatte aussetzen müssen. Messi dürfte von Beginn an spielen, auch wenn Pochettino das nicht bestätigen wollte. Worum es also vor allem ging? Um eine Begebenheit, die sich am Wochenende beim 2:0 im Ligaspiel gegen Montpellier zugetragen hatte. An einem Ort, der zum heissesten Ort der französischen Hauptstadt zu werden scheint: auf der Ersatzbank von PSG.
Mbappés Lippen formen das Wort «Clochard»
Vor Wochenfrist hatten die Kameras aufgezeichnet, wie Messi sauer über seine Auswechslung war, die Bilder gingen um die Welt und liessen daran zweifeln, dass die Verletzung Messis wirklich ursächlich war für zwei Spiele Pause. Diesmal waren die Objektive auf Kylian Mbappé gerichtet, den französischen Weltmeister von 2018. Auch Mbappé beschwerte sich. Aber nicht darüber, dass Trainer Pochettino seinen Arbeitstag verkürzt hatte. Sondern über den 29-jährigen Neymar.
«Mir gibt dieser Clochard nicht den Ball …», war auf den Lippen des 22-Jährigen zu lesen, nachdem Julian Draxler, der für ihn hineingekommen war, auf Neymar-Vorlage das 2:0 erzielt hatte. Clochard, das klingt elegant, liesse sich aber wohl am ehesten mit «Penner» übersetzen.
Die Sportzeitung «L'Équipe» überhöhte es, wie es sich für eine Zeitung gehört, die in der Ville d'amour beheimatet ist. Sie zog Parallelen zu empirischen Erkenntnissen aus dem wahren Leben: «Eine Liebe hält drei Jahre.» Wobei Neymar und Mbappé schon seit 2017 zusammenspielen. Und andererseits ja weiterhin zur Debatte steht, dass Mbappé im kommenden Sommer zu Real Madrid wechseln könnte.
Zanken, umarmen – und alles ist wieder gut
Ander Herrera, der spanische Mittelfeldspieler von PSG, musste lachen, als er am Montag auf die «Episode» vom vergangenen Wochenende angesprochen wurde. Denn: «Seit ich vor zwei Jahren zum Club kam, habe ich eine besondere Beziehung zwischen Kylian und ‹Ney› wahrgenommen, und sie hat sich in keiner Weise geändert.»
Dass sich Mbappé über Neymar geärgert hat, steht ausser Frage. Und es darf spekuliert werden, dass Mbappé es mindestens billigend in Kauf genommen hat, von den Kameras aufgezeichnet zu werden. «Wir alle wollen Tore schiessen, Vorlagen geben, das ist normal. Wir zanken uns in der Kabine, und dann umarmen wir uns, und alles ist wieder gut. Nur: In diesem Club wird immer alles grösser gemacht, als es ist. Wenn ich das gleiche zu (Leandro) Paredes sagte, würde das untergehen. Aber es geht halt um die beiden …», um Mbappé und Neymar. Am Montag hätten die zwei schon wieder miteinander «gescherzt und gelacht», wie immer.
Ganz so idyllisch aber kann der Ausgang des Disputs nicht gewesen sein. Präsident Nasser al-Khelaifi war am Trainingsgelände und wurde dort im Zwiegespräch mit Mbappé fotografiert; Trainer Pochettino wiederum erzählte, dass er – ebenfalls am Montag – mit beiden einzeln gesprochen habe und beide sich dann auch untereinander ausgetauscht hätten. Derlei klingt dann doch arg nach Krisengespräch.

Aber: Auch Pochettino war darum bemüht, zu betonen, dass alles in bester Ordnung sei. «Es sind zwei sehr gute Jungs», sagte er, aber eben auch zwei ehrgeizige und «grossartige Fussballer, die gewinnen und der Mannschaft helfen wollen, ihre Ziele zu erreichen». Er sei sich aber im Klaren darüber, dass solche Geschichten «für Druckwellen zu sorgen scheinen, die von aussen sehr gross aussehen, aber in der Gruppe keine Rolle spielen.» Solange man gewinnt – und in der Champions League steht PSG ein wenig unter Druck. Beim Auftaktspiel in Brügge kam PSG nur zu einem Unentschieden. «City und wir sind zwei Mannschaften, die definitiv diesen Wettbewerb gewinnen können», sagte Herrera. Nur dass es der erste Test der Saison wäre – PSG hat alle seine Ligaspiele gewonnen –, wies Herrera weit von sich. «Für uns ist jedes Spiel ein Test.»
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