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Klimawandel: Auch hier höheres Waldbrand-Risiko

Die Armee im Einsatz gegen den Waldbrand: Super Puma im Misox, 28. Dezember 2016. Foto: Gabriele Putzu (Keystone)
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* Dieser Text erschien im Januar 2017, als im Misox und im Calancatal mehrere Waldabschnitte brannten. Das Schweizer Militär eilte den zivilen Feuerwehren zu Hilfe. Für die Schweizer Armee war es der grösste Löscheinsatz seit 20 Jahren.

Waldbrände bedrohen in der Schweiz selten bewohnte Siedlungen. Das Feuer breitet sich meistens entlang bewaldeter Hänge aus, weg von Siedlungen und Strassen. Trotzdem hinterlässt die Feuersbrunst stets einen grossen Schaden, weil vielfach Wald betroffen ist, der vor Lawinen, Steinschlag und Murgängen schützt. Etwa 100 Waldbrände brechen jedes Jahr in der Schweiz aus. Dabei werden im Durchschnitt insgesamt 300 Hektaren Wald zerstört. Wie wertvoll Schutzwälder sind, zeigt das Beispiel im Kanton Graubünden: Etwa 60'000 Hektar schützen Gebäude. «Würde man ein Hektar mit baulichen Massnahmen für einen Zeitraum von 80 Jahren ersetzen, müsste man rund 1,5 Millionen Franken investieren», sagt der Bündner Kantons­förster Reto Hefti. Übertragen auf den gesamten Schutzwald müssten ungefähr 90 Milliarden aufgewendet werden. «Das wäre für den Kanton Graubünden kaum vorstellbar», sagt Hefti.

Der Kantonsförster geht davon aus, dass grössere Ereignisse in Zukunft häufiger auftreten werden. Diese Einschätzung bestätigen Klima- und Waldforscher in der Publikation des Eidgenössischen Forschungsinstituts WSL und des Bundesamts für Umwelt. Sie gehen davon aus, dass die Tage mit «extremer Brandgefahr» in der zweiten Hälfte des Jahrhunderts enorm zunehmen werden. In der Schweiz ist es seit Beginn der Industrialisierung etwa 1,8 Grad Celsius wärmer geworden. Die durchschnittliche Sommertemperatur wird bis zum Jahr 2100 um weitere rund 5 Grad steigen, falls das mittlere Emissionsszenario des Weltklimarates IPCC für die Treibhausgase eintrifft. Dieses geht davon aus, dass alle möglichen Energiequellen – ob fossil oder erneuerbar – etwa gleich genutzt werden.

Mehr Waldbrände im Sommer

In diesem Fall würden sich trockene und heisse Sommer wie im Jahr 2003 deutlich häufen. Klimamodelle zeigen: In ­extrem trockenen Jahren kann in mehr als 50 Jahren die Zahl der Sommertage mit «extremer Brandgefahr» im Mittel – je nach Region – um 16 bis 36 Tage ansteigen. Besonders im Sopraceneri und im Misox würde die Wahrscheinlichkeit für Waldbrände, die durch Blitzschläge ausgelöst werden, in den Sommermonaten stark erhöht. In den Tieflagen des Kantons Bern und im Engadin hingegen rechnen die Modelle mit einer Zunahme an Feuern, die vom Menschen verursacht wurden.

Infografik: Waldbrände 1990 - 2014

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Erstaunlich ist jedoch, dass verschiedene regionale Klimamodelle, wie sie in der Publikation «Wald im Klimawandel» beschrieben sind, keine steigende Waldbrandgefahr im Winter voraussagen. Die Wissenschaftler relativieren jedoch. Sie gehen davon aus, dass die Gefahr unterschätzt wird, weil die Klimamodelle bei der Simulation des trockenen Föhns versagen. Der Fallwind ist ein entscheidender Faktor bei Waldbränden, wie das aktu­elle Beispiel im Misox zeigt. «Selbst nach starkem Schneefall ist nach drei ­Tagen der Schnee an exponierten Lagen weg», sagt Marco Conedera von der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL in Cadenazzo. Nord- und Südföhn würden das oberirdische Brenngut sehr schnell austrocknen, und das Feuer breite sich unter Föhneinwirkung rasant aus. Zudem könnten bei starkem Föhn die Helikopter für Löscheinsätze vielfach nicht starten.

Verbesserte Frühwarnung

Die vom Klimawandel besonders betroffenen Kantone sind offensichtlich gewappnet. «Es wird mehr in die Prävention investiert», sagt der Bündner Kantonsförster Reto Hefti. So werden etwa in schwierig erreichbaren Gegenden Wasserentnahmestellen für Helikopter errichtet. Zudem arbeiten die Bündner Behörden mit einem speziell für den Kanton entwickelten Waldbrandpro­gnosesystem.

«Wir sind bereits jetzt gut aufgestellt», sagt Adrian Meier, stellvertretender Leiter des Amtes für Wald des Kantons Bern. Zwei Spezialisten beschäftigen sich mit der Waldbrandgefahr, und es gibt von Gesetzes wegen ein eigenes Warnsystem. Im Tessin arbeiten die Behörden seit 2013 mit einem besonderen statistischen Modell, das abschätzt, wie gross am Vorhersagetag die Brandgefahr sein wird und wie stark sich ein Feuer ausbreiten könnte. In dieses Modell fliessen aktuelle meteorologische Daten wie Luftfeuchtigkeit, Temperatur oder Wind und Informationen von Waldbrandereignissen der letzten 20 Jahre. «Das Modell hat die aktuelle Brand­gefahr bisher gut eingestuft», sagt WSL-Forscher Marco Conedera.

Als Nächstes soll das Frühwarnsystem auch in den Kantonen Wallis und Graubünden eingesetzt werden. Dieses System ist allerdings nicht überall verwendbar. Um das Modell für eine Region masszuschneidern, braucht es genügend Waldbrandereignisse. Das Tessin war deshalb dafür geeignet, weil es eine lange Waldbrandgeschichte aufweist. Ungenaue Voraussagen können kostspielig werden, weil Feuerwehr und Helikopter unter Umständen unnötig auf Pikett oder bei hoher Feuergefahr nicht einsatzbereit sind. «Am Schluss entscheidet immer der Fachmann, das Frühwarnsystem ist nur eine Unter­stützung», sagt Marco Conedera.