Gewerkschaften gegen LieferdienstJetzt gerät auch die Post-Aufsicht in die Kritik
Wegen der Arbeitsbedingungen griff die Gewerkschaft Unia den Paketservice DPD an. Nun muss sich der Bundesrat mit dem Streit befassen.

Tiefe Stundenlöhne, zu lange Arbeitstage, Lohnabzüge, die missbräuchlich seien: Die Liste an Vorwürfen der Unia an die Adresse von DPD ist lang. Hauptkritikpunkt der Gewerkschaft: Der Päcklilieferant arbeitet über Subunternehmen. Entsprechend schwierig ist der Zugriff auf solche Firmen, wenn mal etwas nicht so läuft, wie es sollte.
Die Vorwürfe an DPD haben nun ein politisches Nachspiel. Im Zentrum der Kritik steht dieses Mal aber nicht die Firma selbst, sondern die Postcom. Also die Kommission, die als Aufsichtsorgan für den Postmarkt fungiert.
«Die Postcom kontrolliert eigentlich gar nicht.»
Pierre-Yves Maillard ist Präsident des Schweizerischen Gewerkschaftsbundes und SP-Nationalrat und will nun Antworten vom Bundesrat zur Aufsicht der Postcom. In einer Interpellation stellt er eine ganze Reihe von Fragen an den Bundesrat. Denn aus seiner Sicht kommt die Kommission ihrer Aufgabe nicht nach. «Die Postcom kontrolliert eigentlich gar nicht», sagt Maillard. Dabei sei dies in der Botschaft des Bundesrats zum Postgesetz geregelt.
In den Botschaften sehe dies immer klar geregelt aus, aber am Ende gebe es trotzdem keine Handhabe, sagt Maillard. Vielleicht sei es eine Frage der Mittel der Postcom, sagt er. Das bedeute jedoch, dass der Bund diese Mittel schaffen müsse. Sein Vorschlag: Kontrollvereine mit Vertretern der Arbeitgeber und der Gewerkschaften könnten im Auftrag der Postcom die Kontrollen vor Ort übernehmen, wie es in vielen Branchen heute in der Schweiz erfolgreich funktioniere.
Postcom könne nicht direkt überwachen
Sind die Kontrollen der Postcom in diesem Bereich also weitgehend zahnlos? Das sieht man bei der DPD anders. Der Chef von DPD in der Schweiz, Tilman Schultze, sagte in einem Interview mit der «NZZ am Sonntag»: Die Postcom prüfe die Arbeitsbedingungen bei der DPD und bei ihren Vertragspartnern. Das Gleiche würden verschiedene kantonale Arbeitsinspektorate machen. Und: «Diese Stellen haben keine groben Verletzungen der Vorschriften festgestellt.»
Die Postcom selbst stellt sich auf den Standpunkt, dass sie keine Handhabe habe, um die Subunternehmen zu kontrollieren: «Firmen, die ausschliesslich als Subunternehmen tätig sind, kann die Postcom nicht direkt überwachen», sagt ein Sprecher.
Die Kontrolle erfolge über die Postdiensteanbieterinnen – also in diesem Fall DPD. Erziele ein solcher Subunternehmer mehr als 50 Prozent seines jährlichen Umsatzerlöses mit Postdiensten, müsse die ordentlich meldepflichtige Anbieterin – also DPD und andere Firmen – mit diesen Subunternehmern schriftlich vereinbaren, dass sie die branchenüblichen Arbeitsbedingungen einhielten.
Peach Weber unterstützt Unia
Nicht nur DPD arbeitet schon lange mit Subunternehmen zusammen. Auch andere Paketlieferanten, teilweise sogar die Post selbst, engagiert solche Firmen, um ihre Pakete ausliefern zu lassen. Immer wieder geriet diese Praxis in die Kritik. Die Firmen hielten und halten weiterhin daran fest.
DPD ist nun von der Unia ins Visier genommen worden, obwohl die Gewerkschaft bisher nicht als Sozialpartner des Verbands für private Postdienstleister in Erscheinung getreten ist. In einer grossangelegten Aktion griff die Gewerkschaft den Paketlieferanten an. Zuerst veröffentlichte sie einen Bericht, in dem sie das «System DPD» anprangerte. Der «Kassensturz» auf SRF berichtete gross über die Vorwürfe der Unia.
Im April legte die Gewerkschaft mit einem offenen Brief an den DPD-Chef Schultze nach. Zu den Erstunterzeichnenden gehören neben einer ganzen Reihe von links-grünen Politikern, Professorinnen und Professoren auch der Komiker Peach Weber und andere Exponenten aus der Kultur.
DPD-Chef Schultze sagt zu den harschen Vorwürfen, dass die Unia bisher Antworten schuldig geblieben sei: «Wir kennen diese Fälle nicht und können sie nicht überprüfen, weil es keinen Beleg für sie gibt. Wir haben die Unia gebeten, uns Beweise für die Anschuldigungen zu geben. Bis heute wurde uns kein einziger vorgelegt», so Schultze gegenüber der «NZZ am Sonntag».
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