«Jetzt fühle ich mich furchtbar»
Auch Roger Federer hatte die Niederlage gegen Kevin Anderson nicht kommen sehen. Und er bekräftigte, 2019 in Wimbledon wieder anzugreifen.

Wann verloren Sie die Kontrolle über den Match? Im dritten Satz?
Das kann sein. Es gab im dritten Satz sicher wichtige Momente. Aber welcher war entscheidend? Als ich den Matchball verpasste? Oder als ich bei 5:5 das Break zuliess? Das könnte der Schlüssel gewesen sein. Aber es gab viele Punkte hier oder dort, die das Spiel in eine Richtung lenkten.
Was ging Ihnen durch den Kopf zu Beginn des vierten Satzes, nachdem Sie im dritten einen Matchball verpasst hatten?
Ich lag immer noch mit 2:1 Sätzen voraus. Es war noch alles okay. Ich dachte in jenem Moment nicht, dass ich verlieren würde. Auch nicht bei 10:10 im fünften Satz. Ich hatte einfach das Gefühl, ich würde ein paar zweite Aufschläge von ihm brauchen, um das Break zu schaffen.
Sie hatten Kevin Anderson zuvor immer geschlagen. Was war diesmal anders?
Er hat einen schönen, wuchtigen Aufschlag, auf den er vertrauen kann. Und ich hatte schon immer das Gefühl, dass er gut retourniert gegen zweite Aufschläge. Das hat er heute gut gemacht. Aber er tat eigentlich nichts, das mich geschockt hätte. Auch wenn ich gegen ihn noch keinen Satz verloren hatte, wusste ich, dass er plötzlich zulegen kann und dir über längere Zeit keine Breaks zugesteht. Ich war happy, dass ich einen so guten Start hatte, schnell die Kontrolle übernahm. Aber als der Match andauerte, konnte ich ihn nicht mehr überraschen. Das ist ein schlechtes Gefühl.
Wieso gelang es Ihnen nicht mehr?
Es war einfach einer dieser Tage, an denen ich mich nicht so gut fühlte. Es ging auf und ab. Ich hatte Momente, in denen ich seinen Aufschlag gut lesen konnte. Und andere, in denen ich keine Ahnung hatte, wo zum Teufel ich mich hinbewegte. Und auch von der Grundlinie fühlte ich mich nicht so gut, wie ich gehofft hatte. Aber immer noch gut genug, um den Match zu gewinnen. Es war einer dieser durchschnittlichen Tage, an denen du versuchen musst, trotzdem irgendwie durchzukommen. Leider gelang mir das nicht.
Jetzt fühle ich mich mental müde.
Fühlten Sie sich mental müde im fünften Satz?
Nein. Natürlich war es enttäuschend, dass in einen fünften Satz musste, nachdem ich mit 2:0 Sätzen geführt und einen Matchball verpasst hatte. Aber ich fühlte mich mental gut. Jetzt fühle ich mich mental müde, jetzt fühle ich mich furchtbar. Aber so ist das halt.
Störte es Sie, dass Sie auf Court 1 spielen mussten?
Das machte keinen Unterschied. Ich hatte meine Chancen, aber ich nützte sie einfach nicht. Das war mein Problem.
Wie lange brauchen Sie, um diese Enttäuschung zu verarbeiten?
Das kann ich jetzt nicht sagen. Es könnte eine Weile dauern. Vielleicht aber auch nur eine halbe Stunde. Manchmal hilft es, wenn du danach gleich wieder ein Turnier spielst. Aber unser Plan sieht eine Pause vor nach Wimbledon, um danach wieder zu trainieren und mich auf die Nordamerika-Tournee vorzubereiten. Natürlich hilft die Erfahrung. Und dass ich meine Freunde wieder sehe. In die Schweiz zurückzukehren ist immer angenehm. Aber natürlich bin ich enttäuscht. Das Ziel ist, das nächste Jahr zurückzukommen und es besser zu machen.
Was motiviert Sie nach all den Jahren noch, alles zu unternehmen, um in Wimbledon in Topform zu sein?
Vielleicht, weil Niederlagen hier so wehtun. Mehr als anderswo. Das motiviert mich extrem, gut abzuschneiden und nicht hier sitzen zu müssen und meine Niederlage erklären zu müssen. Das ist das schlimmste Gefühl, das du als Tennisspieler haben kannst.
Sie hatten noch nicht viele solche schlechte Tage an Grand Slams.
Es war kein schlechter Tag. Es war ein durchschnittlicher. Es gibt viele durchschnittliche Tage im Jahr. Aber dann gibt es wichtige Momente, in denen du dein Niveau anheben kannst. Das gelang mir heute nicht.
Spürten Sie schon im Training oder in früheren Matches, dass etwas fehlt?
Nein. Ich sah es nicht kommen. Ich fühlte mich grossartig im Training, und auch im Warmup war alles gut. Ich spürte den Ball gut. Das Gefühl war da.
Könnte es sein, dass Sie zu viel gespielt hatten vor Wimbledon?
Nein, ich war sehr erholt in dieser Woche. Ich war froh, dass ich viele Matches gespielt, viele Informationen hatte. Ich hatte ein gutes Gefühl. Ich bewegte mich gut, war spritzig, kam in meinen Matches gut aus den Blöcken. Da zahlte sich das Konditionstraining aus. Aber ob ich das nächste Jahr wieder alles gleich mache, keine Ahnung. Ich weiss nicht einmal, ob ich auf Sand spiele oder nicht. Ich weiss nur, dass ich in Halle spiele.
Sie hatten vor diesem Match sechs Fünfsätzer in Serie gewonnen. Ging das Ihnen durch den Kopf, als es in einen fünften Satz ging?
Das wusste ich gar nicht. Ich hatte das Gefühl, ich bin ready. Aber ich dachte nicht, dass es um Fitness gehen wird. Die Ballwechsel waren zu kurz gewesen. Er ist ein guter Aufschläger, und ein guter Aufschläger kann auch in der absoluten Müdigkeit noch Asse und Aufschlagwinner servieren. Deshalb wusste ich, dass nicht die Fitness entscheiden wird. Aber klar, es war eine super Leistung von ihm. Mental nach 0:2 Sätzen und Matchball zurückzukommen und bis zum Schluss dranzubleiben. Es hat ihm sicher geholfen, dass er schon am US Open gut gespielt hat. Aber von meiner Seite ist es natürlich sehr enttäuschend.
Sie verloren erst zum fünften Mal nach einer 2:0-Satzführung. Ist es nicht erstaunlich, dass Ihnen das nicht schon öfter passiert ist?
Öfter? Fünfmal finde ich schon zu viel. Viel zu viel. Aber manchmal läuft dir ein solcher Match wie Sand durch die Hände. Wie auch gegen hier gegen Tsonga auf dem Centre Court (2011). Diese Niederlagen tun natürlich extra weh.
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