Italien erhält dank CR7 den Sommer zurück
Für die Italiener ist Cristiano Ronaldos Wechsel von Real Madrid zu Juventus Turin der «Transfer des Jahrhunderts». Davon könnte der ganze Fussball im Land des vierfachen Weltmeisters profitieren.

Nachdem die Italiener im letzten November die WM-Qualifikation verpasst hatten, spielte die «Gazzetta dello Sport» auf den Mann. «(Trainer) Giampaolo Ventura hat uns den nächsten Sommer geklaut», schrieb die Mailänder Zeitung. Es läuft derzeit eine WM ohne Fan-Zonen und Public Viewings in Turin, Mailand oder Rom, es gab keine Autokorsos in Neapel oder Palermo. Die Italiener sahen sich in der Gesellschaft des Fussballs marginalisiert. Eine traurige Gegenwart für die vierfachen Weltmeister.
Doch es kam der 10. Juli, und trotz WM-Halbfinal zwischen Frankreich und Belgien wurde Italien aus dem Nichts zum Epizentrum des Fussballs. Es traf ein, was noch wenige Tage zuvor nur Fantasten zu träumen gewagt hatten und was die drei Sport-Tageszeitungen des Landes unisono zum «Transfer des Jahrhunderts» hochstilisierten. Cristiano Ronaldo, der fünffache Champions-League-Sieger und Weltfussballer, wechselte zu Meister Juventus Turin. In Italien sind sie sich einig: Ronaldo kommt nicht bloss zu Juventus, er kommt in die Serie A und wertet die ganze Liga auf. Cristiano Ronaldo reisst die gesamte italienische Bewegung aus ihrer Depression.
Ibrahimovic als letzter Mohikaner
Seit dem Abgang von Zlatan Ibrahimovic von Milan zu Paris Saint-Germain vor sechs Jahren hat keiner der absoluten Superstars mehr die Serie A beehrt. Kein Ronaldo, Lionel Messi oder Neymar liess sich zum Wechsel nach Italien bewegen. Auch kein Luka Modric, Edinson Cavani oder Luis Suarez. Sie alle machten einen Bogen um die oberste italienische Liga und blieben in Spanien oder England oder unterschrieben fette Verträge bei Paris Saint-Germain. Das höchste der Gefühle waren der Argentinier Gonzalo Higuain oder der deutsche Weltmeister Sami Khedira.
Wegen der schlechten Atmosphäre in den Stadien und noch mehr wegen den Steuernachteilen der italienischen Clubs im internationalen Vergleich orakelte der frühere Milan-Geschäftsführer Adriano Galliani 2014: «Wir werden viele, viele Jahre in der Serie A keine Top-Stars mehr sehen und keinen italienischen Verein, der die Champions League gewinnen kann.» Nun haben Juventus Turin und Cristiano Ronaldo den früheren Topmanager widerlegt.
Eine Widerlegung allerdings, welche zumindest den Serienmeister teuer zu stehen kommt. Das Paket «CR7» verschlingt in den nächsten vier Jahren allein an Transfer- und Lohnkosten mehr als 350 Millionen Euro. Dass Juventus Turin dieses Geld wieder einspielen kann, ist unwahrscheinlich. Die nationalen TV-Verträge sind bis 2021 abgeschlossen, das Stadion in Turin war mit seinen bloss 41'000 Plätzen in den letzten Jahren auch ohne Ronaldo stets ausverkauft.
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Für den italienischen Fussball ein Segen: Cristiano Ronaldo wechselt von Real Madrid zu Juventus Turin. (Video: Tamedia/Reuters Newsflash)
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Ein Deal mit vielen Siegern
So könnten womöglich die anderen Vereine der Serie A vom Jahrhundert-Transfer finanziell mehr profitieren als Juventus selbst. Ein Analyst der «Gazzetta dello Sport» rechnet damit, dass in der Serie A die Zahl der verkauften Saisonkarten massiv steigen wird, «weil jeder sicher sein will, dass er im Spiel gegen Juventus im Stadion ist, um Ronaldo zu sehen».
Ein weiterer Profiteur könnte die Lega Calcio sein. Zwar hat sie die TV-Rechte für Italien schon vor einem Monat für die nächsten drei Saisons für rund 1,4 Milliarden Euro verkauft und damit den Ronaldo-Effekt nicht ausnützen können. Doch immerhin dürfte sich die Suche nach einem neuen Hauptsponsor einfacher gestalten. Der Telefon-Anbieter «Telecom Italia Mobile» ist zum Ende der letzten Saison ausgestiegen, ein Nachfolger war bis dato nicht gefunden.
Als grösster Gewinner darf sich aber wohl der amerikanische Sportvermarkter IMG fühlen. Die Firma aus Cleveland hat sich im letzten Herbst die TV-Rechte der Serie A fürs Ausland bis 2021 für 340 Millionen Euro pro Saison gesichert. Sie wird diese nun zu einem Wert veräussern können, der dank Ronaldo um rund 20 Prozent ansteigt, wie die «Gazzetta dello Sport» prophezeit. Denn: «Unsere Meisterschaftsspiele werden von Wladiwostok bis Kapstadt mit erhöhtem Interesse verfolgt», schrieb der Chefredaktor in seinem Editorial.
SDA
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