90 Künstler verabschieden den Spital-Altbau
Die Tage des Altbaus des See-Spitals sind gezählt. Bevor er abgebrochen wird, gibt es in den ausgeräumten Spitalzimmern ein rauschendes Kunstfest.
Es ist mächtig was los in der Cafeteria des See-Spitals an diesem Nachmittag. Zwei Kindergartenklassen bereiten sich auf ihre Spitalführung vor. Die Knirpse tragen lange weisse Kittel und können es kaum erwarten, endlich loszumarschieren.
Mächtig was los sein wird im See-Spital auch am letzten Mai-Wochenende. 90 Künstlerinnen und Künstler, rund die Hälfte von ihnen aus dem Bezirk Horgen, werden den Altbau in einen Kulturpalast verwandeln. Das 121-jährige Gebäude muss anschliessend einem Neubau weichen.
Die Ausstellung, die auf eine Idee von Manuel Zimmermann zurückgeht, trägt den Titel «Freiraum». Der Name ist Programm, wie der Leiter Kommunikation und Marketing des Spitals auf einem Rundgang erklärt. Der Altbau ist seit wenigen Tagen komplett freigeräumt. Leere Wände, nackte Böden, einzig die Medizinalversorgungsschienen in den ehemaligen Patientenzimmern erinnern daran, dass hier einmal Menschen auf Genesung hofften.
Im Gang der ehemaligen Chirurgiestation informiert ein Zettel, die Praxis befinde sich jetzt im Provisorium. In der Ecke gegenüber zeugen Graffiti an den Wänden vom Abschiedsapéro, der hier vor kurzem stattfand.
Freiraum für kurze Zeit
Am Donnerstagmittag wird vorübergehend noch einmal Leben in die verlassenen Räume einkehren. Dann kommen die ersten Künstlerinnen und Künstler, um in den 70 Räumen für kurze Zeit ihre Freiräume einzurichten.
Alles muss schnell gehen, am Samstagmorgen um 10 Uhr gehen die Türen für das Publikum auf. Am Sonntagnachmittag ist bereits alles vorbei. Dazwischen dürfen sich die Besucher über ein wahres Kunsthappening freuen. Neben Bildern und Skulpturen sind die Künstler selber in Aktion zu bewundern, es finden Performances und Experimente statt, und dazu wird der Horgner Musiker Simon Brunner mit Mundharmonika und Gitarre durch die Räume ziehen.
Reiz des Unbekannten
Ein letztes Mal am alten Ort bewundern kann man das Wandbild von Fritz Zbinden über dem Eingang des Anästhesie-Instituts. Das Werk des 1968 in Horgen verstorbenen Künstlers soll abgetragen und in seinem letzten Wohnhaus in Horgenberg wieder angebracht werden.
Im Spital-Altbau fanden in den vergangenen 10 Jahren regelmässig Kunstausstellungen statt, deshalb war es für Manuel Zimmermann naheliegend, zum Schluss noch einmal ein grosses Kunstfestival zu veranstalten. Das Interesse der Künstler war von Anfang an riesig; noch vor wenigen Tagen gingen die letzten Anmeldungen ein. Und das, obwohl die meisten ihre Ausstellungsräume bisher erst von Plänen kennen. «Sie müssen mit dem etwas machen, was sie vorfinden», sagt Zimmermann. Gerade das habe wohl viele gereizt.
Voller Überraschungen
Der Überraschungseffekt sei auch für das Publikum das Besondere an der Ausstellung, sagt der Organisator. «Es ist eine Geschenkpackung. Man weiss nicht, was drin ist.»
Zimmermann erwartet einen Grossaufmarsch. Das Gebäude habe eine lange Tradition und sei mit vielen Erinnerungen verbunden. Viele Menschen im Bezirk seien hier geboren worden oder hätten hier von Angehörigen Abschied nehmen müssen. Auch der Abschied vom Gebäude sei mit ein wenig Wehmut verbunden. «Und darum wollen wir ihn zelebrieren.»
«Expo Freiraum» im alten Spitalgebäude, Asylstrasse 19, Horgen. Öffnungszeiten: Samstag, 25. Mai, 10 bis 19 Uhr (mit Festwirtschaft), Sonntag, 26. Mai, 11 bis 15 Uhr (nur Ausstellung). Parkplätze bei DOW Chemical, Bachtobelstrasse 3, Horgen, Shuttledienst.
Erstellt: 21.05.2019, 17:24 Uhr
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