Geldberater: Der Marktschrei(b)erHörsystem-Hersteller Sonova lässt aufhorchen
Hochdorf macht aus Rarem Bares +++ Valora stellt Snackautomaten für rund um die Uhr auf +++ Bachem ist zu hoch geflogen +++ Die UBS bleibt gefordert.

Sonova: Kaufen
Aktien von Sonova finden bei Investoren gutes Gehör. Das Unternehmen bietet Hörsysteme sowie drahtlose Kommunikationssysteme an. Mit Audionova betreibt es ein in ganz Europa verbreitetes Retail-Servicenetzwerk. Die Pandemie brachte Sonova, die in ihrem Markt global mit 25-Prozent-Anteil führend ist, nur kurz aus dem Tritt. Für das per September abgeschlossene Semester wurde ein Umsatz ausgewiesen, der mehr als 8 Prozent über demjenigen von 2019 liegt – und das mit einer deutlich höheren operativen Marge. In der zweiten Hälfte des Geschäftsjahrs wird die Wachstumsrate zwar zurückgehen. Die Ziele sind aber immer noch ambitioniert: Für 2021/22 rechnet Sonova mit einem Mehrumsatz von 24 bis 28 Prozent und einer Steigerung von 34 bis 42 Prozent des Betriebsgewinns in Lokalwährung. Darin ist die jüngste Neuakquisition, das Kopfhörergeschäft von Sennheiser, noch nicht einbezogen. Ich halte die Kurskorrektur seit Mitte November für überzogen. Die Finanzlage ist äusserst solide. Zudem gefällt mir, dass Sonova die als überschüssig beurteilten Eigenmittel für den Rückkauf eigener Aktien einsetzt. Das Kaufprogramm erstreckt sich noch bis März 2022. Kaufen
Hochdorf: Verkaufen
Fantasie ist gesucht für die Aktien von Hochdorf. Denn der kriselnde Milchverarbeiter kommt trotz Erfolgen in der Restrukturierung und verbesserten Finanzzahlen nicht vom Fleck. Letzte Woche hat der Konzern den Deal besiegelt, der 60 Millionen Franken in die Kasse spülen soll. Das Firmenareal in Hochdorf geht an die dortige Gemeinde. 126 Jahre nach der Unternehmensgründung verschwindet die namensgebende Produktion. Die Schuldenlast von über 200 Millionen war auf Dauer nicht tragbar. Die flüssigen Mittel betrugen zuletzt knapp 9 Millionen. Grund für die Misere ist eine gescheiterte Expansionsstrategie. Der Verkauf führt nun zu einem besseren Jahresresultat als erwartet. Doch selbst das begeistert viele Anleger nicht. Die Aktien notieren immer noch nahe ihrem Allzeittief. Das heisst, es sind weitere Massnahmen nötig. Neben den Schulden müssen die Kosten so rasch wie möglich runter, damit das Unternehmen wieder profitabler wird. Sichtbar ist das noch nicht, und so bleibt in der Milchbranche Emmi meine erste Wahl. Verkaufen
Valora: Dosiert kaufen
Da habe ich mich getäuscht. Ende Juli ging ich davon aus, dass sich die Perspektiven für den Detailhandels- und Brezelkonzern Valora sukzessive aufhellen. Dementsprechend sollte sich der Aktienkurs in Richtung vor dem Corona-Ausbruch erholen. Denkste. Die jüngsten pandemiebedingten Massnahmen zur Kontaktbeschränkung in Deutschland und der Schweiz haben die Anleger nochmals erschreckt. Das heisst, die Geschäftserholung zieht sich bis tief ins nächste Jahr hin. Die Dividende dürfte erneut ausfallen. Da hilft es wenig, wenn Valora weitere neue Retailformate testet. Nach den personalfreien Avec-Shops sind es nun Snackautomaten, die bei Kiosken aufgestellt werden. Eine günstige Alternative, um rund um die Uhr Red Bull und Pommes-Chips einzukaufen. Das wird den Konzern aus Muttenz nicht auf ein neues Niveau hieven, aber immerhin lässt er nichts unversucht. Die Aktien sind nun rund 40 Prozent billiger als vor Ausbruch der Pandemie. Ich bleibe dabei: Das ist übertrieben. Ich rechne immer noch damit, dass der Rückstand allmählich wettgemacht wird. Dosiert kaufen
Bachem: Dosiert verkaufen
Eigentlich bin ich ein Fan von Bachem. Der Pharmaauftragsfertiger ist Weltmarktführer bei den Peptiden, die für immer mehr Medikamente gebraucht werden. Das Unternehmen wächst rasant, die Resultate übertreffen regelmässig die Erwartungen. Diese sind verständlicherweise immer grösser geworden. Mit ihnen hat sich der Aktienkurs in fünf Jahren verviereinhalbfacht. Das für kommendes Jahr geschätzte Kurs-Gewinn-Verhältnis beträgt atemberaubende 66. Und das notabene nach einem Rücksetzer, wie ihn auch andere Highflyer in den vergangenen zwei, drei Monaten haben hinnehmen müssen. Ausgelöst wurden die Verkäufe durch wachsende Inflationsängste. Gewiss, die Börse schwankt zwischen diesen Ängsten und neuer Wachstumseuphorie. Ich glaube, die Zeichen stehen aber klar auf einer Straffung der Geldpolitik. Die Flugbahn von Wachstumsraketen wie Bachem – oder auch PolyPeptide und Dottikon – dürfte nun deutlich flacher verlaufen. Ich würde mal einen Teil der Gewinne mitnehmen. Dosiert verkaufen
UBS: Halten
Von wegen Weihnachtsruhe im Hause UBS. Die grösste Schweizer Bank hat Anfang Woche Berufung gegen das Urteil des Berufungsgerichts in Paris eingelegt. Damit geht der Steuerstreit mit Frankreich in die nächste Runde. Die angeblichen Vorwürfe liegen schon lange zurück. Die UBS soll zwischen 2004 und 2012 Steuerflüchtlingen aus Frankreich systematisch dabei geholfen haben, Geld in der Schweiz zu verstecken. Finanzkräftige Franzosen soll die Grossbank dazu in der Oper, bei Sportanlässen und sogar bei Jagdausflügen angeworben haben. 2019 wurde sie dafür in erster Instanz zu einer rekordhohen Busse von 4,5 Milliarden Euro verurteilt. Die zweite Instanz will nun (nur) noch 1,8 Milliarden von der Grossbank. Am Schuldspruch selbst hält das Berufungsgericht fest. Ich weiss nicht, ob das der Grund für die Berufung war, würde es aber begrüssen, wenn der Fall endlich ad acta gelegt werden könnte. Die Frankreich-Affäre wird also auch weiterhin personelle und finanzielle Ressourcen bei der UBS binden. Dabei hat die Grossbank eigentlich mit dem operativen Geschäft genug zu tun. Halten
Diese Kolumne wird von den Redaktorinnen und Redaktoren der «Finanz und Wirtschaft» verfasst. Sie haben sich verpflichtet, nicht in den entsprechenden Titeln aktiv zu sein. Wer die Tipps dieser Kolumne umsetzt, tut das auf eigenes Risiko. Die SonntagsZeitung übernimmt keine Verantwortung. Weitere Artikel der «Finanz und Wirtschaft» finden Sie unter www.fuw.ch
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