Ärger bei den Tories über PartygateBoris Johnson muss sich Misstrauensvotum stellen
Der Premier kämpft am Montagabend um sein Amt. Wie stehen seine Chancen vor der geheimen Abstimmung der Konservativen?

Showdown in der «Partygate»-Affäre: Nach Monaten der Kritik muss sich der britische Premierminister Boris Johnson einem Misstrauensvotum seiner Konservativen Fraktion stellen. Nur wenige Stunden, nachdem in London die letzten Klänge der rauschenden «Jubilee»-Sause für Queen Elizabeth II. verstummt sind, geht es am Montag schon wieder um harte Politik – genauer gesagt: um das politische Überleben Johnsons.
Noch am gleichen Tag sollten die 359 Parlamentarier der Tory-Partei darüber entscheiden, ob sie weiter von diesem angeführt werden wollen oder nicht. Stimmt eine Mehrheit gegen Johnson, ist er sein Amt als Parteichef los und gezwungen, seinen Rückzug als Premier anzukündigen. Das Ergebnis solle noch am Abend (22 Uhr MESZ) vor laufenden Fernsehkameras verkündet werden, sagte der Vorsitzende des sogenannten 1922-Komitees, Graham Brady, am Montag vor Journalisten in London.
Erst am Morgen hatte Brady bekannt gegeben, dass die notwendige Anzahl an Briefen von Tory-Abgeordnete für ein Misstrauensvotum – also mindestens 54 – eingegangen sei. Damit ist die Schwelle von mindestens 15 Prozent erreicht. Der Zeitpunkt der explosiven Nachricht, die wohl so manchem noch feierseligen Briten schlagartig ernüchtert haben dürfte, ist kein Zufall: Brady bestätigte auf Nachfrage indirekt, man habe die Jubiläumsfeiern zu Ehren der Queen in den vergangenen Tagen nicht überschatten wollen. Parteikreisen zufolge gingen die Aufforderungen zur Einberufung einer Misstrauensabstimmung per Brief, E-Mail und sogar per Whatsapp ein.
Klar ist aber auch: Es ist keinesfalls sicher, dass Johnson sein Amt verliert. Denn in einer Abstimmung müssen sich 180 Tory-Abgeordnete – also mindestens die Hälfte der aktuell 359 Fraktionsmitglieder – gegen den Premier aussprechen. Etwa 150 von ihnen aber haben einen unbezahlten oder bezahlten Regierungsjob, zum Beispiel als Staatssekretäre, Fraktionseinpeitscher («Whips») oder Handelsemissäre. Stimmen sie in der geheimen Wahl gegen Johnson, könnten sie selbst ihre Ämter verlieren.
«Niemand plant einen Putsch, aber seltsamerweise ist das gefährlicher»
Die Tories seien «gefangen zwischen Meuterei und Lähmung», kommentierte James Forsyth, Herausgeber der konservativen Zeitschrift «Spectator», in der Zeitung «Times». So sind zentrale Fragen offen.
Aktuell ist kein ernsthafter Nachfolger in Sicht. Finanzminister Rishi Sunak als bisher aussichtsreichster Kandidat hat an Rückhalt verloren, und der von vielen geschätzte Verteidigungsminister Ben Wallace hat offenbar keine Ambitionen. Bliebe Aussenministerin Liz Truss. Die 46-Jährige, die sich als moderne Ausgabe der früheren Premierministerin Margaret Thatcher in Szene setzt, stehe für konservative Tugenden wie Steuersenkungen und wirke entschlossener als alle anderen Kandidaten, kommentierte der ehemalige Tory-Abgeordnete David Gauke in der Zeitschrift «New Statesman». Sie sprach sich heute auf Twitter aber wie Sunak für Johnson aus.
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