Genazzis langer Weg nach Paris
Acht Neulinge stehen im Schweizer WM-Team - einer fällt aus dem Rahmen: Joël Genazzi. Im Februar ist er bereits 29 Jahre alt geworden.

Manchmal kommt es im Leben ganz anders. Für Joël Genazzi gilt das im Schweizer Eishockey-Nationalteam noch ein bisschen mehr als für die andern. WM-Debütanten sind jung – normalerweise. Denis Malgin hat seine Premiere als 20-Jähriger, Pius Suter mit 21, Vincent Praplan mit 23. Als Joël Genazzi so alt war, dachte er nie an eine WM-Teilnahme. Damals war er damit beschäftigt, sich irgendwie in der NLA zu behaupten. Manchmal als Stürmer, manchmal als Verteidiger. Vor zehn Jahren absolvierte er sein erstes NLA-Spiel, am Samstag seinen ersten WM-Match.
«Ich weiss nicht, wie die jüngeren Neulinge sich fühlen, aber mir geht es grossartig», sagt der Zürcher, der seine Eishockeykarriere in Dübendorf gestartet, dann nach vier Jahren in Kloten sein Glück in der Westschweiz gesucht hat. Im Vorjahr war Lausanne-Verteidiger Genazzi erstmals zum Thema in der Nationalmannschaft geworden, in diesem Jahr hatte er immer an seine WM-Chance geglaubt. «Aber ich habe erst gewusst, dass es reicht, nachdem Patrick Fischer den letzten Cut bekanntgegeben hat.» Er sei sehr froh, dass diese Chance erhalten habe.
Er hat sie nicht nur erhalten, sondern auch genutzt: Nach zwei Partien gibt es zwei Schweizer, die in der Plus-Minus-Bilanz herausragen: Genazzi und Romain Loeffel. Beide weisen ein + 4 auf, sie spielen zusammen. «Ja, diese Statistik. Ich bin es nicht gewohnt, solch gute Werte zu haben. In der NLA sind meine Zahlen eher ein bisschen kritisch, meine offensive Spielweise bringt zwar viel Skorepunkte, aber auch das eine oder andere Gegentor.» Im Nationalteam weiss er, dass er sich zurückhalten muss. Und er nimmt das gerne in Kauf.
Genazzi sagt mit der Offenheit eines Sportlers, der schon viel durchgemacht hat: «Es sind hier erst zwei Partien gespielt, es kann, was meine Bilanz betrifft, noch viel passieren.» Er erhofft sich natürlich nicht, dass sie sich seinen NLA-Werten angleicht. Er und sein Verteidigerkollege Loeffel hatten vor der WM als Wackelkandidaten gegolten, weil sie sich zu sehr nach vorne orientieren. Bis jetzt aber haben sie sich sehr gut unter Kontrolle, sie sind diszipliniert.
Verteidigermacher Fust
«Es macht Spass, mit ihm zusammenzuspielen. Wir kennen uns von früher.» Bei Fribourg und zu Ausbildungszwecken bei den Neuchatel Young Sprinters traten die beiden gleichzeitig auf. Loeffel als Verteidiger, Genazzi noch immer als Stürmer.
Ihre Wege trennten sich, als Genazzi 2009 nach Visp in die NLB wechselte. Dort traf er auf John Fust. Er war der Trainer, der im Prinzip die Weichen dafür stellte, dass Genazzi doch noch einmal Thema fürs Nationalteam wird. Nach einem Jahr Visp folgte er Fust trotz eines weiterlaufenden Vertrags nach Langnau in die NLA, und dort setzte ihn der Coach erstmals als Verteidiger ein. «Das war am Anfang cool». Aber es fehlte der Plan. Einmal war Genazzi Stürmer, dann wieder Verteidiger. In diesem Hin und Her fühlte er sich nicht sehr wohl.
Als er 2013 nach Lausanne wechselte, hatte das ein Ende. «Sie sagten mir, dass sie mich nur noch als Verteidiger einsetzen wollten.» Seit diesem Entscheid «weiss ich, was ich bin». Und seit dieser Änderung hat er wieder einen Sinn gefunden. «Ich wollte in meiner neuen Rolle immer besser werden. An die Nationalmannschaft habe ich zuerst nicht gedacht. Aber seit zwei Jahren war die WM mein Ziel.» Jetzt ist er da. «Es war ein langer und ein harter Weg.» Aber es hat sich gelohnt.
Wie für Loeffel auch, der zwar kein WM-Neuling mehr ist, aber bis 2017 noch keine Rolle spielen durfte. Auch für ihn war ein Transfer 2013 bedeutungsvoll. Während der Saison wurde er in einem Zwangstausch von Fribourg nach Genf geschickt. Zuerst war unzufrieden, heute ist er froh über diesen Schritt.
Der «ältere Herr»
Die beiden Verteidiger treffen heute Abend im Match gegen Frankreich wohl auf jenen Goalie, mit dem der eine zusammenspielte und der andere – Genazzi – noch immer zusammenspielt: Cristobal Huet. «Alle NLA-Spieler kennen ihn, da kann ich keine Neuigkeiten verraten, wie man ihn bezwingen kann», sagt Genazzi. Und schiebt dann nach: «Man muss vor ihm stehen, ihn vielleicht ein bisschen berühren. Er ist ein älterer Herr, vielleicht kann man ihn damit provozieren. Wenn er freie Sicht auf den Puck hat, ist er ein sehr guter Goalie.»
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