Gedämpfte Vorfreude unter den Briten auf Trump-Besuch
Donald Trump reist heute nach Grossbritannien. Weshalb die Beziehung der USA mit dem Königreich besonders schlecht ist.
Nach dem Nato-Gipfel in Brüssel ist Grossbritannien die nächste Station der Europareise von Donald Trump. Der seit langem geplante Besuch des US-Präsidenten auf der Insel kommt wegen der dortigen Regierungskrise zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt.
Doch andererseits: So etwas wie einen günstigen Zeitpunkt für Trumps Besuch gäbe es wohl nicht. Denn die traditionell «besondere Beziehung» beider Länder ist seit seinem Amtsantritt vor allem eines: besonders schlecht.
Händchenhalten mit Theresa
Anfangs legt sich Trump noch ins Zeug, um den Briten zu gefallen. Premierministerin Theresa May ist im Januar 2017 sein erster ausländischer Gast im Oval Office. Trump gibt den Charmeur, läuft händchenhaltend mit May umher und rühmt das seit Jahrzehnten enge Verhältnis der USA zu Grossbritannien.

Bild: Pablo Martinez Monsivais
Diese «besondere Beziehung» sei historisch «eine der grossen Kräfte für Gerechtigkeit und für Frieden gewesen», schwärmt der Präsident. Zugleich lobt er die Briten für ihre Brexit-Entscheidung – sie würden so zu «ihrer eigenen Identität» finden. May übermittelt ihrerseits Trump und seiner Frau Melania eine Einladung von Königin Elizabeth II. nach Grossbritannien.
Attacke auf den Bürgermeister
Trumps anfängliche Charmeoffensive gegenüber May ändert nichts daran, dass der US-Präsident von grossen Teilen der britischen Bevölkerung verachtet wird. Mit ungebetenen Ratschlägen und Kommentaren zu britischen Angelegenheiten steigert er fortan seine Unbeliebtheit im Vereinigten Königreich.
So unterstellt Trump nach einem Anschlag im Juni 2017 dem Londoner Bürgermeister Sadiq Khan, die Terrorgefahr zu verharmlosen. May nimmt das Stadtoberhaupt in Schutz.
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Nach einem weiteren Anschlag im September behauptet Trump, die Täter seien im Vorfeld im Visier von Scotland Yard gewesen. Extremisten müssten «proaktiv» bekämpft werden, belehrt er die britischen Behörden. Trumps Bemerkungen seien nicht hilfreich, merkt May verschnupft an.
Islamfeindliche Videos
Für einen regelrechten Eklat sorgt Trump im November, als er über Twitter drei islamfeindliche Videos der rechtsextremistischen britischen Gruppierung Britain First weiterverbreitet. Ein Sprecher Mays nennt dieses Verhalten des US-Präsidenten «falsch».
Dies wiederum nimmt Trump der Premierministerin übel: «Theresa May, konzentrieren Sie sich nicht auf mich, konzentrieren Sie sich auf den zerstörerischen radikalen islamischen Terrorismus, der in Grossbritannien stattfindet», wütet er auf Twitter.

Angriff auf den Multilateralismus
In Trumps zweitem Amtsjahr vertiefen sich die Gräben zu London in dem Masse, in dem er multilaterale Mechanismen und Vereinbarungen beschädigt und aufkündigt. Seine Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumimporte, der US-Ausstieg aus dem unter Mitwirkung der Briten ausgehandelten Atomabkommen mit dem Iran sowie seine Aufkündigung der G-7-Gipfelerklärung sind Schläge ins Gesicht auch der Partner in London.
Dennoch kommen die Planungen für Trumps mehrfach verschobenen Besuch zum Abschluss. May will die Idee einer «besonderen Beziehung» zu den USA keineswegs beerdigen, wie sie im Vorfeld klarmacht. Die Streitigkeiten um den Handel und den Iran bezeichnet sie mit britischem Understatement als «Meinungsverschiedenheiten». May strebt ein Freihandelsabkommen mit den USA an, das Nachteile des Brexit begrenzt.
Bogen um London
Zum Trump-Besuch sind Grossdemonstrationen geplant. Ein Riesenballon in Form eines windelverpackten Babys mit dem Gesicht des Präsidenten soll über London schweben. Doch der Präsident wird von den Protesten wenig mitbekommen – die Regierungschefin besucht er auf dem Landsitz Chequers, die Queen auf Schloss Windsor ausserhalb der Stadt.
Im Vorfeld des Besuchs ist Trump wenig charmant. Einem Affront gegen May kommt sein Lob auf deren Widersacher Boris Johnson gleich. Einen «Freund» nennt er den im Streit um den Brexit-Kurs zurückgetretenen Aussenminister: «Ich habe ihn immer gemocht.» In London wird derweil kräftig darüber spekuliert, dass Johnson den Sturz der Premierministerin betreiben könnte.
Zweifel an Brexit-Kurs
Vor seinem Besuch in London liess Trump Zweifel am Brexit-Kurs der britischen Regierung erkennen. Er sei sich nicht sicher, ob die Brexit-Pläne von May dem Votum der Briten beim Referendum vor zwei Jahren gerecht würden, sagte Trump am Donnerstag in Brüssel.
«Ich weiss nicht, ob es das ist, wofür sie gestimmt haben», sagte Trump mit Blick auf das Brexit-Referendum. «Das Volk hat für einen Bruch gestimmt.» Die britische Regierung aber werde «vielleicht einen etwas anderen Kurs einschlagen».
Dass sich ein Staatsgast derart deutlich zu einer innenpolitischen Debatte des Gastlands äussert, gilt in der internationalen Diplomatie als sehr unüblich. May strebt nach dem Austritt ihres Landes weiterhin enge wirtschaftliche und regulatorische Bindungen an die EU an. Einen harten Schnitt will sie vermeiden. Aus Protest gegen diesen Kurs sind in den vergangenen Tagen zwei Minister und andere hochrangige Politiker zurückgetreten.
Trump hatte sich wiederholt als Befürworter des Brexit zu erkennen gegeben. Multilaterale Politikinstitutionen wie die EU sind ihm ein Gräuel. US-Medienberichten zufolge soll Trump dem französischen Präsidenten Emmanuel Macron bei einem Treffen im April nahegelegt haben, die EU ebenfalls zu verlassen.
AFP/nag
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