Grosser ShutdownEuropas Wissenschaftler fordern neue Corona-Strategie
Fast alle europäischen Länder kämpfen in der Corona-Pandemie derzeit mit hohen Infektionszahlen. 300 renommierte Wissenschaftler verlangen nun gemeinsame, drastische Massnahmen, um die Zahlen zu senken.
Die Schweiz, Deutschland, Österreich und Italien sind nur vier von etlichen Ländern in Europa, die in diesen Tagen Verschärfungen der Corona-Massnahmen angekündigt haben. In Deutschland hat auch ein Shutdown light die steigenden Infektionszahlen nicht bremsen können. Wie der «Spiegel» berichtet, fordern nun renommierte Forscherinnen und Forscher aus Europa in einer gemeinsamen Stellungnahme im Fachblatt «The Lancet» eine drastische Senkung der Fallzahlen in ganz Europa. Unterschrieben haben mehr als 300 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler. Unter ihnen sind auch Vertreter aus der Schweiz – so beispielsweise die Epidemiologen Matthias Egger und Christian Althaus.
Die Forscher schlagen einen Richtwert von maximal zehn Neuinfektionen pro eine Million Einwohner und Tag vor – und zwar für ganz Europa. Für die Schweiz wären das rund 85 Neuinfektionen pro Tag. Zurzeit liegt der 7-Tage-Schnitt hierzulande bei über 4’000 neuen Fällen pro Tag.
Niedrige Infektionszahlen hätten nur Vorteile, heisst es im Positionspapier der Wissenschaftler:
Sie retten Leben: Wenn sich weniger Menschen infizieren, erkranken weniger Menschen oder sterben.
Sie ermöglichen eine leichtere Kontrolle: Sind die Fallzahlen niedrig, kommen begrenzte Kapazitäten nicht ganz so schnell an ihre Grenzen. Verdachtsfälle können konsequent getestet, nachverfolgt und isoliert werden.
Sie sorgen für bessere Planbarkeit: Bei stabilen Fallzahlen braucht es keine überhasteten neuen Beschränkungen. Diese Planungssicherheit nützt der Wirtschaft.
Der Blick in Länder wie China, Australien, Neuseeland und Taiwan zeige, dass sich die Wirtschaft schneller erhole, wenn Infektionen konsequent nachverfolgt und Infektionsketten unterbrochen würden – so dass verhindert werden könne, dass sich das Virus im grossen Stil ausbreite.
Zwar hätten verschiedene europäische Länder (Teil-)Shutdowns angeordnet, allerdings nie gleichzeitig. So habe das Virus immer wieder eingeschleppt werden können. «Angesichts offener Grenzen kann kein Land allein die Infektionszahlen niedrig halten, daher ist ein gemeinsames Ziel und abgestimmtes Handeln essenziell», schreiben die Wissenschaftler.
Bislang sei es mittels eines Shutdowns noch immer gelungen, die Fallzahlen zu senken. Dann seien auch wieder deutlich spürbare Lockerungen möglich. Anders als im Sommer müsse man die niedrigen Fallzahlen diesmal allerdings verteidigen. Ansonsten würde der Erfolg verspielt.
Claudia Steiger
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