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25 Jahre Bosman-Urteil
Er brachte das Transfersystem im europäischen Fussball zu Fall

Veränderte den Fussball: Jean-Marc Bosman.
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Als Jean-Marc Bosman am 15. Dezember 1995 seine berühmte Klage gewann, war David Alaba gerade drei Jahre alt. Insofern dürfte es der Österreicher als Selbstverständlichkeit ansehen, dass er sich als Profi-Fussballer nach Auslaufen seines Vertrags frei und selbstbestimmt einen neuen Verein suchen darf. Seit Monaten pokert der 28-jährige um die Modalitäten einer Weiterbeschäftigung. Ob er seine Karriere nun in München, Manchester oder Madrid fortsetzt, spielt kaum eine Rolle, der Weltklasse-Verteidiger wird sehr viel reicher werden als er ohnehin schon ist. Entweder die Bayern zahlen genug oder ein anderer Club überweist ein stattliches Handgeld an ihn und seinen Berater plus Millionengehalt. Zu verdanken hat Alaba seine hervorragende Verhandlungsposition dem heute 56-jährigen Bosman aus Belgien.

Um im Beispiel Alaba zu bleiben: Wäre Bosman nicht gewesen, hätte der FC Bayern die Macht, trotz Vertragsende einen Wechsel zu blockieren. Der Club könnte die Freigabe verweigern, Alaba müsste entweder in München bleiben oder seine Karriere mindestens unterbrechen. Wollte der Österreicher weiterhin ausserhalb seines Heimatlandes spielen, müsste er zudem einen Club finden, der ausser ihm nur zwei weitere Ausländer beschäftigt, mehr wären nicht erlaubt. So absurd sich das aus heutiger Sicht anhört, so normal war das bis vor 25 Jahren. Im Fussball und in anderen Sportarten.

Die Spieler frohlocken

Der Umsturz des europäischen Sports beginnt, als der Royal Club Lüttich seinem Mittelfeldspieler Jean-Marc Bosman 1990 nach Vertragsende ein neues, schlechtes Angebot macht. Statt umgerechnet etwas weniger als monatlich 3900 Euro bietet der Erstligist nur knapp über 750 Euro. Club und Spieler haben sich zerstritten, woraufhin der 25-jährige Bosman zum französischen Zweitligisten US Dünkirchen wechseln will. Doch der RC Lüttich ruft eine Ablöse von mehr als 300'000 Euro auf, Dünkirchen kann oder will nicht so viel Geld bezahlen.

Im August 1990 klagt Bosman erstmals vor einem belgischen Gericht gegen den RC Lüttich, dieses erlässt eine Anordnung, wonach es dem Verein untersagt sei, «Herrn Bosmans Einstellung durch finanzielle Forderungen zu behindern». Er war also frei, aber nur theoretisch, denn nun fand sich kein Verein mehr. Ein Richter sollte später erklären, es sei davon auszugehen, dass Bosman nun «Opfer eines Boykotts aller europäischer Vereine» ist. Zwei Jahre lang sucht er, dann klagt er erneut. Diesmal gegen die Transferregeln, gegen die Ausländerklauseln, gegen den Ex-Club und gegen den belgischen und europäischen Verband Uefa. Bosman will Schadenersatz in Höhe von 750'000 Euro. Schliesslich wird der Fall an den Europäischen Gerichtshof überwiesen, um zu klären, ob hier gegen Artikel 48 des EWG-Vertrages («Freizügigkeit von Arbeitnehmern») verstossen werde. Obwohl die Verbände offenbar viel Geld bieten gegen eine Rücknahme der Klage, zieht der sture Belgier die Sache durch. Am 15. Dezember 1995 gibt ihm der EuGH recht. Seitdem spricht die Sportwelt vom Bosman-Urteil.

Bosman und seine Anwälte beim Prozess vor dem Europäischen Gerichtshof.

Die Aufregung ist damals riesig. Uefa-Präsident Lennart Johansson klagt, die Europäische Union versuche, «den Clubfussball zu zerstören». DFB-Vizepräsident Gerhard Mayer-Vorfelder spricht der EU jede Zuständigkeit für den Fussball ab. Nur die Spieler frohlocken. «Für uns eröffnen sich nun neue finanzielle Möglichkeiten», ahnt Nationalspieler Thomas Helmer. Der DFB und andere Verbände regen in der Not «Solidarpakte» an zum Erhalt des Systems. Mayer-Vorfelder sagt, dies sei keine Frage des Rechts, sondern eine Frage der Ehre. Doch die Justiz setzt sich bald durch, die Anzahl der sogenannten Legionäre steigt schnell, schon bei der WM 1998 in Frankreich spielen 307 der 704 Profis bei ausländischen Vereinen. Es findet eine erhebliche Machtverschiebung statt hin zu den Profis und ihren Beratern. Sowie in Richtung einiger Top-Clubs. Denn nach Bosman ist es nicht nur den Spielern freigestellt, anzuheuern wo sie wollen. So lange das Geld reicht, ist es Vereinen plötzlich möglich, aus ganz Europa beliebig viele Spieler zu kaufen. Über die Jahre bewirkt das eine zunehmende Konzentration von Top-Spielern auf wenige Clubs. Mittlere und kleinere Vereine hingegen müssen zusehen, wie ihre Besten regelmässig «den nächsten Schritt» machen wollen, wie es der Branche heisst. Also zum nächstreicheren Club wechseln.

«Das Bosman-Urteil hat nicht nur meine Karriere, sondern auch mein Privatleben zerstört»

Jean-Marc Bosman

Man könnte einwenden, wenn nicht Bosman, so hätte sich sicher ein anderer Fussballer gefunden, der das System zu Fall gebracht hätte. Doch angesichts der Lebensgeschichte Bosmans sind Zweifel angebracht. Zunächst hatte er den Prozess trotz erheblicher Widerstände durchgezogen, das System Fussball stellte sich gegen Bosman und grenzte ihn aus, er sprach von sich als «Persona non grata». In einem Interview mit der Bild-Zeitung 2019 erklärte er, aus heutiger Sicht würde er den Prozess nicht mehr anstrengen. «Das Bosman-Urteil hat nicht nur meine Karriere, sondern auch mein Privatleben zerstört. Liebe, Zufriedenheit, Lebensqualität – alles weg. Es hat mich zu viel gekostet.»

Anfangs hatte er noch den Ruhm genossen. Mit dem Schadenersatz und einiger Zuwendungen der Spielergewerkschaft kaufte Bosman zwei Häuser, einen Porsche 911 Carrera 4S und einen BMW Z4 Roadster, er erzählte von guten Restaurants und schönen Frauen. Er lebte wie ein Fussballstar, war aber keiner. Es dauerte nicht lange, da war das Geld weg, später verzockte er sich an der Börse. Die Idee, ihn mit Mini-Beträgen an allen Transfertätigkeiten in Europa zu beteiligen, setzte sich nicht durch. Im vergangenen Jahr traf die Bild-Zeitung einen verbitterten Mann, der sich über all die Fussballer beklagte, die er reich gemacht habe, während in seinem verdreckten Swimmingpool die Frösche quakten. «Diese Spieler fliegen mit dem Privatjet, ich fahre Fahrrad.»

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