Er betreibt an der Goldküste eine Schatzsuche der besonderen Art
Durch Zufall wurde aus dem Erlenbacher Dirk Went ein Freund wild wachsender Orchideen. Nun hat er ein Büchlein über deren Vorkommen in der Region verfasst. Unterwegs mit dem Biologen, der früher Pflanzen als langweilig empfand.
Festes Schuhwerk wäre nützlich. Ob das möglich sei, fragt Dirk Went am Telefon. Ja, das sei kein Problem, gibt man zur Antwort – und denkt sich: Festes Schuhwerk für eine Gehstrecke von maximal sieben Minuten, wie sie Went vorgeschlagen hatte? Das Pfannenstielgebiet ist ja nicht gerade hochalpin.
Grund für Wents Schuhempfehlung ist ein 72-seitiges Büchlein, das seiner Feder entstammt. Das taschenbuchformatige, reich bebilderte Werk feiert am Donnerstag in Küsnacht seine Vernissage. Sein Titel: «Wild wachsende Orchideen an der Zürcher Goldküste.»Während eineinhalb Jahren hat der pensionierte Erlenbacher den Gewächsen in den Seegemeinden der Goldküste nachgespürt, sie fotografiert und dann kurz und prägnant beschrieben. Vor Ort, in freier Natur, will er nun ein paar davon zeigen. Dafür geht es erst mal in kurzer Fahrt nach Herrliberg.
Viel Unwissen
Bald darauf sollen sich die Trekkingschuhe tatsächlich bewähren. Wenige Schritte hinter der Firma Bio-Strath, die für ihre Stärkungsmittel bekannt ist, führt Went durchs abschüssige Dickicht. Behände geht der bald 81-Jährige in dem Waldstück voraus, über lockeres Laub und Wurzeln, herabhängenden Zweigen ausweichend. Bleibt dann stehen und zeigt auf ein zartes Pflänzchen mit lilafarbenen Blüten: das Männliche Knabenkraut. Zehn Exemplare gebe es davon in der Region. In der übrigen Schweiz komme es aber relativ häufig vor, dies im Unterschied zum Gros der wilden Orchideen hierzulande.
«Viele reagierten erstaunt, als ich sie auf wilde Orchideen in ihrem Garten aufmerksam machte.»
«Den meisten Menschen sind Orchideen aus den Blumenläden vertraut», sagt Went. Aber dass deren wilde Verwandte quasi in nächster Nähe wachsen, wüssten nur wenige. «Viele reagierten erstaunt, als ich sie auf wilde Orchideen in ihrem Garten aufmerksam machte», erläutert er. Zum einen, um diesem Unwissen entgegenzuwirken, hat er sein Büchlein verfasst. Zum andern, um für die Natur- und Vogelschutzvereine zu werben. Denn sie würden sich für die Gebiete einsetzen, in denen die Orchideen gedeihen, sagt Went, der sich selber im Natur- und Vogelschutzverein Erlenbach-Herrliberg engagiert.
Bis in die hintersten Winkel
Nebst dem Wald sind Feuchtgebiete und Magerwiesen wichtig für die Orchideen – und gerade sie besonders gefährdet, der Zerstörung durch Überbauung und Überdüngung anheim zu fallen. Minutiös hat Went für seine Broschüre alle Standorte der 28 Arten aufgesucht, die die Schweizerische Orchideendatenbank für die Region verzeichnet. Wie ein Schatzsucher habe er sich gefühlt, wenn er kaum begangene Winkel nach seinen Lieblingspflanzen durchforscht habe.
Kein Hindernis hat er gescheut: Den Frauenschuh entdeckte er an einer Stelle, «die man nicht findet». Fast zugewachsen sei sie, erzählt er auf der weiteren Tour. Ein andermal suchte er im Meilemer Schützenbüel nach dem Purpur-Knabenkraut. «Der Weg wurde immer steiler und rutschiger.» Schon seien ihm Zweifel an den Koordinaten aus der Datenbank gekommen. Doch dann habe er die Pflanze des Begehrens doch noch gesichtet. Sagt es, und verhehlt nicht den Entdeckerstolz, nicht die Freude. Vor einem weiteren Purpur-Knabenkraut wird er kurz darauf in der Herrliberger Ebnet vor die Knie gehen und dessen Merkmale erläutern.
Wie aber kommt er, seines Zeichens Zoologe, dazu, sich so intensiv mit Orchideen zu beschäftigen? Der von sich behauptet, dass er bis vor 15 Jahren Pflanzen langweilig gefunden habe – bis zu jenem schicksalshaften Tag, als er «ein unscheinbares, blattloses Blümlein am Wegrand bei Flims entdeckt» hat. Dieses zog ihn in Bann, er bestimmte es – und war von da an fasziniert von der Lebensweise der Orchideen. Etwa davon, dass sie ohne die Symbiose mit einem Pilz nicht existieren können. Er schrieb ein erstes Büchlein: über das Vorkommen der Pflanze rund um Flims. In der Bündner Gemeinde wird er nächstens einen Orchideenpfad realisieren. Dann aber sei die Zeit reif wieder für andere Beschäftigungen. Nicht zuletzt die Enkel würden darauf warten.
Am Donnerstag, 4. Mai, findet die Vernissage von Wents Broschüre «Wild wachsende Orchideen an der Zürcher Goldküste» statt. 18.30 Uhr im Gasthof Ochsen, Küsnacht. Das Büchlein ist im Buchhandel für 18 Franken erhältlich.
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