Ein neuer Platz aus alten Steinen der Seestrasse
Das Gebiet um den Stäfner Schiffsteg ist erneuert worden – teils mit Steinen, die einst als Belag der Seestrasse dienten.
Walzen machen den Boden platt, Arbeiter hämmern und verlegen Steine, und die Schiffspassagiere schlängeln sich an der Baustelle vorbei, um auf das Kursschiff nach Wädenswil zu gelangen: In den vergangenen Wochen war viel Betrieb beim Stäfner Schiffsteg. Seit dieser Woche sind die Bauarbeiten fertig – und der Platz vor dem «Schützenhaus» gibt ein neues Bild ab. Der Bereich zwischen dem Restaurant und dem Schiffsteg ist frisch geteert. Aufgelockert wird der Platz – anders als früher – durch einreihige Bänder aus Natursteinen.
Noch augenfälliger ist jedoch die Veränderung westlich der Anlagestelle, auf der Mole, die ins Wasser hinausragt. Diese ist bei Wartenden dank der Bänkchen im Schatten einer Rosskastanie und einer Platane besonders beliebt – und wirkt nun sogar noch lauschiger als zuvor. Denn der Boden, in den vergangenen Jahren eine unebene und aufgerissene Asphaltfläche, ist neu mit Natursteinen gepflästert. Ebensolche Steine wurden auch für einen Kranz rund um die markante Rosskastanie mit der sechseckigen Bank verwendet, die weiter östlich steht.
Eine holprige Sache
Speziell daran: Die verwendeten Steine sind schon einmal gebraucht worden – vor über 100 Jahren beim Bau der Seestrasse. Gemäss Recherchen von Jules Streuli, Tiefbauleiter der Gemeinde Stäfa, handelt es sich bei den Pflastersteinen um sogenannte Guber-Natursteine, wie sie um 1900 für die Seestrasse verwendet wurden. Der Quarzstein, der auch heute noch im Steinbruch Guber hoch über Alpnach im Kanton Obwalden abgebaut wird, eignet sich gut für den Strassen- und Wegbau sowie für Plätze. «Die Steine sind witterungsbeständig, belastbar und abriebfest», sagt Streuli.
Für den Verkehr haben sie aber einen entscheidenden Nachteil: Die Strassen sind holprig. Um die Fahrbahn eben zu machen, wurden die Steine deshalb in den 1950er-Jahren mit einem Asphaltbelag überzogen. Später holten sie Arbeiter wieder aus dem Boden, vor allem ab dem Jahr 2000, als die Strasse und die Werkleitungen saniert wurden.
Asphalt hätte Wurzeln verletzt
Weshalb werden sie nun aber für den Stäfner Hafenbereich wieder verwendet? Dafür gibt es mehrere Gründe. Vor der Sanierung, für die der Gemeinderat einen Kredit von 285 000 Franken sprach, tauchten einige Probleme auf – zum Beispiel in Bezug auf die schützenswerten Bäume. «Der 160?Grad heisse Asphalt für den Belag hätte die Wurzeln beschädigen», sagt Streuli. Und auch die Walze, die den Boden verdichte, hätte den Wurzeln nicht gut getan.
Den Bäumen sollte Sorge getragen werden – immerhin befindet sich die grosse Rosskastanie mit der sechseckigen Bank im Ortsbildinventar von überkommunaler Bedeutung. Statt Asphalt kam deshalb nur ein Belag aus Natursteinen oder Kies infrage. Beide Lösungen haben auch den Vorteil, dass sie versickerndes Regenwasser durchlassen – auch die Pflastersteine, wenn die Fugen nicht mit Mörtel vergossen, sondern eingesandet werden.
«Die Steine passen hervorragend zu einem historischen Ort wie der Oetiker Haab.»
Projektleiter und Ingenieur entschieden sich für Naturstein, da beim Kiesbelag der Boden schnell ausgewaschen und uneben gewesen wäre. Statt aber neue Steine zu bestellen, informierte sich die Gemeinde, ob es in den zahlreichen Lagerplätzen des Kantons Steine gab, die sich für das Projekt eigneten. Fündig wurde er in einem Lager zwischen Ürikon und Hombrechtikon: Dort gab es alte Steine, die noch von der Seestrasse stammen. Zu einem historischen Ort wie den geschützten Bereich um die Oetiker Haab passe ein solcher Kulturstein hervorragend, findet Streuli.
Ob die Steine einst wirklich im Stäfner Abschnitt der Seestrasse eingebaut waren, lässt sich heute allerdings nicht mehr herausfinden. «Sicher stammen sie aber aus der näheren Umgebung, weil ausrangierte Steine sehr lokal eingelagert und nicht über weite Strecken transportiert werden», sagt der Tiefbauleiter.
Gebraucht, dafür günstiger
So kam die Gemeinde Stäfa in den Besitz von 13 Tonnen Steinen. Aus der Deponie waren sie etwas günstiger zu haben als frisch aus dem Steinbruch – für 4000 statt für 11 000 Franken. Allerdings waren sie noch immer mit Asphaltresten überzogen. Sozialhilfeempfänger – eine weitere Besonderheit des Projekts – reinigten die Pflastersteine in mühevoller Handarbeit (siehe Kasten).
Die Sanierung des Platzes habe sich somit mehrfach ausgezahlt, findet Streuli. Sickerfähige Beläge im Bereich der Bäume, wiederverwendete Natursteine, Arbeit für Sozialhilfeempfänger und auch finanzielle Einsparungen. «Und nicht zuletzt haben wir einen beliebten öffentlich Platz aufgewertet.»
Fehler gefunden?Jetzt melden.
Dieser Artikel wurde automatisch aus unserem alten Redaktionssystem auf unsere neue Website importiert. Falls Sie auf Darstellungsfehler stossen, bitten wir um Verständnis und einen Hinweis: community-feedback@tamedia.ch