Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Durch die Vereine soll das Dorfleben weitergehen

Die Gemeindepräsidenten von Schönenberg, Willi Schilling, und Hütten, Verena Dressler, haben die Gemeindeverwaltungen definitiv geschlossen.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

Der Weg zur Fusion war steinig. Einsprachen aus Schönenberg gegen den Urnenentscheid verzögerten den Zusammenschluss. Wie war es für Sie, Frau Dressler, abwarten zu müssen?Verena Dressler:Ich sah aus sicherer Distanz zu und war froh, dass ich in Hütten und nicht in Schönenberg Gemeindepräsidentin bin. Diese Streitereien hätte ich nicht ertragen.

Für das finanzschwache Hütten stand viel auf dem Spiel. Wie haben Sie das ausgehalten?Dressler: Hütten hätte eine Steuerhölle werden können, wenn es mit der Fusion nicht geklappt hätte. Ich fand aber immer, der Kanton hätte einspringen und uns unterstützen müssen, falls die Fusion scheitert. Dazu wäre er meiner Meinung nach verpflichtet gewesen, denn die Hüttner Stimmbürger haben an der Urne sehr klar Ja gesagt und das bei einer hohen Stimmbeteiligung. Deshalb liess ich mich durch die Rekurse nicht verrückt machen.

In Schönenberg waren die Zwänge weniger gross. Trotzdem sagten die Stimmbürger Ja zur Fusion, wieso?Willi Schilling: Es hatte viel damit zu tun, dass der Gemeinderat uneins war und der Streit nach aussen drang. Diese Machtkämpfe kosteten die Fusionsgegner viele Stimmen und spielten den Befürwortern in die Hand. Viele Leute sagten mir, sie wollen diesen Knatsch nicht mehr und stimmten deshalb für die Fusion.

Ohne Streit keine Fusion?Schilling: Dass der Gemeinderat und die Verwaltung Probleme hatten in der letzten Legislatur, spielte eine grosse Rolle. Mit dem heutigen Gemeinderat und der jetzigen Verwaltung könnte man gut noch etwas weitermachen. Jetzt ginge es. Das macht mich auch wehmütig. Obwohl, wir wären finanziell und strukturell in die gleiche Situation geraten wie Hütten.

Dressler: Hütten ist einfach zu klein und wir haben eine schwache Struktur. Ich musste schon die Gemeindeverwaltung schliessen, weil niemand arbeitete. Jemand war in den Ferien und eine Angestellte war krank. Ich habe in den letzten vier Jahren drei neue Gemeindeschreiberinnen eingearbeitet. So geht viel Know-how verloren. Der Kanton – aber auch die Bevölkerung verlangen von der Gemeinde, dass sie professionell und zeitgemäss arbeitet. Das wird immer schwieriger bei unserer Grösse.

Der Streit im Gemeinderat und das Seilziehen um den Zusammenschluss hat Schönenberg schweizweit bekannt gemacht. Wie war das für Sie, Herr Schilling?Dressler: Er ist die Ruhe selbst.

Schilling: Das sieht vielleicht so aus. Man darf sich nichts anmerken lassen, sonst hat man verloren. Ich zähle innerlich auf zehn und denke, das wird schon gut kommen.

Wie oft haben Sie gezählt?Schilling: Ich bin weit gekommen. Aber ja, es war alles nicht so einfach.

«Die Machtkämpfe spielten den Fusionsbefürwortern in die Hand.»

Willi Schilling

Gab es auch positive Erlebnisse?Dressler: Ich erhielt viele Komplimente für den Gemeinderat. Ich spürte viel Unterstützung. Aber natürlich gab es die schwierige Seite. Mir war aber immer wichtig, im Gespräch zu bleiben. Ich war nicht die Böse, die fusionieren will. Alle kannten die Probleme unseres Dorfes. Im Gegensatz zu Schönenberg, das nicht so dringend fusionieren musste.

Schilling: Wir sahen, dass die Schwierigkeiten kommen werden und haben antizipiert. Aber es ist schwieriger, die Bevölkerung zu überzeugen, wenn einem das Wasser nicht bis zum Hals steht.

Dressler: Hütten musste jedes Budget, jede Rechnung dem Kanton vorlegen. Der Gemeinderat konnte kaum noch etwas selber entscheiden. Das war eigentlich eine Scheineigenständigkeit, die wir hatten.

Schilling:Ihr hattet den Kanton als Vormund. Das war bei uns anders. Doch so viel mehr selber entscheiden konnten wir auch wieder nicht. Und natürlich war es immer schwierig, Leute für die Behörden zu finden.

Hütten und Schönenberg haben Abschiedsfeiern statt Budget-Gemeindeversammlungen durchgeführt. Wie war es für Sie, von der Gemeindepolitik Abschied zu nehmen?Dressler: Das war eine wunderbare Abschiedsveranstaltung, die Atmosphäre war sehr freundschaftlich, fast schon familiär.

Sie sind bescheiden. Sie erhielten stehende Ovationen.Dressler: Darüber habe ich mich sehr gefreut.

Die Feier in Schönenberg war neutraler. Wieso?Schilling: So sind wir. Ich freute mich, dass so viele Leute gekommen sind. Die Stimmung war freundlich und wohlwollend. Von den Behörden und Mitarbeitern haben wir uns an anderen Anlässen und Feiern verabschiedet und ihre Verdienste gewürdigt.

Am Anlass mit der Bevölkerung nahmen auch Schönenberger teil, die gegen die Fusion waren. Wie begegnen Sie Ihnen?Schilling:Ich blieb sachlich und wollte aus Respekt Ihnen gegenüber nicht euphorisch wirken. Wir haben demokratisch über den Zusammenschluss entschieden und müssen jetzt gemeinsam die neue Situation meistern.

Welche Veränderungen erwarten Sie nach der Fusion im Dorf?Schilling: Nichts spektakuläres.

Dressler: Die Wege werden länger. Es ist halt schön, wenn man im Dorf selber jemanden auf eine Frage ansprechen kann. Man kennt sich hier noch. Deshalb bin ich eigentlich gar nicht so für Fusionen. Mir gefallen kleine, effiziente und überschaubare Strukturen. Die Kontrolle ist vorhanden. Wenn man an der Gemeindeversammlung ein Budget genehmigt, sieht man im Dorf, was mit dem Geld passiert. Nachher sind wir weiter weg, es ist anonymer.

Jetzt sprechen Sie fast wie die Gegner.Schilling: Die direkte und nahe Demokratie in der Schweiz geht mehr und mehr verloren. Deshalb verstehe ich sogar etwas die Rekurrenten. Wobei nein. Sie haben uns sehr viel Geld gekostet. Euch Hüttner ja auch.

Wie viel Kosten sind angefallen?Dressler: Ich kann es nicht beziffern.

Schilling: Ein sechsstelliger Betrag.

Dressler: Und dafür kommen die Steuerzahler auf. Es ist verrückt. Das Bundesgericht auferlegt den Rekurrenten Gerichtskosten von lediglich 2000 Franken.

Viele befürchten, die Identität und das Dorfleben gingen jetzt verloren. Sie auch?Schilling: Das Dorfleben spielt sich in den Vereinen ab. Wir haben gut funktionierende, aktive Vereine. Die übrige Bevölkerung ist aber nicht involviert.

Dressler: In Hütten sind die Vereine auch wichtig und die Feuerwehr, die auch gerne ein Fest organisiert.

In Schönenberg gibt es neu einen Dorfverein, in Hütten ist ein Quartierverein in Entstehung. Könnte die Fusion der Gemeinschaft sogar neuen Schub verleihen?Schilling: Ich hoffe, dass das geplante Café mit Bibliothek ein neuer Treffpunkt wird.

Dressler: Ich zähle auf den Quartierverein und helfe auch gerne hinter den Kulissen mit.

«Wir hatten in Hütten eigentlich eine Scheineigenständigkeit.»

Verena Dressler

Wie unterscheidet sich die Mentalität in den Berggemeinden von jener am See?Schilling: Ich kenne viele Wädenswiler und sehe keinen Mentalitätsunterschied. Die alt Eingesessenen in Schönenberg hangen sehr an ihrem Dorf, sie sind heimatverbundener und mehr der Tradition verpflichtet als jene, die nach Schönenberg zuzogen.

Dressler: Dass sie das Hüttner Bürgerrecht verlieren, weil es dieses gar nicht mehr gibt, schmerzt sie. Es ist bei uns ein grosses Thema, dass sie künftig Wädenswiler sind.

Schilling: Das hat etwas symbolisches. Aber du hast doch diese Geschichte vom Schulbus erzählt.

Dressler: Man erzählt sich, dass die Hüttner Sekschüler auf dem Weg in die Schule gegen die Schönenberger Kollegen sticheln und sie auf keinen Fall zuhinterst im Postauto sitzen lassen. In der Schule halten aber alle vom Berg gegen die Wädenswiler zusammen.

Herr Schilling, Ihre politische Tätigkeit ist nun zu Ende gegangen. Wird es Ihnen langweilig?Schilling: Ich bleibe noch Präsident des Berufsbildungsforums des Bezirks Horgen. Lernende waren mir immer wichtig. Ich hüte meinen Enkel Nino und habe meine sportlichen Aktivitäten. Das ist mir wichtig.

Und Sie, Frau Dressler, engagieren sich jetzt ganz für die Oberstufenschule?Dressler: Ich bin gut gestartet als Präsidentin der OSW und freue mich sehr, dass ich im neuen Jahr mehr Zeit für sie habe. Die OSW hat eine ideale Grösse, um professionell und effizient zu arbeiten. Die Strukturen sind überschaubar. Die OSW ist für mich das pulsierende Leben.