Dramatische Szenen vor Rettung der 450 Flüchtlinge
Die im Mittelmeer geretteten Flüchtlinge konnten in Sizilien an Land gehen. Offenbar ertranken vier zuvor beim Versuch ein Schiff zu erreichen.
Hunderte Bootsflüchtlinge, deren Aufnahme Italien hartnäckig verweigert hatte, sind nach tagelanger Blockade im Mittelmeer in Sizilien an Land gegangen. Erst nach der Zusage von Deutschland und anderen EU-Ländern, jeweils 50 der insgesamt 447 Geretteten zu übernehmen, erklärte sich der italienische Innenminister Matteo Salvini zu diesem Schritt bereit.
Vor der Rettung der rund 450 Migranten im Mittelmeer spielten sich nach Angaben der Internationalen Organisation für Migration (IOM) dramatische Szenen an Bord ab. Etwa 30 Migranten seien von dem Fischerboot ins Wasser gesprungen, als sie in der Ferne ein Schiff gesehen hätten, sagte IOM-Sprecher Flavio Di Giacomo am Montag auf Twitter. Er berief sich dabei auf Augenzeugenberichte.
Bei dem Versuch, das Schiff in der Ferne zu erreichen, seien vier Bootsflüchtlinge ertrunken. Bei den Toten handle es sich um drei Männer und einen Minderjährigen, sagte Di Giacomo auf Anfrage. Der Grossteil der Migranten habe es zurück an Bord geschafft. Auf dem Holzboot hätten die Migranten zu diesem Zeitpunkt weder Essen noch Trinken gehabt.
Di Giacomo zufolge sind viele der insgesamt 447 Migranten, von denen ein Grossteil am Montagmorgen in Pozzallo in Sizilien an Land gehen konnte, gesundheitlich sehr angeschlagen. Sie seien vergangenen Mittwoch mit dem Boot aus Zuwara in Libyen losgefahren, zuvor seien sie in inoffiziellen Lagern in dem Bürgerkriegsland gefangen gehalten worden.
Viele seien unterernährt und litten an Krätze. Mehrere von der langen Reise schwer mitgenommene Personen berichteten, in Libyen gefoltert worden zu sein. Dass sie tagelang auf Rettung hätten warten müssen, habe ihr Leiden noch vergrössert, sagte Di Giacomo.
Migranten mussten an Bord bleiben
Um die Bootsflüchtlinge war am Freitag ein Streit zwischen Malta und Italien entbrannt - keines der Länder wollte das Boot in einen Hafen einfahren lassen. Am Samstag ordnete Italien die Rettung der Migranten an. Sie wurden an Bord eines italienischen und eines Frontex-Schiffs genommen.
Der Grossteil der Migranten durfte aber erst am Montag in Sizilien von Bord gehen, nachdem Deutschland, Frankreich, Malta, Portugal und Spanien der Regierung in Rom zugesagt hatten, je 50 der insgesamt 450 Flüchtlinge zu übernehmen. Irland will weitere 20 Migranten aufnehmen.
Die Regierung in Rom feierte es als Erfolg, dass die Migranten jetzt auf mehrere EU-Mitgliedstaaten verteilt werden sollen. «Ich würde sagen, dass wir Europa mit Taten und nachhaltigen Vorschlägen aufgeweckt haben», sagte Aussenminister Enzo Moavero Milanesi der Zeitung «Libero» vom Montag.
Die EU-Kommission äusserte sich zurückhaltend kritisch, sie bezeichnete das Vorgehen Italiens als nicht zukunftsfähig. «Italien fordert seit langem zu Recht eine regionale Kooperation bei der Ausschiffung (von Migranten)», sagte ein Sprecher am Montag in Brüssel. Ad-hoc-Lösungen wie die jüngste würden aber langfristig nicht funktionieren. Es brauche nun einen erneuten Vorstoss, um echte europäische Lösungen zu erzielen, sagte er.
Mehrfach Schiffe mit Geretteten blockiert
In den vergangenen Wochen hatte die italienische Regierung aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega mehrfach Schiffe mit geretteten Migranten auf dem Meer blockiert. Hilfsorganisationen wurde die Einfahrt in italienische Häfen verwehrt. Innenminister Salvini forderte stattdessen, dass die EU alle im Mittelmeer geretteten Migranten nach Libyen zurückbringen müsse.
Die Last unter den EU-Staaten aufzuteilen, sei ein «signifikanter Schritt vorwärts». Die Lösung bestehe aber darin, die Migranten an der Abfahrt aus Libyen zu hindern, sagte er bei einem Besuch in Moskau. «Das Ziel ist, (die Migranten) zu retten, ihnen zu helfen, sie zu heilen, zu ernähren und alle diese Leute (...) dahin zurückzubringen, von sie losgefahren sind.»
Seit dem Sturz von Langzeitmachthaber Muammar al-Gaddafi herrscht in Libyen Chaos. Unzählige bewaffnete Milizen kämpfen um die Macht. In dem nordafrikanischen Bürgerkriegsland haben sich grosse Netzwerke für den Menschenhandel etabliert.
SDA/anf
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