Verbreitung des CoronavirusDie Viren wurden von vielen Orten in die Schweiz importiert
Die hierzulande zirkulierenden Coronaviren sind nicht auf einen einzigen Import zurückzuführen. Das Virus kam viele Male unabhängig in die Schweiz.

Das Sars-CoV-2-Virus kam auf verschiedenen Wegen in die Schweiz, und nicht nur von einem einzigen Ausbruch beispielsweise in der Lombardei oder in Ischgl. Dies zeigt eine erste vorläufige Analyse der Erbgutdaten von in der Schweiz zirkulierenden neuen Coronaviren. «Es gab nicht den einen Schweizer Ausbruch», sagte die Bio-Mathematikerin Tanja Stadler von der ETH Zürich in einer Online-Vorlesung am Dienstagnachmittag. «Die Viren wurden von verschiedensten Orten in die Schweiz importiert, und es gibt auch keinen Hinweis auf Infektionsherde in einzelnen Kantonen.»
Für die neue, noch nicht veröffentlichte Studie erhielt Stadlers Team über 1000 DNA-Proben von positiven Corona-Tests aus der Schweiz, und zwar von einem grossen Diagnostik-Labor. Für die vorläufige Analyse hat Stadlers Team bislang rund 120 dieser Proben auswerten können. Dabei zeigte sich, dass die Proben bezüglich ihrer Genom-Sequenzen – damit ist die Abfolge der Bausteine im Erbgut gemeint – eine grosse Bandbreite zeigten.

Solche Sars-CoV-2-Erbgut-Analysen werden nicht nur mit Schweizer Proben gemacht. Schon seit Beginn der Pandemie analysieren Forscher weltweit die Sequenzen von mittlerweile vielen Tausenden positiven DNA-Tests. Damit können sie die im Laufe der Übertragungen entstandenen neuen Mutationen im Viruserbgut nachzeichnen und charakterisieren. Aus all den weltweit zusammengetragenen Daten ist so ein mittlerweile eindrücklicher Stammbaum der Evolution des Sars-CoV-2-Virus entstanden. Koordiniert wird der globale Effort im Rahmen des Projekts nextstrain.org. Die von Stadlers Team analysierten Schweizer Proben kommen auf verschiedene Äste dieses Stammbaums zu liegen.
Mithilfe der DNA-Daten von möglichst vielen Schweizer DNA-Proben kann Stadlers Team nicht nur die Wege des Virus in die Schweiz zurückverfolgen. So sollen die Genom-Analysen auch mithelfen, herauszufinden, wie bestimmte Mutationen das Virus verändern, ob es dadurch beispielsweise infektiöser wird. Und schon bald will Stadler auch die Frage beantworten, wann denn das Virus tatsächlich erstmals in der Schweiz auftauchte. Der erste Fall im Tessin wurde offiziell am 25. Februar bestätigt, doch vermutlich zirkulierte das Virus schon Tage oder Wochen vorher in der Schweiz.
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